Adrian entdeckt das Zeitunglesen – Fragen von Leben und Tod

von Jordis Overödder

 

Adrian (5;9) macht zur Zeit einen ausgeglichenen Eindruck. Er ist fröhlich und den ganzen Tag mit seinen Freunden beschäftigt. Ungeduld und Frust zeigt er nur noch selten, er ist auch nicht mehr aggressiv den anderen Kindern gegenüber.

Mit seinen Spielpartnern hat er nach wie vor ausgefallene Spielideen. Sie lachen dabei viel und treiben die Späße auch gerne mal auf die Spitze, so dass man ihnen Grenzen setzen muss.
Die neuen Computerspiele, die meine Kollegin vor einigen Wochen mitgebracht hat, hat Adrian begeistert angenommen und sofort ausprobiert. Er zeigte auch hier wieder viel Geschick, brauchte bei den ihm fremden Spielen keine Einweisung, sondern hat die Spielmöglichkeiten selbst erarbeitet. Dabei übertrug er die Erfahrungen aus vorherigen Spielen auf die neuen oder setzte die verbalen Anweisungen der Computerstimme sicher um.

Mehr zu Adrian lesen Sie hier:
Adrian, 5;0 Jahre
Adrian und das Gekreuch und Gefleuch

Die Eltern

Seine Mutter ist jetzt wieder berufstätig als Krankenschwester. Adrian schläft wohl nach wie vor wenig, aber seine Eltern können es nun besser annehmen. Sie haben noch Kontakt zur Beratungsstelle. Dort wurde der Mutter noch mal viel Sorge um Adrian genommen. Das wirkt sich positiv auf Adrian aus, der die Angst der Mutter mitzutragen scheint.

 

… kurz gefasst …

Einige Gespräche mit dem fünfjährigen Adrian sind nötig, um herauszufinden, welche Fragen ihn umtreiben. Die Autorin versteht es, aus dem Kita-Alltag heraus „schwere“ Fragen, in denen es auch um Leben und Tod geht, mit Adrian und weiteren Kindern zu besprechen. Parallel führt sie die Kinder an das Medium Zeitung heran.

Einmal entdeckten die Kinder in der Werkstatt große Vogelfedern. Sie hatten gleich die Idee, damit zu schreiben und probierten es mit Wasserfarbe aus. Da es am Freitagnachmittag schon kurz vor der Abholzeit war, konnten sie allerdings nicht lange experimentieren. Sie nahmen die Federn mit nach Hause.

Am Montag kam Adrian dann ganz stolz an und erzählte, er habe mit seiner Mutter Geheimschrift geschrieben („mit Zitronensaft oder Milch, und das muss man dann warm machen“). Das ist ein gutes Beispiel, dass die Eltern seine Interessen und Themen nun verstärkt auch zu Hause aufgreifen.

Vor Weihnachten ist Adrians Oma gestorben. Sie hat ein halbes Jahr gegen Krebs gekämpft. Die Eltern haben Adrian in dieser Zeit zu Besuchen bei der Oma nicht mehr mitgenommen. Über den Tod der Oma haben sie zu Hause viel gesprochen, auch über die Trauer des Vaters und des Opas. Das hat Adrian sehr beschäftigt.

Die Schule

Die Lehrerinnen seiner zukünftigen Schule waren, wie jedes Jahr, in unserer Kita, um sich mit uns über die Kinder auszutauschen, die in diesem Sommer in die Schule kommen. Sie erklärten, dass sie beim Einschulungsgespräch die Eltern und die Kinder trennen, dass die Kinder in einer Kleingruppe bei einer Lehrerin sind und kleine Spiele und Aufgaben machen. Die Eltern werden separat zum Gespräch gebeten.

Adrian hatte dann große Schwierigkeiten, sich von der Mutter zu trennen, so dass sie erst einmal mit in den Raum gehen musste, sich dann aber zurückziehen konnte. Die Lehrerin merkte an, dass sie den Eindruck hatte, die Mutter könne sich auch schlecht von Adrian trennen.

Adrian war dann zunächst abweisend, schmollte, drehte sich weg, wenn er angesprochen wurde. Als er dann sah, was die anderen machten, war das Eis gebrochen und er hat alle Aufgaben auch gut und selbstständig gelöst.

Die Lehrerin und ich sprachen über Adrians Entwicklung im Kindergarten, über seine besonderen Fähigkeiten und seine Sensibilität. Um ihm die Angst vor den unbekannten Anforderungen zu nehmen, die in der Schule an ihn gestellt werden, machten die Lehrerinnen gleich den Vorschlag, ihn möglichst bald mal zu einer Schnupperstunde einzuladen.
Seine alten Spielkameraden sind dort auch in der Klasse, so hat er gleich bekannte Gesichter um sich und bekommt einen Einblick.

In den nächsten Tagen ist Adrian also in die Schule eingeladen. „Dann fahr ich mit dem Joseph im Bus“, verkündet er stolz. Seine Mutter tut sich damit schwer, der Vater unterstützt Adrians Bestreben nach Selbstständigkeit. Auch ich mache ihr Mut, ihn dieses Abenteuer alleine angehen zu lassen.

Wildschweine

Das neue Jahr hat angefangen, endlich bekommt unsere Gruppe Verstärkung durch eine Kollegin. Ich bin sehr froh, jetzt wieder Zeit für besondere Angebote zu haben. Da ich noch keine Idee für eine konkrete Zielsetzung habe, fange ich einfach mal an. Mir ist es wichtig, zunächst mit Adrian ins Gespräch zu kommen.

Dabei hoffe ich auf einen Bereich zu stoßen,
in dem ich seine kognitiven Fähigkeiten anregen kann.

Montag, 12. 1.
Beim Frühstück erzählt mir Adrian eine halbe Stunde lang von den Wildschweinen. Er war mit seinem Opa, der Jäger ist, im Wald. Dort haben sie Opas Hochsitz erklommen, und der Opa hat ihm einiges über die Wildschweine erzählt. Ich nehme Adrians Interesse an diesem Thema als Einstieg, um mit ihm ins Gespräch zu kommen und mehr über seine Interessen herauszufinden. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen. Ich verspreche ihm, etwas über Wildschweine mitzubringen.

Dienstag, 13. 1.
In einem Nebenraum setzen wir uns zusammen. Ich habe Bilder von Wildschweinen aus dem Internet auf meinem Laptop gespeichert. Das findet Adrian toll. Ich halte auf einer Mindmap fest, was er schon alles über Wildschweine weiß.

(Siehe auch: Pläne, Zeichnungen, Skizzen, Mind-Maps.)

Dann schlage ich ihm vor, dass wir ein Rätsel-Quiz machen. Dazu lese ich ihm zunächst einen Text zu den Bildern vor – mit Informationen, die über sein bisheriges Wissen noch hinausgehen. Der Text ist schon recht anspruchsvoll. Er hört gut zu.

Bei seinen Antworten auf meine anschließenden Fragen merke ich jedoch, dass der Text vermutlich zu lang war und er sich so viel Neues nicht merken konnte. Adrian ist manchmal unsicher oder sagt vorschnell eine falsche Antwort. Er korrigiert sich jedoch, wenn ich Rückfragen stelle oder erläutert mir seine Idee dazu.

Beispiele:
Ich frage: „Wer sind die Feinde des Wildschweins?“
Er antwortet: „Hirsche, Rehe und Schafe!“
„Bären, Wölfe und Luchse“ schließt er aus, „weil es die in unseren Wäldern schließlich nicht gibt“. Das entbehrt nicht einer gewissen Logik.

Ich frage: „Wie reinigen die Wildschweine ihr Fell von Ungeziefer?“
Er antwortet: „Sie duschen – im Regen – oder schwimmen im Wasser.“
Er meint: „Im Schlammbad werden sie schließlich nicht sauber“.

Es entsteht eine Diskussion, ob man denn einfach alle Wildschweine erschießen darf. Mit „Was-wäre-wenn-Fragen“ nähern wir uns verschiedenen Szenarien:
– wenn es zu viele / zu wenige Wildschweine gibt;
– wenn es wieder Wölfe gäbe;
– was kann der Bauer tun, um seinen Mais zu schützen, wenn Wildschweine in der Nähe sind.

Adrian nimmt einige neue Fachbegriffe mit. Er hat festgestellt, dass Wölfe für den Menschen auch nützlich sind. „Aber Menschen haben auch Angst vor den Wölfen“, bemerkt er zum Schluss.
Das Treffen hat ihm Spaß gemacht. Ich frage ihn, ob er noch mehr über Wildschweine wissen will. Nein, es ist ihm genug.

