von Hanna Vock

 

Theaterfassung in 11 Bildern

Hier handelt es sich um ein vorgegebenes Stück, das sich die Kinder nach und nach erarbeiten. Selbstverständlich gibt es viele andere gute Arten, mit Kindern Theaterarbeit zu machen.

Personen:

Prinzessin
Kinderfrau
König und Königin
Stallknecht Kasimir
Der kluge Vogel
Pferd
Der erste Lehrer
Lehrer Alexander
2 Minister
Prinz Heinrich
Prinz Kuno
Prinz Adelbert

Da das Märchen ziemlich lang ist und viel Sprechtext hat, kann man gut eine Vorleserin oder einen Vorleser (VL) brauchen. Diese Person führt die Kinder durch das Stück.

Sie kann zunächst auch die Regietexte laut vorlesen – und je sicherer die Kinder werden, desto mehr kann sie weg lassen.

Wie viel Text die Kinder (so oder so ähnlich, wie er aufgeschrieben ist) selber sprechen, hängt von der Gedächtniskapazität und dem Schauspieltalent der beteiligten Kinder ab – und von der Ausdauer, mit der sie proben wollen.

Auch wenn es sich um sehr begabte Kinder handelt, ist es gut möglich, dass die Kinder zunächst „nur“ die Orientierung im Ablauf der Geschichte, die Bewegung auf der Bühne sowie die mimischen und gestischen Aufgaben bewältigen lernen.

Der Sprechtext kann für sie eventuell allmählich hinzukommen.

Bei einer Aufführung ist zu bedenken, dass das Stück nicht nur eine lange Konzentration von den Schauspielern erfordert, sondern auch von den Zuschauern. Falls also jüngere Kinder dabei sind, empfiehlt sich eine Aufführung in zwei Teilen.

Erster Teil: Bilder 1 bis 7, zweiter Teil: Bilder 8 bis 11.

1. Bild

Prinzessin, Kinderfrau, Der kluge Vogel

Zimmer der Prinzessin:
Lila Teppich / Kulisse, goldenes Wandtuch.

Der kluge Vogel hockt in der Ecke.
Die Prinzessin steht mitten auf der Bühne.

Vorleserin (VL):

Es war einmal vor langer Zeit eine kleine Prinzessin. Sie war lustig und munter und tat niemandem etwas zu Leide. Zu allen Leuten war sie lieb und freundlich.

Die Prinzessin tritt vor, lächelt die Zuschauer an und winkt ihnen zu.

Der kluge Vogel schwirrt einmal um sie herum und setzt sich dann still hin. Er beobachtet die Szene.

VL:

Sie hatte eine Kinderfrau, die ihr Kinderlieder beibringen wollte.

Die Kinderfrau tritt auf. Der kluge Vogel krächzt böse und flattert mit den Flügeln.

Die Kinderfrau stellt sich vor die Prinzessin, sieht sie an und singt:

„Hänschen klein, ging allein…“

Die Prinzessin steht starr und zieht eine Schnute.

Die Kinderfrau versucht es weiter:

„…aber Mama weinet sehr…“

Die Prinzessin verschränkt die Hände hinter dem Rücken und singt nicht mit.

VL:

Diese Lieder konnte sich die Prinzessin überhaupt nicht merken. Immer musste sie sich wundern, wie albern die Worte und wie kindisch die Melodien waren.

Die Kinderfrau dachte insgeheim:

<Was ist bloß mit der kleinen Prinzessin los? So ein dummes Kind habe ich noch nicht erlebt. Es behält ja gar nichts.>

Nun wollte sie aber eine gute Kinderfrau sein, und deshalb sang sie die Lieder immer wieder und wieder – immer nur die einfachsten –

und sie dachte:

<Na, irgendwann wird wohl auch bei der Prinzessin ein bisschen davon im Gedächtnis hängen bleiben.>

Die Kinderfrau wendet sich zum Publikum und schüttelt den Kopf. Sie geht vor und sagt hinter vorgehaltener Hand zum Publikum:

„Gar so dumm kann sie doch nicht sein!“

Kinderfrau sieht die Prinzessin an und singt leise immer weiter.

VL:

Die Prinzessin aber blieb stumm und dachte gar nicht daran, den Mund für die blöden Lieder auf zu machen.

