von Hanna Vock und Barbara Teeke
Es ist sinnvoll, die Hochbegabung eines Kindes möglichst früh zu bemerken, um dann auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes angemessen reagieren zu können. So bestehen gute Chancen, dass das Kind seine hohe Begabung entfalten kann – vor allem aber besteht die Chance, dass sozialen und psychischen Problemen vorgebeugt werden kann, auch den spezifischen Problemen hoch begabter Kinder im Kindergarten.
Eine frühe Feststellung der hohen Begabung und eine frühe Unterstützung durch den Kindergarten sind besonders für hoch begabte Kinder aus armen Familien sowie für Kinder aus so genannten bildungsfernen Familien wichtig. Auch Kinder mit einer anderen Muttersprache haben es unter Umständen schwerer, auf ihre anderen Spiel- und Lernbedürfnisse in Kindergarten und Schule aufmerksam zu machen. Gerade für diese Kinder bedeutet ein aufmerksamer und für Hochbegabung sensibler Kindergarten eine große Chance.
Für eine gute Förderarbeit im Kindergarten kann eine Begabungsdiagnostik (Intelligenztestung) hilfreich sein; über die Notwendigkeit sollte jedoch im Einzelfall vorher Klarheit gewonnen werden. Um auf eine mögliche Hochbegabung bei einem Kindergartenkind erstmalig aufmerksam zu werden, ist es zunächst hinreichend, eine sehr außergewöhnliche geistige Leistung zu bemerken.
Im Kindergartenalltag erbringt ein Kind, das zum Beispiel mit vier oder fünf Jahren seine gemalten Bilder mit immer wieder anderen (richtig oder falsch geschriebenen) erklärenden Wörtern versieht, eine solche auffällige und außergewöhnliche Leistung, die die Erzieherin zum weiteren aufmerksamen Beobachten anregen sollte – auch wenn das Kind sich sonst recht unauffällig verhält. (Verbergen Fähigkeiten und Interessen.)
Um genaueren Aufschluss über die Begabungen des Kindes zu gewinnen, ist weitere systematische Beobachtung nötig. Erkennen durch Beobachten.
Hinweise auf eine mögliche Hochbegabung
Um eine Hochbegabung letztendlich festzustellen, ist eine sorgfältige Intelligenz- und Begabungstestung nötig. Dabei ist zu beachten, dass neben den Testwerten auch die während der Testung gemachten begleitenden Beobachtungen und die Gespräche mit dem Kind ungemein aufschlussreich sind und einen wichtigen Beitrag zu den Testergebnissen liefern. Dies setzt allerdings voraus, dass der Testleiter/die Testleiterin mit dem Thema Hochbegabung und dem Umgang mit hoch begabten Kindern vertraut ist.
Standards für die Durchführung diagnostischer Testverfahren
Um Sicherheit im Aufspüren von Hochbegabung zu erlangen, muss die auf Hochbegabung zielende Beobachtung gelernt werden.
Wenn die Erzieherin in ihrer Ausbildung oder in gründlichen Fortbildungen gelernt hat, die Bedürfnisse auch von hoch begabten Kindern genau wahrzunehmen und einzuschätzen, braucht sie für ihre Praxis der Hochbegabtenförderung im Kindergarten nicht zwingend ein Testergebnis.
Es kann im Kindergarten nicht darum gehen, Kinder vorschnell und pauschal als hoch begabt zu etikettieren oder gar eine Voraussage über ihre späteren Leistungen oder Erfolge zu machen. Es geht vielmehr darum, die im Kind liegenden Spiel- und Entwicklungsbedürfnisse, die teilweise andere sind als die nicht hoch begabter Gleichaltriger, möglichst gut zu erkennen und angemessen zu beantworten.
Wenn die Erzieherin ihre Anregungen und Herausforderungen an die Fähigkeiten des Kindes gut anpasst, die Lernprozesse des Kindes und die Entwicklung seiner Motivation sorgfältig beobachtet und zu jeder Zeit angemessen interveniert, kann sie das Kind auch ohne Testergebnis gut fördern.
In etlichen Fällen kann es für die Eltern, aber auch für die Pädagogen allerdings sinnvoll sein, ein Kind früh testen zu lassen.
Begriffsbestimmung Hochbegabung
Begabungsdiagnostik – was ist das?
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Datum der Veröffentlichung: 5.5.07