Er erklärt mir, dass er mal zu Radio Berg (unserem Lokalsender) fahren möchte, um zu sehen, „wie die da rein sprechen, wie die das machen“. Er hört zu Hause am Nachmittag oft Radio. Diesen Wunsch hat er schon im Ranzenbandentreffen (Vorschulkindergruppe) geäußert, und die Vorbereitungen und Terminabsprache zu diesem Ausflug laufen schon.

„Und warum kommen da immer so schlimme Nachrichten?“

will er von mir wissen.
Seine Mutter berichtete im Elterngespräch, dass die Nachrichten ihn immer sehr beschäftigen. Er kann das Gesagte dann oft nicht einordnen und macht sich so seine Gedanken dazu.

Die Nachrichten interessieren ihn also. Spontan kommt mir die Idee, dass ich ihm eine Zeitung mitbringen kann, die wir uns dann gemeinsam ansehen. Das ist nach meiner Einschätzung ein leichter zu erfassendes Medium als die Radionachrichten, behandelt aber die gleichen Themen, die er dort auch hört. Er findet die Idee gut, auch wenn er noch etwas skeptisch ist, was es mit einer Zeitung denn so auf sich hat.

Zielsetzung

Ich möchte sein Interesse an den Nachrichten aufgreifen.
Er hat Fragen zu den kurzen Sequenzen, die er im Radio hört, oder zu Bildern, die er im Fernsehen sieht, wenn er abends noch mal ins Wohnzimmer kommt. Die Fragen sind aber zu flüchtig und werden nicht ausreichend bearbeitet. Seine Eltern versuchen, das „Schlimme“ von ihm fernzuhalten.

Im nächsten Schritt probiere ich aus, ob das Medium Zeitung für eine Auseinandersetzung geeignet ist und wie er darauf reagiert. Ich lese die Zeitung vorher.

Zeitung lesen

Mittwoch, 14. 1.
Zu diesem Treffen nehme ich Justin dazu. Ich möchte Adrian nicht so eine Sonderrolle zuteilen. Justin ist begeistert. Beide sind ganz gespannt und beginnen akribisch jedes Bild in der Zeitung zu betrachten. Sie versuchen eigene Interpretationen des Gesehenen.

Wenn ein Foto sie besonders interessiert, lese ich ihnen die Bildunterschriften vor und gebe eine kurze Zusammenfassung des Artikels wieder. Dazu stellen sie Fragen.

Diese Themen fanden besonderen Anklang:
„Vermehrt falsche Banknoten“ – „Bisons im Yellowstone Nationalpark“ – „Angriff auf togoische Nationalmannschaft“.

Zu den gefälschten Banknoten fragen sie:
„Warum druckt denn jemand selber Geld?“ – „Dann hat man ja mehr davon und kann sich ganz viel kaufen!“ – „Aber im Geschäft, da haben die doch so eine Kamera, da können die dann sehen, wer das war!“

Über das Geld machen sie sich viele Gedanken: „Wer macht denn das Geld? Was wäre, wenn jeder sich Geld machen könnte?“ Wir kommen auf das Thema Inflation. Ich gebe ihnen Denkanstöße, sie verfolgen die Gedanken weiter. „Wie erkennt man falsches Geld?“ Wir betrachten Geldscheine aus meinem Portemonnaie.

Die Bisons interessieren sie sehr. Im Text steht etwas von „fast ausgestorben“. Ich erzähle ihnen in knappen Worten, dass die weißen Siedler, die ins Land der Indianer kamen, die Bisons jagten, um mit den Fellen Geld zu verdienen. Nur einige wenige Bisons hätten sich verstecken können. Diese haben sich später wieder vermehrt und leben dort jetzt geschützt in diesem großen Stück Land.
Davon wollen sie mehr erfahren. Ich habe zufällig eine Dokumentation über den Nationalpark aufgenommen, die ich ihnen zeigen könnte.

Das Foto von dem Sarg, der aus dem Flugzeug ausgeladen wurde, beschäftigt sie am meisten. Der Bericht behandelt noch mal den einige Tage zurückliegenden Überfall in Angola auf den Bus der togoischen Fußball-Nationalmannschaft.
Was denn da passiert sei und wieso denn jemand auf einen Bus schießt, einfach so, und wer denn da gestorben sei und wer verletzt sei und wie das abgelaufen ist und ob denn die Polizei gekommen sei und wer die Verletzten versorgt hätte und wer denn die Leiche in den Sarg getan hat…

Ein ganzer Haufen Fragen stürmt auf mich ein. Einige kann ich beantworten, zu anderen muss ich noch weitere Informationen einholen, denn ich habe diese Nachrichten in den Tagen zuvor nicht besonders verfolgt. Wir schreiben Fragen auf und wir überlegen, wo man Antworten finden kann über etwas, das schon einige Tage her ist: in den alten Zeitungen! Die würden wir uns morgen vornehmen.

Die interessanten Artikel hängen wir über den Thementisch in der Gruppe.

Zielsetzung konkretisieren

Nach meiner jetzigen Einschätzung gehören Fragen zu Tod und Töten, Soldaten und Jägern zu den zentralen Themen, die Adrian im Augenblick beschäftigen. Es tauchen Fragen auf nach Ethik und Moral, was „erlaubt“ ist und was Unrecht.

Ich schaffe einen Raum und Zeitrahmen für eine Auseinandersetzung mit diesen Themen.
Eine konkrete Zielformulierung gelingt mir nicht so leicht. Ich könnte zu Ergebnissen kommen wie:
– Adrian versteht die groben Zusammenhänge von einem oder mehreren Ereignissen in den Nachrichten.
– Adrian versteht die Wechselbeziehungen von Lebewesen im Ökosystem.
– Adrian kennt die möglichen Ursachen für einen politischen Konflikt im Ausland.

Dem Kind das ABC beizubringen ist überschaubarer…

Antworten

Donnerstag, 15. 1.
Adrian und Justin erwarten mich schon: „Hast du die Zeitungen mitgebracht?“ Ich hatte mich durchs Altpapier gewühlt und die betreffenden Seiten heraus sortiert. Ich will ja zunächst dieses Thema vertiefen und nicht ein stapeldickes Angebot von neuen Themen präsentieren.
Wir schauen also nach den Fotos, rekonstruieren den Ablauf des Überfalls und forschen nach Beweggründen der „Rebellen“. Ein kleiner Artikel hilft uns weiter. Dazu betrachten wir das Land im Atlas.

Die Exklave Cabinda soll nach Meinung der „Rebellen“ ein eigenes Land werden. Denn die Menschen dort sind arm. Das wäre anders, wenn sie das reiche Ölvorkommen nicht an Angola abgeben müssten. „Das sind die blauen Kästchen da“ findet Adrian im Atlas. „Aber deshalb müssen die doch nicht schießen!“ beschwert sich Justin.

Adrian und Justin kommen zu dem Schluss, dass dieser Konflikt nicht mit Gewalt gelöst werden darf. „Man darf nicht auf Menschen schießen!“ Sie sehen auch die verschiedenen Interessen der Gruppen und bemerken, dass es nicht immer eine einfache Lösung gibt.

Anmerkung der Kursleitung:
Das sind doch schon viele wichtige Erkenntnisse und Gedanken.

Vorschulkinder-Morgenkreis

Beim Vorschulkinder-Treffen konkretisieren wir die Ausflugswünsche der Kinder:

„Eine Kirche anschauen.“
Sie wollen in den Kölner Dom. Auf einem Zeitungsausschnitt sieht man den Dreikönigsschrein. Das interessiert die Kinder, denn zu Weihnachten haben wir die Geschichte von den Drei Königen gehört und als Schattentheater nachgespielt.

„Sind die da jetzt drin?“ – „Können wir da mal rein gucken, ich will die mal sehen!“ (Ich seh mich schon mit dem Akkuschrauber…)
Ich frage: „Ja, was bleibt denn übrig von Jemandem, der vor 2000 Jahren gestorben ist?“ – „Knochen!“ – „Ein Gerippe.“ – „und Staub!“

„Meine Oma ist verbrannt worden, die ist jetzt Asche“, erzählt Adrian. Wir verharren kurz bei verschiedenen Bestattungsmethoden und stellen dann fest, dass man heute nicht mehr erkennen kann, wie die Drei Könige ausgesehen haben.

Meine Kollegin hat an diesem Morgen noch eine traurige Nachricht für die Kinder: Frau B., die Leiterin des Alten- und Pflegeheims, ist plötzlich gestorben. Über lange Jahre hatte unser Kindergarten durch ihre Initiative eine Freundschaft aufgebaut. Regelmäßig sind wir mit Kindergruppen dort zu Besuch gewesen, mit der Musik-AG, der Theatergruppe, und noch vor wenigen Wochen mit den Vorschulkindern. Frau B. hat ihnen sehr einfühlsam die Pflegeabteilung des Hauses mit ihren behinderten Bewohnern nähergebracht. Die Kinder wollten sie bald mal wieder besuchen.