Und irgendwann dachte sie sich:

<Sie singt immer nur dieselben paar Lieder, und es sind tatsächlich nur die allereinfachsten… Die Stallknechte singen sogar den Pferden was Besseres vor.>

Die Prinzessin geht vor und sagt hinter vorgehaltener Hand zum Publikum:
„Die Kinderfrau ist wirklich nicht sehr schlau!“

Prinzessin geht ab, der Vogel schwirrt hinterher.

Die Kinderfrau hebt die Arme, seufzt und geht ab.

VORHANG

2. Bild

Prinzessin, Kasimir, Pferd

Pferdestall:
graues Laken vor dem goldenen Wandtuch, Kulisse.
Verstecktes Buch. Bücherstapel.

Das Pferd scharrt mit den Hufen und wiehert. Kasimir striegelt es.

Die Prinzessin schlüpft in den Stall,

begrüßt Kasimir und streichelt das Pferd.

VL:

Die kleine Prinzessin ging gerne in den Pferdestall, was sie eigentlich nicht durfte. Immer wenn sie erwischt wurde, gab es ein großes Geschrei:

„Eine Prinzessin darf nicht im Stall spielen! Im Stall werden ihre schönen Kleider schmutzig, und dann sieht sie garstig und hässlich aus.“

Die Prinzessin erschrickt und sieht sich um.

VL:

Und so konnte sie nur heimlich in den Stall schlüpfen.

Das tat sie oft, denn der alte Knecht Kasimir wusste viele interessante Geschichten zu erzählen, und vor allem konnte er sich unendlich viele Rätsel ausdenken. Rätsel liebte die Prinzessin sehr!

So sagte Kasimir eines Tages:

„Prinzessin, hilf mir. Ich muss frischen Hafer für die Pferde holen, aber ich weiß nicht genau wie viel.

Wir haben vier Ponys auf der Weide, jedes bekommt einen Sack Hafer, die sechs großen Pferde brauchen jedes zwei Sack Hafer.

Wie viel muss ich denn nun holen, damit alle satt werden?“

Kasimir und die Prinzessin stehen einander zugewandt und tun so, als ob sie miteinander reden.

VL:

Die kleine Prinzessin überlegte nur kurz.

Dann sagte sie zu Kasimir:

„16 Säcke brauchst du.“

VL:

Der Stallknecht staunte, er konnte selber gut rechnen. Er hatte es lange geübt – aber woher konnte es die kleine Prinzessin, die doch noch gar nicht in der Schule war?

Kasimir fragte:

„Woher weißt du das?“

Und die Prinzessin antwortete:

„Ich weiß es eben.“

Und dann vertraute ihr Kasimir sein größtes Geheimnis an:

Er hatte ein Buch, und er konnte darin lesen.

Er verstand die Buchstaben, und so konnte ihm das Buch seine Geschichte erzählen.

Kasimir holt sein Buch hervor und zeigt es der Prinzessin.

Sie reden miteinander.

Kasimir:

„Prinzessin, es gibt noch viel mehr Bücher. Sie stehen im Schloss, in der Bibliothek.
Ich darf da nicht rein, aber ich hätte zu gern mal ein zweites Buch. Ich möchte sehen, welche Geschichten darin verborgen sind.“

VL:

Und so huschte die kleine Prinzessin von nun an oft in die Bibliothek und holte Bücher für Kasimir.

Wenn er sie fertig gelesen hatte, stellte die kleine Prinzessin sie ganz heimlich wieder zurück.

Denn sie wusste – und Kasimir wusste es auch – dass der König es nie erlaubt hätte, dem Stallknecht die königlichen Bücher in die Hände zu geben.

Die Prinzessin huscht weg und kommt mit einem Bücherstapel wieder.

Kasimir nimmt die Bücher und freut sich. Er versteckt sie.

VL:

Aus Dankbarkeit erklärte Kasimir der Prinzessin die Buchstaben,

und ehe er sich´s versah, konnte sie noch besser und schneller lesen als er selbst.

Kasimir malt ein A in die Luft, die Prinzessin macht es nach.

Dann ein W, dann ein U.

(Achtung: nur klappsymmetrische Buchstaben benutzen, damit Schauspieler und Zuschauer dasselbe sehen!)

VL:

So waren sie dicke Freunde geworden.

