von Hanna Vock und Barbara Teeke
“Hochbegabung“ ist ein wichtiger Fachbegriff in der pädagogischen Diskussion. Er bezeichnet eine bestimmte psychische Disposition.
Wenn wir im Kindergarten von einer festgestellten oder vermuteten Hochbegabung erfahren, oder wenn wir als Erzieherinnen selbst vermuten, ein Kind könnte hoch begabt sein, müssen wir uns überlegen, ob wir diesen Fachausdruck vor dem Kind, vor den Eltern, in der Kindergarten-Öffentlichkeit aussprechen.
Manche Eltern gehen selbst sehr unbefangen mit dem Begriff Hochbegabung um, berichten dann aber von seltsamen bis feindlichen Reaktionen ihrer Umwelt. Lange war das Phänomen Hochbegabung in Deutschland tabu, und immer noch löst es bei vielen Menschen negative Anmutungen aus: Skepsis, Neid, Ablehnung….
Andere Eltern fürchten eine „frühe Etikettierung“ ihres Kindes, eine Festlegung auf etwas, das für sie noch gar nicht wirklich fest steht und das auch bei ihnen selbst durchaus ambivalente Gefühle und auch Sorgen auslöst.
Viele befürchten auch, dass ihr Kind durch eine solche Etikettierung als hoch begabt isoliert werden könnte, oder dass sie als Eltern für „eingebildet“ oder „übermotiviert“ gehalten werden.
Das alles legt nahe, behutsam mit dem Begriff Hochbegabung umzugehen. Es ist zwar wünschenswert, dass der Umgang mit der Tatsache und dem Begriff Hochbegabung immer selbstverständlicher, normaler und unspektakulärer wird. Da es aber zurzeit noch immer wieder passiert, dass Kinder, die als hoch begabt bezeichnet werden, Ausgrenzung erfahren, sollten die Kinder und Eltern geschützt werden.
Keine Erzieherin sollte unbedacht ein Zwangs-Outing betreiben.
Neben den Kindern erfahren oft auch deren Eltern befremdliche Reaktionen, wenn sie dieses Thema gegenüber anderen Personen ansprechen. Sie treffen auf Unverständnis, werden belächelt, ihre Sorgen und Gedanken, die sie sich machen, werden als unbedeutend abgetan. Umso wichtiger ist es von Seiten der pädagogischen Fachkräfte, mit Respekt auf die Eltern zuzugehen, ihre Befürchtungen und Vorbehalte aufzugreifen und Offenheit zu signalisieren.
Das Gute ist, dass der Begriff sich so schön umschreiben lässt. Voraussetzung dazu ist eine genaue Beobachtung des Kindes in verschiedenen Situationen. Die möglichst konkrete Schilderung außergewöhnlicher Aktivitäten und Äußerungen des Kindes, verbunden mit einer positiven Wertschätzung, ist völlig hinreichend, um in einen guten Austausch mit den Eltern zu kommen. Hinzu kommen sollten gemeinsame Überlegungen, wie der besondere Wissensdurst des Kindes gestillt, seine besonderen Spiel- und Lernbedürfnisse beantwortet und sein besonderes Denkvermögen berücksichtigt werden können.
Damit immer mehr Normalität einkehrt, ist es aber wichtig, den Begriff Hochbegabung in der Fachdiskussion und losgelöst von einzelnen Personen offensiv zu verwenden.
Es gibt im Alltag jede Menge negativer Etikettierungen von hoch begabten Kindern. Die Sprache ist zu prüfen: Welche Worte werden benutzt, um intellektuell hoch begabte Kinder zu beschreiben: „vorlaut“, „altklug“, „überschlau“, „vorwitzig“, „neugierig“, „verkopft“ (= besonders scheußlich).
Begriffsbestimmung Hochbegabung
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Datum der Veröffentlichung: 5.5.07