Meine Kollegin und ich sind uns einig, dass wir über den Tod von Frau B. mit den Kindern reden müssen. Wir schauen Fotos vom letzten Besuch an und erinnern an den schönen Ausflug.

Die Kinder machen sich Gedanken, wie schlimm das für ihren Mann und ihre Kinder sei. Alle Kinder waren sehr betroffen. Meine Kollegin gestaltet mit ihnen eine Gedenktafel für den Flur, damit wir uns immer an sie erinnern.

Elternarbeit

Tod und Krieg sind immer noch Tabuthemen in der Erziehung. Eltern wollen ihre Kinder vor dem Leid bewahren, fühlen sich ohnmächtig und haben Angst, auf die Fragen der Kinder antworten zu müssen. Die ausgeschnittenen Zeitungsartikel werden bei einigen Eltern vermutlich Unverständnis und Skepsis hervorrufen.

Die Eltern über das Projekt zu informieren, ist ein wichtiger Schritt. Ich suche vornehmlich das persönliche Gespräch, denn unsere Eltern bleiben oft an der Themenwand stehen und schauen, was es denn dort Neues gibt. Zusätzlich habe ich noch einen Aushang verfasst:

„Räubergruppe, 14.01.

Liebe Eltern,

im Ranzenbanden-Morgenkreis haben wir heute die Ausflugswünsche der Kinder besprochen. Einige Wünsche wollten wir noch konkret hinterfragen und wissen, was die Kinder sich genau darunter vorstellen. Dabei ist ein abwechslungsreiches Programm entstanden, was wir Ihnen auf dem Elternabend vorstellen werden.

Ellen hatte heute auch eine sehr traurige Nachricht für die Kinder: Denn in dieser Woche ist ganz unerwartet unsere liebe Frau B. verstorben, mit der wir seit langen Jahren engen Kontakt im Pflegeheim Haus Bergeck hatten. Noch vor Weihnachten hatte sie die Ranzenbande so herzlich begrüßt und ihnen die Pflegeabteilung des Hauses mit ihren Bewohnern gezeigt und auf die vielen Fragen der Kinder so einfühlsam geantwortet.
Wir möchten mit den Kindern eine Gedenktafel für unseren Flur gestalten, damit wir uns oft an die schöne Zeit mit Frau B. erinnern. Die Kinder waren sehr betroffen und gerührt.

Ihr Räuber-Team“

Zeitung lesen

Freitag, 16. 1.

Zu Adrian und Justin gesellen sich noch andere interessierte Kinder. Ronja (5;2) liest auch zu Hause mit der Mama gerne Zeitung. Heute bringt sie eine „Schatzkarte“ mit, die sie zu Hause ausgeschnitten hat: einen Stadtplan von Köln. Frank (4;4) schaut uns über die Schulter, denn er möchte auch eine Schatzkarte haben. Rasmus (4;8) ist auch sehr neugierig.

Mit den jüngeren Kindern ist das Zeitunglesen zunächst etwas unruhig. Frank findet schließlich seine Schatzkarte im Lokalteil.

Rasmus entdeckt einen großen Artikel über das Puppentheater in Bensberg. Sie amüsieren sich sehr über die ausdrucksstarken Gesichter der Marionetten. Mara fragt nach der Puppenbühne, ob man die Menschen auch sehen könnte oder nur die Marionetten und wie die denn sprechen. Sie möchte das ihrer Mama zeigen und da mal hingehen.

Nachdem sie ihre Fundstücke ausgeschnitten und am Thementisch aufgehangen haben, soll ich Justin und Adrian die Todesanzeigen vorlesen. „Ist die Frau B. denn nicht dabei?“ fragt Adrian. In dieser Ausgabe werden wir nicht fündig.

Dann blättern sie zum Erdbeben auf Haiti. Ein Bild zeigt die zerstörten Häuser der Stadt. Vor allem Mara betrachtet das sehr genau.

Ich sage: „Stellt euch vor, euer Haus ist kaputt und ihr habt gar keine Sachen mehr, nichts zum Anziehen, nichts zu essen.“

„Dann könnte ich bei unseren Nachbarn wohnen“, sagt Mara.

„Die Leute hier haben keine Nachbarn mehr mit einem heilen Haus“, stellt Justin mit Blick auf das Bild fest. …

„Die Krankenhäuser sind auch kaputt!“ sagt Adrian. Mara: „Ja, und es gibt viel zu viele Verletzte. Das hab ich bei Logo (Kindernachrichten beim ZDF) gesehen, aber nur den Anfang, dann musste ich ins Bett.“

Ein anderes Foto zeigt einen Mann, der auf der Straße am Feuer sitzt und etwas zu Essen kocht. Das mutet den Jungs sehr abenteuerlich an, denn sie machen auch gerne Lagerfeuer. Die wirklichen Ausmaße dieser Naturkatastrophe können sie nicht so recht erfassen. Jedenfalls wird diese Nachricht des Tages von ihnen an die Themenwand geheftet.

Film über den Yellowstone Nationalpark

Montag, 19. 1.
Ich biete diesen Film für interessierte Vorschulkinder an. Die Jungs und Mara sind dabei.
Thema des Films ist das ökologische Gleichgewicht im Nationalpark. Es war durch den Eingriff des Menschen aus den Fugen geraten. Durch das Töten der „Räuber“ wie Wolf oder Puma haben sich die Wapitis zu stark vermehrt. Die Jäger mussten nun wiederum die Wapitis erschießen, um ihre Zahl zu dezimieren.

Ich stoppe den Film zwischendurch und die Kinder äußern ihre Gedanken dazu. Es erscheint den Kindern widersinnig, dass die Jäger erst die eine, dann die andere Tierart erschießen müssen. Das Problem der Überpopulation wird erörtert.

„Was passiert denn, wenn es zu viele Wapitis gibt?“ frage ich.
„Die fressen das ganze Gras auf.“ – „Die trampeln alles kaputt.“
Adrian: „Dann verhungern die, weil kein Gras mehr da ist!“

Ein Fünfjähriger erkennt, wie ein Ökosystem kippen kann!

Dann stellt er noch fest: „Wir sind ja schon viele, aber wir werden nicht erschossen!“

Ich frage nach: „Warum werden wir nicht erschossen?“

Adrian: „Weil wir Menschen sind.“

„Und was ist, wenn es mal zu viele Menschen gibt?“, hake ich nach:

Adrian: „Die verhungern dann, wie in Afrika.“ Das lasse ich so stehen. Hier weiß ich auch nicht weiter.

Das Stellen gezielter Fragen, die solche Denkprozesse weiterführen, fällt mir noch schwer. Ich habe mich nie mit philosophischen Fragen beschäftigt, entdecke sie aber jetzt als interessantes Themenfeld.

Anmerkung der Kursleitung:
Und wie man sieht, beschäftigen sich besonders begabte Kinder auch damit sehr früh – und sind damit oft allein … aber bei Dir jetzt nicht mehr.

Die Kinder sind sehr angetan von den „süßen“ Bärenkindern im Film. Als die Bärenmutter dann ein Wapiti-Kälbchen tötet, empfinden sie das zunächst als ungerecht. „Aber der Bär kann ja nicht nur Gras fressen. Der braucht ja Fleisch zum Leben.“
Themen, wie Evolutionsdruck und natürliche Selektion werden anschaulich. Die Wölfe jagen die schwachen und kranken Tiere. Diese können sich dann nicht mehr vermehren und die Krankheit weitergeben.

„Warum kämpfen die Hirsche im Herbst? Was ist Brunft?“
Am Ende des Films treten noch diese Fragen auf. Die Konzentration der Kinder ist nach einer dreiviertel Stunde mit Zwischendiskussionen erschöpft. Ich schreibe die Fragen auf, um später darauf einzugehen.

Zeitung lesen

Mittwoch, 20. 1.
Sechs Kinder finden sich heute zum Zeitunglesen ein. Ronja interessiert sich für den Opel in der Fabrikhalle. „So ein Auto haben wir auch! Ist das noch in der Fabrik?“ Melinda gefällt besonders der Pferdeschlitten im Schnee. Sie hat ein eigenes Pony und ist ganz vernarrt in Pferde. Jesper findet noch ein kleines Foto von zwei Bären: „Guck ma, wie im Fernsehn, da, die Bären!“ erinnert er sich an unseren Film.

Adrian und Justin verweilen bei einem Foto von deutschen Soldaten im Afghanistan-Einsatz. Die Seite der Leserbriefe. Ich erkläre ihnen, was das ist. „Da, die sitzen im Panzer!“ – „Wieso haben die denn Sonnenbrillen auf und da oben so was am Helm.“ Ich beschreibe ihnen Afghanistan als ein Land im Süden, wo häufig die Sonne scheint.