Sie lachen sich fröhlich an.

VORHANG

3. Bild

Prinzessin, Königin, König. Kinderfrau, Erster Lehrer

Thronsaal: goldenes Wandtuch, Kulisse.
Thron für Königin und König. 3 Stühle.
Gedeckter Tisch, silberne Teller und silberne Becher.(Alufolie)

König, Königin und Prinzessin essen und trinken.

König und Königin tun so, als ob sie sich miteinander unterhalten. Die Prinzessin bleibt stumm.

Als alle fertig sind, hält sich der König den Bauch. Die Prinzessin geht ab.

König und Königin setzen sich auf ihren Thron.

VL:

Eines Abends saß die Prinzessin wieder einmal ganz stumm beim Essen. Als alle fertig waren, sagte ihre Mutter, die Königin, zum König:

„Unsere Prinzessin redet nicht viel, auch spielt sie nicht wie die anderen Kinder. Es scheint ihr keinen Spaß zu machen, im Schlossgarten hundertmal vom Mäuerchen zu hüpfen, wie die anderen Kinder es tun.

Sie ist ziemlich seltsam. ..

Die Königin sagt zum König:

Was denkst du darüber, du bist schließlich ihr Vater.“

Der König antwortete:

„Ja, ja“, ein bisschen merkwürdig ist sie schon…

…Wie ich hörte, will sie der Kinderfrau die Lieder und Reime nicht nachsprechen, sondern macht nur ein trotziges Gesicht.

Vielleicht sollten wir bald einen Lehrer rufen, der ihr Unterricht gibt, damit sie nicht allzu dumm bleibt.

Denn eine allzu dumme Prinzessin will kein Prinz zur Frau nehmen.“

Und so wurde ein berühmter Lehrer gerufen. Er sollte der Prinzessin alles Wichtige beibringen.

Der König ruft die Kinderfrau und sagt ihr:

„Hole zuerst die Prinzessin und dann den Lehrer!“

Die Kinderfrau verschwindet und kommt mit der Prinzessin wieder.

Die Prinzessin setzt sich auf ihren Platz am Tisch.

Der Lehrer erscheint, verneigt sich.

Er wendet sich der Prinzessin zu und spricht zu ihr.

VL:

Er sagte: „Nun, verehrte Prinzessin, zuerst wollen wir mit dem Rechnen anfangen. Sieh mal, hier steht ein Stuhl. Wenn ich noch einen zweiten dazu stelle, wie viele Stühle stehen dann da?

Denke gründlich in Ruhe nach und sage mir morgen die Antwort.“

Dann durfte sie gehen.

Die Prinzessin geht langsam raus und lauscht nach hinten.

VL:

Sie hörte noch, wie der Lehrer zur Königin sagte:

„Ich habe der Prinzessin eine schwierige Aufgabe gegeben. Es ist wichtig, dass sie zunächst etwas rechnen lernt, ehe wir mit den Buchstaben beginnen.“

„Ah ja“,

antwortete die Königin, denn sie vertraute der Kunst des Lehrers.

Und der Prinzessin war klar, dass der Lehrer nicht ihr Freund werden konnte.

VORHANG

4. Bild

Prinzessin, Kinderfrau, Vogel

Zimmer der Prinzessin: Kulisse. Lila Teppich. 2 Stühle.
Hinter der Kulisse sind ein Buch und ein Taschentuch versteckt.

Die Kinderfrau sitzt mit einer Stickerei auf einem Stuhl.

Der kluge Vogel hockt in der Ecke. Er hat den Kopf unter die Flügel gesteckt.

VL:

Nach dem unangenehmen Erlebnis mit dem Lehrer lief die Prinzessin in ihr Schlafgemach, um zu lesen. In der Bibliothek hatte sie ein Buch gefunden, das sie ungemein interessierte. Sie hatte es unter ihrer Matratze versteckt. Im Schlafgemach gab es aber ein Problem.

Die Prinzessin kommt herein und sieht die Kinderfrau. Die stickt und blickt auf.

VL:

Dort saß die Kinderfrau und stickte an einem Deckchen.

Die kleine Prinzessin entschied sich dafür, ein bisschen zu schwindeln:

Prinzessin:

„Ich will schlafen, lass mich bitte allein.“

VL:

Zum Glück stand die Kinderfrau auf und schickte sich an, das Gemach zu verlassen:

Kinderfrau:

„O je, Prinzessin, hat dich der Unterricht so sehr angestrengt?

Du bist noch so klein und sollst schon so viel lernen.

Schlaf schön, mein Engel.“

Die Kinderfrau streicht der Prinzessin übers Haar und geht ab.

Der Vogel kreischt und flattert hinter der Kinderfrau her.

Die Prinzessin lacht, die Kinderfrau hält sich im Gehen die Ohren zu.

VL:

Als sie endlich allein war, las die Prinzessin in ihrem Buch.

Der Vogel bringt ihr das versteckte Buch.

Sie liest. Der Vogel kuschelt sich an sie.

VL:

Das Buch handelte davon, wie die Ärzte schlimme Krankheiten heilen können, und auch davon, was alles noch nicht erforscht war an den Krankheiten.

Die Prinzessin dachte:

<Warum interessiert das die anderen Kinder nicht?

Jeder kann doch mal schlimm krank werden, und dann will man doch wissen, was gemacht werden kann. Nie kann ich mit den anderen darüber reden…>

Prinzessin:

„Außer Kasimir habe ich keinen richtigen Freund.“

VL:

Da wurde die kleine Prinzessin traurig und musste eine Weile weinen.

Die Prinzessin weint, der Vogel bringt ihr ein Taschentuch.

VL:

Als sie damit fertig war, dachte sie sich:

<Aber einer ist besser als keiner>, und sie beschloss,

Kasimir das interessante Buch von den Krankheiten zu bringen.

Auch er konnte schließlich mal krank werden.

Die Prinzessin hört auf zu weinen.

Sie klappt das Buch zu und geht mit entschlossenem Schritt ab. Das Buch nimmt sie mit.

VORHANG

5.Bild

König und Königin, Prinzessin, 2 Minister, Alexander

Thronsaal. Alexanders Landkarte.
König und Königin sitzen auf ihren Thronen.
Daneben liegen 2 Sitzkissen (für die Minister).

Die Prinzessin hat sich unter dem Tisch versteckt und hört die ganze Zeit aufmerksam zu.

VL:

Jeden Montag, genau um 12 Uhr, ließ der König Minister und Gelehrte zu sich kommen.

Und jetzt war Montag. Die Prinzessin verhielt sich ganz ruhig und still, damit sie hören konnte, was die Erwachsenen redeten.

Die Uhr schlägt 12.

2 Minister kommen herein und setzen sich dem Königspaar zu Füßen.

Dann kommt Alexander herein, seine Landkarte unter dem Arm. Er verbeugt sich vor dem Königspaar, bleibt stehen und erzählt und gestikuliert.

Er entrollt seine Landkarte und zeigt sie allen.

VL:

Heute war ein Mann da, der Alexander hieß. Er hatte die ganze Welt bereist und erzählte spannende Geschichten von fernen Ländern.

Die Prinzessin hätte gerne noch länger zugehört, aber der König bekam Hunger und wollte Mittag essen, und so schickte er den Mann weg.

Der König fasst sich an den Bauch und wedelt Alexander weg. Der verbeugt sich noch mal und geht.

Alle drei setzen sich an den gedeckten Tisch.

Sie essen.

VL:

Beim Essen wagte die kleine Prinzessin zu fragen:

Prinzessin:

„Kommt der weit gereiste Mann wieder?“

VL:

Die Königin hob erstaunt die Augenbrauen und forderte die Prinzessin auf, lieber ihr Püree zu essen – aber die Prinzessin trotzte. Sie dachte: <Jetzt oder nie!> Mutig fragte sie weiter:

„Kann der Mann mein Lehrer sein, er weiß so viel!“

Nun wunderte sich auch der König, denn er hatte gar nicht bemerkt, dass die Prinzessin im Thronsaal zugehört hatte.

Der König ruft unwillig:

„Du hast den besten Lehrer, also komm nicht auf so dumme Gedanken!“

VL:

Die Prinzessin aß weiter und dachte darüber nach, ob ihre Gedanken wirklich dumm waren.

Und je länger sie so nachdachte, desto wütender wurde sie.

Schließlich riss ihr der Geduldsfaden.

Sie schrie so laut, dass sich alle die Ohren zuhalten mussten. Sie brüllte und trampelte mit den Füßen.