„Wieso kämpfen die denn in Afghanistan? Das ist doch ganz weit weg. Wie haben die uns denn angegriffen?“ Justin sieht die Aufgabe der Soldaten also darin, einen feindlichen Angriff abzuwehren. Das hier passt nicht zu seinem Bild. Nach ein paar vagen Auskünften weiß ich nicht recht weiter. Mal eben kindgerecht die Ursachen des Afghanistan-Konflikts zu erklären, da muss ich passen. Wir vertagen das Thema auf morgen und ich mache mir in Ruhe Gedanken dazu. (Ich habe dann bei Wikipedia nachgelesen.)

Mara findet noch ein Bild von einem Arzt der US-Armee, der verletzte Kinder auf Haiti versorgt. „Kuck mal, hier ist auch ein Soldat!“ Sie entdecken, dass Soldaten nicht nur kämpfen, sondern auch zu Hilfsmaßnahmen eingesetzt werden. „Der Freund von meinem Papa ist auch Soldat. Der schießt aber nicht, der ist Sanitäter und hilft den Verletzten“, fällt Adrian dazu ein. „Die Kinder sind alle draußen auf der Straße, weil es kein Krankenhaus gibt“, bemerkt Mara noch.

Antworten

Donnerstag, 21. 1.
Im Internet bin ich fündig geworden. Ich bringe einige Fotos mit. In knappen Worten gebe ich die bisherige Geschichte des Landes Afghanistan wieder. Jetzt hat es keine sichere Regierung, die dort für die Menschen sorgen kann. Die Soldaten aus vielen Ländern haben jetzt eine lange Zeit geholfen, für Frieden und Ordnung zu sorgen. Deutsche Soldaten helfen zum Beispiel Polizisten auszubilden, damit die Menschen im Land selber für Sicherheit sorgen können. Jetzt wird aber diskutiert, wie lange das noch weiter so gemacht wird, und wann denn die Menschen dort wieder alleine zurechtkommen können.

„Was macht denn eine Regierung?“ – „Wer macht denn da was Schlimmes? Auf wen muss man da aufpassen?“ Hier tauchen auch wieder die „Rebellen“ auf. Sie finden Parallelen zu Angola. Soldaten als Helfer und Beschützer finden sie gut. Aber sie machen sich auch Sorgen, weil die ja einen gefährlichen Job haben.

An diesem Tag bringt Adrian die Todesanzeige von Frau B. mit. Er hat sie mit seiner Mutter zusammen im Handelsblatt gefunden. Wir heften sie mit an die Gedenktafel im Flur.
Am Freitag findet eine Trauerfeier im Pflegeheim statt. Meine Kollegin wird mit zwei Kindern dort hinfahren.

Themenkomplexe

Freitag, 22. 1.
Um die verschiedenen Artikel nicht alle so konfus aufzuhängen, entscheide ich mich, sie mit den Kindern nach Themenkomplexen zu sortieren:

Die Jüngeren machen ein Plakat mit ihren Tieren und eines mit den verschiedenen Fahrzeugen und Transportmitteln.

Das Erdbeben auf Haiti hat schon mehrere Abschnitte und wird uns sicher noch weiter beschäftigen.

Rebellen in Angola und Krieg in Afghanistan möchten Adrian und Justin zusammen auf ein Plakat kleben.

Überprüfung und letzte Fragen

Montag, 25. 1.
Unser Frühstück avanciert langsam zum Literaturcafé. Die Vorschulkinder frühstücken immer auf der Empore. Die Plakate haben wir auch dort, in „ihrer“ Ecke, aufgehängt. Beim Frühstück kommt das Gespräch wieder auf das Erdbeben.

Adrian hat gestern mit seinem Vater die Nachrichten gesehen. (Das durfte er vor einem halben Jahr noch nicht). Er weiß viel zu erzählen, auch von dem Öltankerunglück und der Ölsperre, die sie da ausgelegt haben. Sein Vater hat das offensichtlich gut begleitet und mit ihm darüber gesprochen.

Jedenfalls wollen die Kinder wissen, wie das im Erdbebengebiet nun weitergeht. Ich hole die Zeitung. Sie staunen über das kleine Wunder, dass da ein Mann nach 11 Tagen noch gerettet werden konnte. Das Vorgehen der Hundestaffel wird erläutert, Adrian kennt sich dank seines Vaters in rettungstechnischen Belangen gut aus.

Viele Fragen: Warum die denn nicht schon früher nach ihm gegraben haben. Und warum er nicht verdurstet ist. Und was mit den anderen ist, die noch unter den Steinen liegen. Was die Soldaten denn da machen.

Ich erzähle ihnen von einer Reportage, die ich gestern im ZDF gesehen habe, von der Verteilung der Hilfsgüter und den Problemen der Menschen dort. Das wollen sie auch sehen. Ich habe es leider nicht aufgenommen, verspreche aber, noch mal nach so etwas zu suchen.

Über die Leichen und die Knochen streifen wir noch mal die heiligen drei Könige in ihrem Schrein, warum sie denn nicht drei Särge hätten. Das Interesse an den Knochen ist nach wie vor groß. Ich habe zu Hause noch eine Zeitschrift zur Ausstellung „Die Königsgräber der Skythen“, die ich mal in Berlin besucht habe. Vielleicht können wir darin mal schauen.

Die Kinder diskutieren: „Die Seele ist durchsichtig und fliegt in den Himmel!“ – „Die Knochen sind dann noch da. Der Bestatter tut die in einen Sarg und dann wird der verbrannt oder kommt in die Erde.“ – „Aber das tut doch weh!“ meint Justin bestürzt. Ob man sich das vorher aussuchen kann mit dem Verbrennen.
Adrian: „Die Oma hat das meinem Papa gesagt.“
Ich kann nicht mehr den ganzen Gesprächsverlauf rekonstruieren. Das waren die Themen im weiteren Verlauf: Man kann auch als Kind sterben, zum Beispiel bei einem Unfall. Ein Kind haben die Rettungssanitäter wieder lebendig gemacht, hat der Papa erzählt. Kann man wieder lebendig werden? Bei dem Jesus war das so. Nein, der ist in den Himmel geflogen. Da bei Gott ist der jetzt, wo auch die Seelen sind. Die können von da runter gucken zu uns. Jeden Abend rede ich noch mit meiner Oma, die hört mich dann. Und unsere beiden Hunde, die sind auch da oben. Vielleicht kommt die Seele auch wieder runter in einen anderen Menschen. Dann lebt man nochmal. Vielleicht treff ich dich dann! Aber ich erkenn dich dann nicht. Und du mich auch nicht, ich seh ja dann anders aus. Dann werde ich ein Fußballer!

Ein Abschlussgespräch war das nicht. Wenn man so etwas überhaupt abschließen kann.

Aber dieses intensive Gespräch hat tatsächlich 80 Minuten gedauert.

„Machen wir das morgen wieder?“ – Warum nicht. Komischerweise ist ja gerade das gemeinsame Essen die Situation, bei der am meisten „schwere Kost“ verdaut wird. Jedenfalls geht es mit unserem Café-Zirkel sicher noch weiter. Ich werde mal nach einer Reportage im Fernsehen schauen, die ich den Kindern aufnehme. Das Magazin über die Königsgräber habe ich auch noch irgendwo.

Resümee

Schon am zweiten Tag meines Projekts gab es wieder ein Problem mit der Zeit: Die Kollegin, die so lange krank war, fällt ab sofort für ein weiteres halbes Jahr aus. Der personelle Engpass ist nach hoffnungsvollen anderthalb Wochen wieder da. – O nein!!!
Es heißt also wieder mal: keine Zeit für Nachbearbeitung, Notizen über Beobachtungen und Aussagen der Kinder. Ein Aufnahmegerät wäre mal wieder hilfreich.
Die schlechten Rahmenbedingungen stimmen mich höchst unzufrieden. Ich weiß, dass ich ganz anderes leisten könnte. Es lässt sich nicht ändern. Wir hoffen auf Vertretung.

(Siehe auch: Rahmenbedingungen verbessern!)

Wie geht es Adrian nach dieser Zeit?

Der Kontakt zwischen uns hat sich intensiviert. Er spricht öfter und offener über seine Gedanken, fühlt sich ernst genommen. Seine Fragen waren differenziert, ich habe jedoch auch schon besonders begabte Kinder erlebt, die noch wesentlich tiefer gehende Fragen gestellt haben. Seinen Gedanken angemessen konnte ich die Gespräche nach meinem Empfinden zu befriedigenden Ergebnissen führen. Das ist mein subjektives Empfinden. Hier stehen wir vor der Problematik der Zielüberprüfung. Ich kann ja nicht in seinen Kopf gucken.

Außerdem ist ein Prozess des Fragens und Entwickelns von eigenen Ansichten und Theorien nie abgeschlossen, selbst für Erwachsene nicht. Bin ich also an einem Ziel?