Prinzessin tut all dies.

VL:

Und als sie wieder Zeit zum Luft holen hatte, sagte sie ganz laut und deutlich: „Mutter und Vater, wozu bin ich eine Prinzessin, wenn ich mir nie was wünschen darf?

Ich wünsche mir diesen Mann als Lehrer und damit basta! Und wenn ich ihn nicht kriege, dann…dann…dann esse ich nie mehr Püree!“

Die Eltern waren erschrocken. Aber sie hatten die Prinzessin lieb.

So sagte der König:

„Also gut, er soll geholt werden.“

VORHANG

6. Bild

Prinzessin, Alexander, Königin und König, Minister

Die Prinzessin sitzt im Thronsaal (seitlich zum Publikum). Alexander tritt auf und sagt ihr Guten Tag.

VL:

Nun bekam es die kleine Prinzessin mit der Angst.

Was würde der Mann dazu sagen, dass er ihr Lehrer sein sollte?

Alexander:

„Ich heiße Alexander. Ich soll dein Lehrer sein.“

VL:

Von der Kinderfrau hatte die Prinzessin erfahren, dass er diesmal nicht freiwillig gekommen war. Die Palastwache hatte ihn mit Gewalt von seinem Hause zum Schloss gezwungen.

Und da stand er nun und war insgeheim stinksauer auf die Prinzessin.

Die Prinzessin sagte:

„Ich bitte um Entschuldigung. Ich bin sehr an deinen Geschichten über die fernen Länder interessiert und möchte von dir lernen. Wenn es dir jetzt nicht gut passt, können wir uns ja ein anderes Mal treffen.“

So artig hatte man die kleine Prinzessin lange nicht reden gehört.

Der Mann mit Namen Alexander war beeindruckt. Und da er Geld für neue Reisen verdienen wollte, willigte er ein, Prinzessin-Lehrer zu werden.

Alexander gibt der Prinzessin die Hand und schlägt durch.

Alexander:

„Okay, abgemacht. Fangen wir an. Ich gebe dir aber schwierige Rätsel auf.“

Prinzessin:

„Das macht nichts, ich werde sie schon lösen.“

Prinzessin und Alexander unterhalten sich (leise) angeregt.

VL:

Nun begann eine schöne Zeit für die Prinzessin.

Alexander behandelte sie nicht wie ein kleines Kind, sondern sprach ganz normal mit ihr.

Sie lernte, ohne es zu merken, denn es machte ihr großen Spaß.

Und tatsächlich löste die Prinzessin die schwierigsten Rätsel, die Alexander ihr aufgab. Und alle, die das hörten, staunten.

Die Minister, König und Königin kommen, nehmen Platz und hören zu.

Alexander gibt ihr ein Rätsel auf:

Alexander:

„Prinzessin, was ist braun oder weiß oder schwarz,

hat vier Beine und kann an beiden Enden gleich gut sehen?“

Tuschel, tuschel bei allen Zuschauern. (= wie schwer / keine Ahnung / so was gibt’s doch gar nicht…

VL:

Die Prinzessin musste eine Weile nachdenken, dann sagt sie:

„Ist doch einfach. Das ist ein Pferd, das die Augen zugemacht hat.“

Alexander:

„Prinzessin, du bist nicht dumm, sondern klug.“

Alle Anderen staunen und gehen weg.

VORHANG

7. Bild

Königin und König, Prinzessin, Alexander, Der kluge Vogel

Thronsaal.
König und Königin sitzen am Tisch und unterhalten sich.

VL:

Die Mutter der Prinzessin, die Königin, machte das Alles gar nicht froh.

Eines Abends sagte sie sorgenvoll zum König:

„Unsere Tochter ist allzu klug. Was soll aus der Prinzessin werden? Welcher Prinz wird sie heiraten wollen?

Die meisten Prinzen wollen keine strohdumme Prinzessin zur Frau, aber allzu klug soll sie nun auch wieder nicht sein.“

Der König antwortete:

„Du hast Recht, Frau. Was soll ein Prinz mit einer Prinzessin, die mehr weiß und besser denken kann als er? Er muss ja Angst haben, dass sie nicht auf ihn hört und dass ihn die anderen Männer auslachen.

König:

Wir werden den Lehrer wegschicken, denn der ist an allem Schuld.“

VL:

Und so geschah es. Alexander musste gehen.

Der König ruft:

„Alexander, Prinzessin. Mal herkommen!“

Alexander und die Prinzessin treten auf.

König:

„Alexander, du musst gehen. Die Prinzessin wird zu klug.“

Prinzessin (laut):

„Nein, nein, er soll hier bleiben!“

VL:

Die Prinzessin weinte und klagte und zeterte, aber es half Alles nichts.

Prinzessin tut dies ausgiebig.

König (laut):

„Nein“

und er weist Alexander die Tür.

Alexander und die Prinzessin sehen sich an, fassen sich an den Händen.

Dann geht Alexander weg.

Die Prinzessin setzt sich hin und weint.

Die Eltern treten ab.

Der kluge Vogel kommt angeflattert und versucht die Prinzessin zu trösten.

VORHANG

AUS dem OFF:

VL:

Alexander ging auf eine weite Reise.

Er war sehr traurig, weil er die Prinzessin verlassen musste.

Und weil es noch keine Post und kein Telefon und keine E-Mails gab, hörten die beiden nie mehr etwas voneinander.

Alexander dachte oft an die Prinzessin und hoffte, dass sie glücklich sein möge.

Und die Prinzessin dachte oft an Alexander und hoffte, dass er glücklich sein möge.

8. Bild

Königspaar, Prinzessin, Prinz Heinrich.

Thronsaal, gedeckte Tafel für 4 Personen.

Das Königspaar und die Prinzessin treten auf und setzen sich zum Essen.

VL:

Als einige Zeit vergangen war, kam Prinz Heinrich angeritten.

Er wollte König in dem großen Königreich werden, und dazu musste er die Prinzessin heiraten.

Prinz Heinrich erscheint, kniet nieder und wird aufgefordert, mit zu essen.

Er setzt sich an den Tisch und beginnt zu essen. Sie reden leise miteinander.

VL:

Der Prinzessin grauste es, als sie beim Essen merkte, wie dumm er daherredete, und zur Probe stellte sie ihm eine Frage:

Prinzessin:

„Prinz Heinrich, wenn ich dich heirate und dir zwei Töchter und zwei Söhne gebäre, wie viele Kinder haben wir dann?“

VL:

Der Prinz lächelte mitleidig und antwortete:

Prinz Heinrich:

„Fünf. Aber das reicht mir nicht, ich will zehn Kinder haben!“

Die Prinzessin lacht und schlägt die Hände vors Gesicht. Sie sagt zur Königin gewandt:

„Mutter, dieser Mann ist wirklich zu dumm, er könnte nicht mal seine Kinder zählen.“

VL:

Die Königin seufzte, und Prinz Heinrich zog von dannen.

Die Königin seufzt und schickt Prinz Heinrich weg.

Prinz Heinrich geht ab.

VORHANG.

9. Bild

Prinzessin, Kasimir, Pferd. Prinz Kuno.

Pferdestall. 2 Bücher. Schwert.

Kasimir und die Prinzessin sitzen einträchtig zusammen und lesen.

Das Pferd scharrt mit den Hufen und guckt auch ins Buch. Es schüttelt den Kopf und wiehert.

VL:

Bald darauf kreuzte Prinz Kuno auf.

Er fand sich nicht nur schön und stark, sondern auch sehr klug.

Prinz Kuno kommt mit seinem Schwert fuchtelnd dazu.

Zur Prinzessin gewandt sagte er:

„Ich weiß, dass du einen klugen Prinzen heiraten willst. Ich bin dieser kluge Prinz.“

VL:

Die Prinzessin dachte:

<Er ist nicht ganz so dumm wie Heinrich, deshalb muss ich ihm eine schwierigere Frage stellen, um ihn zu prüfen.>

Und sie sprach:

„Sag mir, Prinz Kuno, was wünschst du dir: eine Frau, die dümmer ist als du selbst oder eine Frau, die klüger ist als du selbst, oder eine Frau, die genauso klug ist wie du selbst?