Wir haben einige „schlimme Nachrichten“ thematisiert und beleuchtet, und auch gesehen, dass es jede Menge gute Nachrichten gibt. Die Eltern waren überrascht, dass er mit den Themen sehr wohl umgehen kann. Zu Hause hat er nicht davon gesprochen oder geäußert, dass er davon schlecht einschlafen kann o.ä.. Das war eine meiner Befürchtungen gewesen.

Einige Fragen sind offen geblieben, oder ich hatte das Gefühl nicht hinreichend antworten zu können. Das war ein blödes Gefühl. Aber so ist das eben manchmal. Es gibt nicht auf alles eine Antwort.
Justin und Mara zeigten großes Interesse und große Wissbegier. Mara ist mir bisher ja auch schon besonders aufgefallen. Ich war froh, dass ich sie hiermit gleichzeitig fördern konnte. Es tat also auch meinen anderen „klugen Köpfen“ gut. Im Vergleich zu den Beiden lassen Adrians Überlegungen keinen gravierenden Unterschied erkennen.

Ich frage mich also, ob es noch einen anderen Interessensbereich gibt, den es noch zu fördern gilt. Ich muss wohl noch weiter abklopfen. Vielleicht hat sich sein Entwicklungsvorsprung vom letzten Jahr auch einfach angeglichen. Ich bin in diesem Fall nach wie vor sehr unsicher.

Die Zeitung erwies sich als interessantes Medium auch für jüngere Kinder. Sie hatten andere Interessen, vor allem die Tierfotos und Fahrzeuge wollten sie ausschneiden. Sie waren sehr froh, beteiligt zu sein. Wenn sie ihrerseits an den Punkt kommen, tiefere Verständnisfragen zu stellen, werden sie sich auch für die anderen Fotos interessieren. So konnten sie für sich rausziehen, was sie für sich brauchen.

Habe ich genug Raum zum Entwickeln eigener Gedanken gelassen? Was müsste ich anders machen?
Philosophische Gespräche zu führen fiel mir noch schwer. Ich hatte manchmal das Gefühl, nicht schnell genug improvisieren zu können, die passende weiterführende Frage zu stellen, um Gedanken fortzuführen und zum Weiterdenken anzuregen. Das muss man wahrscheinlich schlichtweg üben.

Anmerkung der Kursleitung:
Ja, vielleicht kannst Du Dich da durch Übung noch steigern. Aber „schwere“ und/oder philosophische Themen verlangen nicht in erster Linie nach schnellen, sondern nach ehrlichen Antworten und dem Aufwerfen neuer Fragen, die sich daraus wieder ergeben.
Ich finde, Du solltest nicht zu selbstkritisch sein, sondern Dich eher an Deinen sichtlichen Erfolgen freuen.

Ich merke, dass ich noch an meiner Allgemeinbildung, insbesondere der politischen Bildung, arbeiten kann. Zugegeben war ich bisher für dieses Thema nicht so zu begeistern. Allerdings las ich kürzlich einen interessanten Roman („Lautlos“ von Frank Schätzing), der die verschiedenen Aspekte und Hintergründe zu Krieg, Politik und Wirtschaft behandelte. Es war leichte Lektüre, gab mir jedoch einige Denkanstöße zu der Thematik.
Auch die Philosophie gehört zu den Themenfeldern, für die ich mich noch nicht fit genug fühle. Ich stieß oft an meine Grenzen. Das Buch, „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“ von Richard David Precht finde ich in dieser Hinsicht ganz aufschlussreich. Bleibt nur der nächste Schritt: Wie bringt man das den Kindern näher? Ich bin sicher, auch hier noch geeignete Literatur zu finden.

Das Zeitungsprojekt war aus Gründen des Zeitmangels weniger intensiv verlaufen, als ich mir das gewünscht hätte. Ich habe jedoch das Gefühl, dass es uns noch eine ganze Weile beschäftigen könnte. Das Interesse der Kinder ist groß, und es werden sich den Kindern immer neue Themen und Ereignisse erschließen. Daraus lassen sich gut Impulse aufgreifen, wie hier zum Beispiel mal einen Film anzusehen.

Die Frühstücksrunde mit den Vorschulkindern ist ein geeigneter Rahmen, dieses Ritual des Zeitunglesens und Diskutierens beizubehalten. Ich werde das auf jeden Fall anstreben.

Anmerkung der Kursleitung:
Darin möchte ich Dich sehr bestärken. Es ist damit ein neues Stück Kultur in Eurer sowieso schon kulturvollen Kita entstanden. 

Siehe auch: Zeitung lesen, Zeitung machen

 

Datum der Veröffentlichung: Oktober 2015
Copyright © Jordis Overödder, siehe Impressum

Adrian und das Gekreuch und Gefleuch

von Jordis Overödder

 

Adrian ist jetzt 5;4 Jahre alt. Mit 3;0 kam er in unsere Kita, ist aber erst seit einem Jahr in meiner Gruppe.

Mehr zu Adrian lesen Sie hier:
Adrian, 5;0 Jahre

Adrian entdeckt das Zeitunglesen – Fragen von Leben und Tod

 

Im letzten Jahr beobachtete ich bei ihm große Unruhe, Ungeduld und Frust, die sich in Aggression und Fingernägelkauen entluden.

Er fand mit meiner Unterstützung guten Zugang zu den älteren Kindern, die jetzt in der Schule sind. Mit ihnen spielte er vornehmlich.

Er zeigte sehr großes Interesse am Computer und hat früh den PC-Führerschein (Siehe: Unser Fachfrauenprinzip…) gemacht. Heute spielt er auch noch ab und zu am Computer, hat aber diesen Bereich im Augenblick für sich ausgeschöpft.

Ganz eifrig und aktiv ist er noch in seiner Funktion als Computer-Spezialist. Wenn die anderen eine Frage haben, das Spiel nicht startet o.ä., dann hilft er sofort und kompetent. Dieses Amt ist ihm ungemein wichtig und erfüllt ihn mit großem Stolz.

Unsere Sorge, was wohl wird, wenn seine Freunde alle in der Schule sind, hat sich aufgelöst. Die Freundschaft zu Mara, die ihm ja mit ihrer Kreativität recht ähnlich ist, hat sich gefestigt. (Siehe: Adrian, 5;0 Jahre.)

Auch in Justin, der neu in die Gruppe gekommen ist, hat Adrian einen guten Freund gefunden, der die gleichen Interessen hat und wie Adrian eine soziale und humorvolle Art mitbringt.

Mit Frank und Jesper sind noch zwei Jungen in seiner Altersgruppe zu uns gekommen. Hier wird sich vielleicht noch etwas entwickeln. Adrian wirkt in der letzten Zeit sehr fröhlich und unbeschwert.

Er genießt seine neue Rolle, endlich der „Große“ zu sein. Er muss nicht mehr um seinen Status kämpfen und kann seine vielen Ideen und Talente einbringen.

Ein paar Beobachtungen

    • Vor den Ferien hat eine der Großmütter eine Naturführung angeboten. Sie hat den Kindern im Wald und auf der Weide viele Kräuter und Pflanzen gezeigt und ihnen etwas über ihre Eigenschaften erzählt. Adrian war ganz aufmerksam dabei und konnte sich auch eine Woche später an Besonderheiten erinnern: „Wenn man den Spitzwegerich so zerdrückt, dann kann man den auf eine Wunde tun. Der macht das Blut dann sauber.“
    • Nach den Ferien übernahm Adrian ein neues Amt: Er gießt die Blumen in der Gruppe. Das macht er sehr gerne, manchmal etwas zu wohlwollend, so dass er den Topf nachher ausgießen muss.
    • Beim Nachtisch finden die Kinder Kerne in der Melone. Adrian will sie einpflanzen und steckt sie in die Blumentöpfe. Die anderen tun es ihm gleich. „Man muss die jetzt auch gießen!“, weiß Adrian und holt gleich die Kanne. Jeder einzelne Kern wird gezielt begossen.
    • Draußen hat er ein Mauseloch gefunden. Er gestaltet mehrere Tage lang den Eingangsbereich, der sich seitlich an einem Baumstumpf befindet. Er baut für die Maus einen Wasserfall, damit sie auch was zu trinken hat, und sammelt Samen und Beeren für sie.
    • Ich erinnere mich auch an sein Werkstück, das er im Werkstattkurs gebaut hat: eine Futterstation für Vögel.

Adrian zeigt im Augenblick ein großes Interesse an der Natur. Er beobachtet gerne Tiere, entdeckt Pflanzen und übernimmt Sorge für ihr Wohlergehen. Sein Interesse ist weniger theoretischer als praktischer Natur. Er bringt seine soziale Veranlagung bei der Pflege und im Umgang mit Pflanzen und Tieren ein und hat daran große Freude.