Sage mir morgen deine Antwort.“

Prinz Kuno aber überlegte nicht lange, er antwortete:

„Es gibt gar keine Frau, die so klug ist wie ich oder gar noch klüger. Also kann ich mir nur eine Frau wünschen, die dümmer ist als ich. Das macht auch gar nichts, denn ich denke für sie mit und sage ihr, was gut und richtig ist.“

Prinzessin:

„Durchgefallen. Du kannst gehen!“

Die Prinzessin wendet sich ab und guckt Kasimir an. Beide lachen.

VL:

Sie mussten sehr lachen über den eingebildeten Prinzen.

Das Pferd hopst und wiehert.

Kuno zieht wütend fuchtelnd von dannen.

VORHANG.

10. Bild

Prinzessin, Königspaar, Prinz Adelbert, Vogel.

Thronsaal. Rosenstrauß.
Das Königspaar sitzt auf dem Thron.

VL:

Nicht lange, da kam der nächste Prinz, der es auf die Prinzessin und das Königreich abgesehen hatte.

Er hieß Adelbert, er war gelehrt und wollte schnell heiraten, denn er hatte sich gleich auf den ersten Blick in die schöne und kluge Prinzessin verliebt.

Die Prinzessin wird gerufen. Sie erscheint.

VL:

Der König sprach sehr ernst zur Prinzessin:

„Gleich kommt Prinz Adelbert. Er ist gelehrt und sehr in dich verliebt. Du wirst ihn heiraten.“

Prinz Adelbert erscheint,

überreicht der Prinzessin einen Rosenstrauß und will sie küssen.

Die Prinzessin wehrt ihn ab und spricht:

VL:

„Immer mit der Ruhe, erst musst du mir eine Frage beantworten:

„Stell dir vor, du hast eine Frau, die oft bessere Ideen hat als du. Könntest du das ertragen?“

Adelbert wollte alles richtig machen, denn er wollte doch so gerne, dass die Prinzessin ihn heiratete.

Also dachte er angestrengt nach und dachte nach und dachte nach…

Die Prinzessin wippte ungeduldig mit dem Fuß und ging auf und ab.

Der kluge Vogel kommt und flattert um Adelbert herum:

Der kluge Vogel:

„Na, was ist? Na, was ist, weißt du´s nicht?“

VL:

Adalbert dachte: <Ich bin der Mann und will natürlich der Klügere sein.>

Aber er wollte auch die Prinzessin nicht kränken.

Schließlich hatte er seine Antwort gefunden und ging zur Prinzessin hin.

Der Prinz geht zur Prinzessin und sagt ihr seine Antwort:

„Prinzessin, es macht mir nichts aus, wenn meine Frau gute Ideen hat. Sie braucht sie ja nicht zu sagen. Wenn sie ihre guten Ideen nicht ausspricht, können sie ja kein Unheil anrichten.“

Traurig schüttelte die Prinzessin den Kopf.

Prinzessin:

„Das reicht mir nicht, Prinz Adelbert.“

VL:

Auch diesen Prinzen wollte sie nicht heiraten, aber der König hatte keine Geduld mehr mir seiner Tochter. Er verkündet:

König:

„Schluss jetzt. Morgen wird Hochzeit gefeiert!“

Der kluge Vogel kreischt auf und flattert weg.

Die Prinzessin steht starr da, mit weit aufgerissenen Augen.

VORHANG

11. Bild

Prinzessin, Vogel, Kasimir, Pferd

Zimmer der Prinzessin.
Schatzkiste oder Sparschwein mit Goldtalern und Schmuck. Brief+ Stift.
Tasche. Lieblingssachen. 2 Bücher.

Die Prinzessin sitzt da und ist traurig. Der kluge Vogel hockt bei ihr und streichelt sie und piepst leise.

VL:

Was sollte die Prinzessin nun tun? Traurig saß sie in ihrem Zimmer.

Ein paar Sekunden vergehen lassen.

VL:

Plötzlich stand die Prinzessin auf sagte zu sich selbst:

„Nein, ich will meine guten Ideen nicht verschweigen. Ich will sie laut sagen. Und niemand soll mich komisch finden, weil ich gerne lese und gerne denke.

Ich will auf die Suche gehen und Freunde finden, die so sind wie ich.“

Und da die Prinzessin nun gar nicht mehr klein war, nahm sie alles Gold aus ihrer Schatztruhe und packte ihre Lieblingssachen in eine große Tasche.

Prinzessin holt ihre Schatzkiste und packt die Goldtaler und den Schmuck in eine Umhängetasche.