Wespen

Im August gab es scharenweise Wespen. Angelockt von unseren Apfelbäumen und dem Fallobst, wurden sie richtig lästig. Sie kamen in den Gruppenraum und saßen auf dem Rohkostteller, fast täglich wurde ein Kind gestochen.

Adrian und Justin ernannten sich zur Wespen-Polizei. Mit einer Klatsche bewaffnet gingen sie gegen Wespen vor, die sich den Frühstückstellern und Bechern der Kinder näherten.
Mir war nicht wohl dabei, denn meine Einstellung zu Tieren spricht ihnen doch auch ein Recht zu leben zu. Da ich aber auch zu den Menschen gehöre, die den Anflug einer Wespe als äußerst unangenehm empfinden, besonders wenn sie dann auf den Kindern herumkrabbeln, habe ich ihr Vorgehen erst einmal gebilligt.

Doch ich wollte die Einstellung „Wespen sind gefährlich“ nicht so unkommentiert lassen und beschloss, das Interesse der Beiden vielleicht noch in andere Bahnen zu lenken.

Ich wollte dem Thema Wespen mal näher auf den Grund gehen.

Impuls: Thementisch und Beobachten von Wespen

In der Gruppe steht ein kleiner Tisch, ein Platz für Anschauungsobjekte, Bücher und Materialien zu aktuellen Themen. Er wird von Kindern und Erwachsenen bestückt. Ich lege dort oft Materialien aus und die Kinder ergänzen, was sie selber finden, von zu Hause mitbringen, dazu malen.
Ich habe Naturführer aus der Bücherei und meinem privaten Fundus herausgesucht. Wir besorgten uns Lupengläser und große Gurken-Gläser mit Schraubdeckel aus dem Experimente-Raum. Erst mal schauen, wie eine Wespe denn so aussieht. Adrian sammelte gleich drei tote Wespen von der Fensterbank ein.
„Die hat ja Haare!“ entdeckt Frank im Lupenglas. Mit einem Apfel lockt Adrian eine Wespe vom Rohkostteller ins Gurkenglas. Schnell den Deckel drauf. Das war spannend! Jetzt macht sich ein Gefühl der Erleichterung breit, weil die Wespe uns im Glas nichts tun kann. Frank schaut noch skeptisch: „Die kann doch nicht durch Glas pieken, oder?“ Adrian sorgt für Luftlöcher im Deckel. Ob sie noch was zu trinken braucht? Er will das Glas unterm Wasserhahn füllen. Ich merke schnell an, dass im Apfel ja genug Apfelsaft ist und dass sie damit wohl auskommt, bis wir sie später wieder fliegen lassen.

Adrian hat wenig Muße zur genauen Betrachtung der Wespen, zeigt aber umso mehr Eifer bei der Beschaffung von weiteren Anschauungsobjekten. Er zeigt großes Geschick beim Aufspüren und Fangen. Dabei lernt man auch etwas darüber, wie die Tiere krabbeln oder fliegen, wo sie sich verstecken und wie man sie überlistet. Das ist für ihn viel spannender als sich die Bilder in den Büchern anzusehen.

Zu Hause habe ich mich durch Internet-Recherche zum Thema Wespen noch zusätzlich schlau gemacht. Einige interessante Bilder habe ich gespeichert, um sie den Kindern im Laptop zu zeigen. Leider sind wir nicht dazu gekommen.
Aber etwas hat es doch bewirkt: mein eigenes Interesse war geweckt. Ich habe viel Neues erfahren und das hatte auch Einfluss auf meine Einstellung. Wespen erschienen mir nicht mehr nur lästig und bedrohlich, sondern sogar richtig spannend. In Unterhaltungen mit einzelnen Kindern konnte ich mein Wissen dann letztlich doch noch einbringen.

Anmerkung der Kursleitung:
Ah toll! Genauso funktioniert „echtes“ Forschen: Der Erwachsene greift ein aktuelles Interesse / eine wichtige Frage der Kinder auf und geht GEMEINSAM mit den Kindern in die Forschung. Natürlich informiert sich der Erwachsene im Vorfeld, so wie Du, aber er lässt die Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen. Der Erwachsene ist ein „Möglichmacher“, begleitet und unterstützt – und erweitert seinen eigenen Horizont dabei.

Jedenfalls hat die intensive Auseinandersetzung mit den Wespen auch bei Adrian und den anderen Kindern einen Sinneswandel herbeigeführt.

Die nächste Wespe, die zum Frühstück herein kam, wollten Justin und Adrian zurück nach draußen locken. Das Tierchen summte aber leider außerhalb ihres Radius oben an unserer Deckenbeleuchtung herum. „Die mögen doch gerne was Süßes! Wir können sie mit einem Apfel anlocken!“ Gesagt, getan, hatte Adrian schon einen Apfelschnitz vom Rohkostteller geholt. Doch sein Arm war zu kurz und die Wespe summte weiter um die Lampe. Adrian lief nebenan in die Werkstatt und holte eine recht lange Dachlatte, legte den Apfel auf das Ende. Dann kletterte er, bestaunt von den anderen Kindern, die drum herum mit ihren Brotdosen saßen, auf den Tisch und hielt der Wespe den Köder mit der Latte vor die „Nase“.

Wir alle hatten große Freude an dieser Aktion. Normalerweise hätte ich ihm nicht erlaubt, während des Frühstücks mit einer Latte aus der Werkstatt auf dem Tisch zu balancieren. Aber in diesem Fall konnte ich seine Motivation sehr gut verstehen und seine Vorgehensweise war einfallsreich und entsprach ja auch meinem Wunsch, Alternativen zum Töten der Wespen zu finden.

Erfolg hatte er zwar nur indirekt – der Wespe war das Gewese wohl zu lästig und sie flog von selbst wieder nach draußen – das tat aber seiner Freude keinen Abbruch.

Das Interesse der anderen Kinder am Thema

Frank (3;11) hat eine besondere künstlerische Begabung. Er malt und zeichnet sehr gerne. Sein räumliches Vorstellungsvermögen ist ausgeprägt, er malte schon früh realistische Bilder, zum Beispiel Maschinen mit vielen Teilen, bei denen er genau die Funktionen erklären konnte. Er zeichnete eine Wespe ab, die im Gurkenglas schwirrte. Zu seiner Entdeckung, dass die Wespe Haare hat, äußerte er später noch den Gedanken, ob sie denn wohl zum Friseur gehen müsse.

Auch Debbie (4;9) malt die Wespe. Mir imponiert der richtige Ansatz der Beine und Flügel. Emil (4;3) malt eine dicke Hummel. Die hat er auf einem Foto im Naturführer entdeckt und findet sie ganz lustig.

Larissa (5;10) möchte, dass ich ihre Beobachtungen aufschreibe. Sie heftet gerne alle möglichen Arbeitsergebnisse in ihren Ordner. Sie diktiert mir genau, was ich schreiben soll. Das ist auch eine gute Sprachförderung für sie, denn ihre Familie spricht zu Hause russisch. Ich gebe ihr korrektives Feedback, wenn sie zum Beispiel die Artikel verwechselt.

Mara (5;9) verschwindet lange Zeit in der Werkstatt und bastelt sich aus Pappkartons, Klorollen und Plastik eine Wespenfalle mit Fenstern. Damit man auch rein gucken kann. Die Klappe am Ende der Einflugröhre öffnet sich nur nach innen. Mara füllt Äpfel ein und stellt die Falle draußen auf die Fensterbank. Funktioniert!

Anmerkung der Kursleitung:
Wahnsinns-Idee von Mara! Vor allem, dass sie auch an die Sichtfenster gedacht hat!

Adrian fängt noch verschiedene Spinnen in den Lupengläsern. Ich biete ihm und Mara mal ein Portfolioblatt an: „Eine Naturbeobachtung“, auf das sie die Spinne malen können. Mara legt gleich los, Adrian macht dann auch mit, malt ein kleines Spinnchen mit acht Beinen. „Die ist ja auch ganz klein!“ Beide haben dann so viel Spaß daran die Kreise für das Netz zu malen, dass sie das ganze Blatt damit füllen.

Exkurs: Gespräche über Beobachtungen
Adrian möchte seine Beobachtungen nicht gerne festhalten. Malen ist ihm zu schwierig, Diktieren findet er doof. Ich schreibe ihm einfach zu langsam. Ich habe schon daran gedacht, mir mal ein kleines Diktiergerät zu besorgen. Für Adrian wäre so ein technisches Gerät bestimmt ein Anreiz. Ich kann mir vorstellen, dass wir dann auch ausdauernder über seine Beobachtungen und weitere Fragen, die sich für ihn daraus ergeben, ins Gespräch kommen könnten. So ist er immer ganz schnell wieder weg, weil er etwas Wichtiges zu tun hat. An diesen Gesprächen möchte ich noch arbeiten, um ihm zu helfen, seine Lernprozesse bewusst weiter zu lenken, Fragen zu formulieren und gezielt Antworten suchen.

Anmerkung der Kursleitung:
Dies erscheint uns auch als ein wichtiger Ansatz zur weiteren Förderung von Adrian.

Was sonst so kreucht und fleucht

Weinbergschnecke
Wir haben draußen eine Weinbergschnecke gefunden. Die sind hier eigentlich gar nicht so verbreitet. Sie ist unter der gläsernen Salatschüssel einen Tag zu Gast in der Gruppe. Besonders die Kleinen freuen sich. Draußen finden sie noch Nacktschnecken.
Flusskrebs
Adrian bringt von zu Hause einen Flusskrebs mit, den er am Tag zuvor im Bach gefunden hat. „Der darf nicht in anderes Wasser, sonst geht der kaputt!“ klärt er mich auf. Wir schütten ihn vorsichtig in einen durchsichtigen Eimer – mit dem Bachwasser natürlich. Die Kinder sind fasziniert. Adrian lässt ihn am Nachmittag wieder frei. Ich freue mich, dass seine Eltern ihn unterstützen.
Ringelnatter
Auf der Fußmatte in der geöffneten Tür zum Außengelände fand sich eine klitzekleine Schlange ein. Auch die kam kurzzeitig ins Glas, wurde bewundert und mit Hilfe der Kolleginnen bestimmt: eine Ringelnatter!
Baustelle: Kaninchentunnel
Unsere beiden Kaninchen hüpfen an warmen Tagen in ihrem eigenen kleinen „Außengelände“ umher. Dort können die Kinder sie beobachten und streicheln. Doch an diesem Tag wollte Biscuit wohl mal einen Ausflug machen und scharrte sich unbemerkt einen Tunnel unterm Törchen. Schon war er ausgebüchst! Nachdem zahlreiche Kinder und Erzieherinnen ihn wieder eingefangen hatten, musste er in den Stall.

Adrian, Justin und Mara machten es sich gleich zur Aufgabe, das Loch wieder zu schließen. Es wurde aber nicht einfach etwas Sand hinein geschüttet, sondern akribisch geplant und durchdacht, wie der Boden wohl am besten hält.

Zwei Stunden waren sie damit beschäftigt: haben erst kleine Kiesel gesucht, dann im Gebüsch mit Erde, die losgeklopft werden musste, eine zähe Matsche angerührt. Diese wurde vermischt mit feinem Sand und als Mörtel auf die Kiesel gegeben. Schließlich haben sie noch Moos gerupft und zur Befestigung oben drauf gepflanzt. Das musste natürlich zur Verdichtung gestampft werden und zum Schluss noch begossen. „Hier büchst der nicht mehr aus!“ stellte Adrian befriedigt fest. Es hält tatsächlich immer noch.

„Da! Ein Eichhörnchen!“

Als wir im Morgenkreis sitzen, sieht Jesper plötzlich ein Eichhörnchen auf der Wiese. Sofort wollen alle aus dem Fenster schauen. Tatsächlich! Da hüpft es herum und bedient sich an unseren Haselsträuchern. In diesem Jahr gibt es viele Nüsse. Schließlich verschwindet es aus unserem Blickfeld. Die Kinder sind enttäuscht.
Gleich nach dem Frühstück gehen Adrian, Justin und Jesper nach draußen. Sie wollen Nüsse für das Eichhörnchen suchen, um sie zu vergraben. Adrian hat eine abgebrochene Wurzel gefunden, mit der man gleichzeitig hacken, schaufeln und festklopfen kann.
Ich bin mit den anderen Kindern in der Nähe und stehe bei Bedarf zur Verfügung. Schon haben sie eine Frage: „Wo sucht das Eichhörnchen denn im Winter die Nüsse?“ Sie wollen sicher gehen, dass es sie auch findet. Ich hatte vor längerer Zeit mal einen Tierfilm gesehen und konnte da Auskunft geben: „An markanten Stellen.“ – „Was ist markant?“

Exkurs: Sprache
Ich benutze den Kindern gegenüber oft auch schwierige Worte. Es ist eben meine Art zu sprechen. Wenn ich merke, dass Kinder mich nicht verstehen, sage ich es eben noch mal auf andere Weise. Mir ist es wichtig, dass sie einen reichhaltigen Wortschatz mit auf den Weg bekommen. Ich helfe ihnen gerne, schwierige Worte herzuleiten, indem ich sie auf ihnen bekannte Worte des gleichen Wortstamms hinweise.

Markante Stellen also: „Das sind ungewöhnliche Dinge, die in der Umgebung besonders auffallen, eine Wurzel, ein dicker Stein. Das sind „Landmarken“ für das Eichhörnchen, also wie eine „Markierung“ in der Landschaft.

– „Ah, wie auf einer Schatzkarte!“ – „Und die findet es ja auch im Schnee!“ – „Gut, dann suchen wir jetzt Landmarken! Hier, der Pfosten von der Treppe.“

Büsche pflanzen

Am nächsten Tag finden sie beim Nachschub sammeln eine Nuss mit Wurzel. „Da, kuck mal, ein Baum! Den pflanz ich jetzt ein!“ Justin findet einen kleinen Ilex-Spross. „Wie heißt der?“, fragt er mich. Ich soll ihn auch fotografieren. Für seinen Ordner.

Adrian gräbt mit seiner Spezial-Wurzel fachmännisch ein Loch und setzt die gekeimte Nuss ein. „Jetzt muss ich noch gießen! Ich brauch Wasser!“ Mit dem Eimer geht er rein. Die Kollegin fragt ihn nach seinem Vorhaben. „Einen Busch gießen!“

Dass er draußen die Büsche mit unserem teuren Leitungswasser gießen muss, war ihr nicht einleuchtend. Die Büsche würden doch vom Regen genug Wasser bekommen.
Ohne Wasser kam er wieder und erklärte sein Dilemma. „Die lässt mich nich!“ Ich ging noch mal mit ihm zusammen und klärte das Missverständnis auf. Ich bin sehr froh über unsere gute Kommunikation im Team. Hier fühlt sich keiner in seiner Autorität untergraben, wenn der andere aus besonderem Grund andere Entscheidungen trifft.

Eichhörnchen: Impuls durch Sachbuch

Das Interesse der Kinder möchte ich aufgreifen und vertiefen. Ich kaufe mir ein Buch über Eichhörnchen. Das möchte ich einer interessierten Kleingruppe vorstellen. Im Morgenkreis frage ich, wer Lust hat mitzumachen. Fast alle, außer den Kleinsten, die wohl nicht verstanden haben, was ich gefragt habe, melden sich. Ich entschließe mich daher, alle mitmachen zu lassen. Wir verabreden uns also vor dem Mittag alle auf dem Teppich.

Ich gestalte einen kleinen Platz mit Anschauungsmaterial: Nüssen, Eicheln, Pflaumen, Beeren, Maronen – was das Eichhörnchen so frisst. Beim Lesen können die Kinder die Sachen dann gleich anschauen und anfassen. Einige Seiten habe ich kopiert. Die Kinder, die Lust haben, können die Bilder anschließend anmalen und in ihr Portfolio heften. Dabei herrscht reger Andrang.

Ich war überrascht, dass nicht nur die Großen, sondern auch die jüngeren Kinder so aufmerksam und interessiert an diesem Angebot waren. Alle haben mit überlegt. Ich war bemüht, so weit es bei einer so großen Gruppe geht, alle einzubeziehen und von jedem Kind Wortmeldungen zu erfassen.

Reaktionen

Am nächsten Tag suchen die Größeren draußen nach dem Nest des Eichhörnchens. Es regnet, aber sie haben sich Matschsachen angezogen, um das Eichhörnchen zu suchen. Sie haben Glück, dass der Regen die anderen Kinder abhält raus zu gehen, denn sie können das Eichhörnchen auf dem ruhigen Außengelände tatsächlich lange beobachten und seine Sprünge und Wege verfolgen. Ich beobachte sie durch das Fenster. Sie sind sehr aufgeregt, schleichen und flüstern aber ganz leise, um das Eichhörnchen nicht zu verscheuchen.
„Das Eichhörnchen ist mein Lieblingstier!“ erzählt Justin seiner Mutter gleich, als sie ihn am Nachmittag abholt. Dann holt er seinen Ordner, um ihr die Bilder zu zeigen.