Der Vogel bringt ihr noch zwei Bücher, die sie einpackt.

Dann steckt sie noch ein paar Lieblingssachen ein.

Sie setzt sich hin und schreibt einen Brief.

VL:

Für ihre Eltern schrieb sie einen Brief, darin stand:

„Liebe Mutter, lieber Vater, ich ziehe in die Welt und suche mein Glück. Drückt mir bitte die Daumen, dass ich es finde.“

Sie legt den Brief auf den Stuhl.

VL:

Dann ließ die Prinzessin ihren alten Freund Kasimir holen.

Prinzessin sagt zum Vogel:

„Hole Kasimir.“

Der Vogel flattert davon und kommt mit Kasimir zurück.

Prinzessin zu Kasimir:

„Bring mir bitte das schnellste Pferd. Ich will in die Welt ziehen und mein Glück suchen.“

Kasimir bringt das Pferd, die Prinzessin nimmt die Zügel. Sie hängt sich ihre Tasche um.

Sie umarmt Kasimir und geht mit dem Pferd weg.

Der kluge Vogel fliegt mit.

Die Prinzessin winkt und lacht.

VL:

Und dann zog die Prinzessin, ein bisschen bange und doch ganz voll Freude, in die weite Welt –

und wenn sie nicht gestorben ist, dann lebt sie noch heute.

Als Anregung liste ich hier die Kostüme und Requisiten auf, die ich bei meinen Theaterprojekten mit hoch begabten Vor- und Grundschulkindern für dieses Märchen verwendet habe. Aber die Kreativität von uns Erzieherinnen ist ja nicht zu stoppen…

Kostüme:

Prinzessin:

1) weißes T-Shirt, blauer Unterrock, gelber Überrock, Gürtel aus Perlen, Krone aus weißer Tortenspitze mit gelben Seidenrosen

2) weißes T-Shirt, blauer Unterrock, weißer Überrock aus Gardinenspitze, Gürtel aus Perlen, Krone aus blauer Kette und rosa Rosen

3) Reitdress: Leggins, Krone aus schmaler Spitze, buntes Umschlagtuch

Kinderfrau:

langer Rock, buntes Tuch

König:

goldene Pappkrone, Umhang aus blauer Gardinenseide, Überwurf aus Goldnetz (Gardinenstoff) mit blaugoldener Borte beklebt

Königin:

goldene Pappkrone, elegantes Kleid, weiße Spitzenstola, weiße Perlenkette

Der kluge Vogel:

altes langärmeliges T-Shirt, mit bunten Bastelfedern beklebt

Stallknecht Kasimir:

derbe Hose, Holzfällerweste, Nikituch

1-2 Pferde:

Pappköpfe, brauner / schwarzer Umhang

Erster Lehrer:

schwarze Weste

Lehrer Alexander:

grüne Weste

2 Minister:

schwarze Leggins, schwarze T-Shirts, schwarze Kappen

Prinz Heinrich:

goldene Papp-Krone, roter Umhang mit Goldborte, türkisfarbener (Stoff-) Gürtel, Schwert

Prinz Kuno:

goldene Papp-Krone, blauer Umhang mit Goldborte, schwarzer Gürtel, Schwert

Prinz Adelbert:

goldene Papp-Krone, grauer Umhang mit rotgoldener Borte, schwarzer Gürtel, Schwert, Rosenstrauß

Requisiten:

Thron für König und Königin, Tisch + 3 Stühle, Tafeltuch,

3 silberne Teller, 3 silberne Becher, silberner Krug (Alufolie),

Kasimirs Buch und Bücherstapel, Stickerei der Kinderfrau, Taschentuch

Stoff-Kulisse Zimmer der Prinzessin mit Fenster, Himmelbett und Vogelbauer

Stoff-Kulisse Pferdestall

Topf und Hammer für 12 Uhr-Schläge aus dem Off

2 Sitzkissen für die Minister, aufgerollte Landkarte

Sparschwein mit Schokoladen-Goldtalern


Siehe auch:

Märchen von der Prinzessin, die fast allen zu schlau war (Text ohne Regiehinweise)

Theaterspiel im Kindergarten

Theaterspiel mit hoch begabten Kindern

Verbergen von Fähigkeiten und Interessen

 

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