Exkurs: Frank und die Mathematik
Frank (4;11) zählt gerne alles mögliche. Jeden Morgen gibt es genau ein Dutzend Küsse für die Mama. „…zehn – elf – zwölf! Tschüß, Mama!“ Er vergleicht und misst und wiegt. „Da liegen drei Äpfel mehr als auf dem roten Teller!“

Ich überlege, woran er vielleicht Freude haben könnte. In meiner Kindergartenzeit hatte ich immer gerne diese Montessori-Hundertertafel. Zu Hause am Computer entwerfe ich eine Hunderter-Tabelle mit hellgrauen Zahlen zum Nachspuren. Das kommt gut an! Die größeren Kinder wollen alle ein Blatt haben. Die meisten können bis ca. 21 zählen. Nur Frank und Mara kommen schon bis hundert. Frank schaut dabei genau auf die Zahlen und liest. Mara zählt eher auswendig. Auch Adrian ist mit dabei, ganz eifrig und hoch motiviert. Solche ausdauernden Tätigkeiten sind sonst nichts für ihn. Hier profitiert er aber von der Motivation der anderen.

Draußen schlage ich den Kindern vor, doch mal hundert Nüsse zu sammeln. Ich lege ihnen vier Latten als Rahmen hin. Alle helfen beim Suchen mit. Bis zum Nachtisch haben wir die Zweihundert fast voll.

Am nächsten Morgen schauen die Kinder wieder nach den Nüssen: Das Eichhörnchen war da und hat welche stibitzt! Sie füllen die Tafel wieder auf. „Jetzt laufen wir hundert Runden!“ rufen sie und rennen los. Nach 26 haben sie sich vertuckelt mit dem Zählen, aber sie hatten viel Spaß.
Frank und Justin probieren aus, wie sie die Nüsse knacken können. Es klappt mit dicken Steinen. Wenn es was zum Probieren gibt, sind die anderen auch schnell dabei und liefern Nachschub.

An einem anderen Tag hat Frank vier unterschiedlich hohe Bauklotztürme gebaut. Die zeigt er mir: „Der ist klein, der ist mittel“, er stutzt einen Augenblick und überlegt, “der ist größer und der ist am größten!“.

Zum Frühstück habe ich zwei unterschiedliche Kannen mit Apfelschorle gefüllt. Frank kommt und hebt beide hoch.
Frank: „Die ist schwerer, die ist leichter.“
Jordis: „Wo ist mehr drin?“
Er zeigt auf die leichtere, hohe schmale Kanne.
Frank: „In der, das ist höher.“
Jordis: „Und welche ist schwerer?“
Frank: „Die andere.“
Jordis: „Aha.“
Frank: „Das kommt, weil hier wird das Wasser so hochgedrückt.“
Jordis: „Wir können mal messen, wo mehr drin ist, wenn wir die Schorle in gleiche Gefäße schütten.“
Frank: „In die Becher.“
Jordis: „Gut, dann hol die mal vom Frühstückstisch.“
Frank: „Wir schütten alle gleich voll.“
Es ergibt 4 und ein bisschen aus der schmalen Kanne und 5 und fast voll aus der breiten Kanne.
Frank: „Aha. Da ist mehr drin.“ Er zeigt auf die breite.
Jordis: „Wir können ja jetzt mal in beide Kannen gleich viel schütten.“
Frank: „Ja. In beide Kannen 5 Becher.“
Frank schaut wieder. Er lacht, zeigt auf die schmale Kanne: „Da is‘ viel höher!“ Er wiegt: „Beide gleich!“ Er hilft mir noch die Becher abzutrocknen und bringt sie wieder auf den Tisch.
Mit dieser kleinen Zwischendurch-Aktion ist ihm etwas über die Verteilung von Flüssigkeit in verschiedenen Körpern klar geworden und er hat einen Bezug zum Gewicht hergestellt.

Anmerkung der Kursleitung:
Es ist für uns schön zu lesen, wie locker und leicht – und doch so klar und überlegt – Du die vielfältigen Fragen und Interessen der Kinder aufgreifst, sie in den Alltag einbaust und die Kinder bei ihren Erkundungen begleitest!

Apfelernte und was man damit alles machen kann

Es wird kühler. Die Wespen summen nur noch vereinzelt und langsam herum. „Die machen bald Winterschlaf!“ bemerkt Adrian. Jetzt können die Kinder sich endlich auch auf die Apfelbäume wagen, um die Äpfel zu pflücken. Im letzten Monat hatte ich das den Kindern verboten, wegen der Vielzahl an Wespen, die in den Äpfeln schmausten. Eifrig pflücken und schütteln sie die Bäumchen.

Unsere Äpfel sind grün und recht sauer. Sie bringen die Äpfel rein, damit wir sie zum Nachtisch essen können. Die angefaulten sammeln sie draußen und verarbeiten sie in den Sandförmchen zu „Apfelsaft“.
Beim Nachtisch müssen wir alle lachen, weil die Äpfel so sauer sind. Es bleiben viele übrig. Adrian hat eine Idee: „Wir können doch Apfelmus kochen!“ – „Au, ja!“

Irgendwie Apfelmus

Am nächsten Tag geht meine Kollegin mit den jüngeren Kindern Turnen. Die Großen sind mal unter sich. „Jetzt könnt ihr Apfelmus kochen“ schlage ich ihnen vor. „Ihr könnt das alleine machen. Sagt mir nur Bescheid, wenn ihr etwas braucht.“

Anmerkung der Kursleitung:
Fein! Gefällt uns gut!

Zum einen hatte ich keine Gelegenheit, irgendetwas vorzubereiten, zum anderen bin ich sehr gespannt, wie sie das jetzt anstellen und ob sie die Arbeitsschritte selber entwickeln können.

Adrian schießt gleich los: „Wir brauchen einen Topf!“ Der ist bei der Köchin in der Küche schnell geholt. „Jetzt die Äpfel da rein.“ Uiuiu. Mir schwant nichts Gutes. Aber ich verhalte mich mal still. Gott sei Dank beschwert sich Mara, dass sie die Kerne nicht mag. „Die muss man doch rausschneiden!“ – „Gut, das machen wir. Jordis, wir brauchen die Messer.“ Ich reiche ihnen Küchenmesser aus unserem Schrank. Sie holen sich Brettchen. Jesper will zugucken.
„Iih, bei mir ist Erde dran“- Larissa hält ihren Apfel entgeistert hoch. „Dann müssen wir die wohl waschen.“ Das findet Jesper gut. „Das hm-m-mach ich!“ stottert er aufgeregt. So hat auch er eine Aufgabe, die ihm Spaß macht. Jedem, der fertig ist, bringt er einen neuen Apfel.

Los geht’s. Äpfel ohne Kerne in den Topf. „Jetzt kochen wir. Mach mal den Herd an, Jordis.“ Ich rate ihnen, noch einen kleinen Becher Wasser dazu zu geben. Angebrannte Äpfel möchte ich ihnen doch ersparen. – „Hmmm, das riecht lecker! Ich probier mal – igitt! Sauer!“ „Meine Mama macht da Zucker rein. Ist doch da im Schrank. Tut die Laura immer in ihren Kaffee.“

Zum Apfelmus essen sind auch die Turnkinder eingeladen. Adrian zählt die Kinder und holt noch Schälchen raus.
Lecker! Ich rege noch an, die Arbeitsschritte aufzumalen, so dass die Kinder ein eigenes Rezept haben. Sie wollen auch selber schreiben. Ich hole die Buchstabenkärtchen und lege ihnen die Worte, die sie nicht selbst buchstabieren können.

Die Kinder finden es toll, dass ich seit langem mal endlich nur Zeit für sie habe. Sie dürfen etwas Besonderes ganz alleine machen, weil ich mit uneingeschränkter Aufmerksamkeit dabei sein kann.
Mit Anleitung und Vorgaben halte ich mich bewusst ganz zurück, um ihr Denken zu fordern. Das spricht sie sehr an. Zu den „Großen“ zu gehören ist für sie alle eine neue Rolle. Adrian ist natürlich eine treibende Kraft und hat auf alles eine mehr oder weniger schlaue Antwort (ganze Äpfel ungewaschen in den Topf). Aber er agiert mit den anderen und nicht im Alleingang. Alle bringen sich ein, jeder darf mitreden. Es wird diskutiert und Adrian erfährt auch Ablehnung seiner vorschnellen Ideen und Aktionen, zum Beispiel, dass er alleine den Topf aus der Küche holt. Andere wollen schließlich auch mit! Da bieten die Mädchen ihm gleich Kontra. Letztendlich ist er wohl froh, dass er durch sein Einlenken die anderen nicht vergrault hat und die Äpfel am Ende nicht alle alleine schneiden muss. Es ist eine ganz harmonische Runde und der Umgang der Kinder untereinander respektvoll. Sie sind alle ganz ausdauernd.

Dass Jesper in dieser Gruppe auch einen Platz gefunden hat, freut mich sehr. Er wurde in den ersten Wochen von Adrian oft ausgegrenzt, meines Erachtens weil er undeutlich spricht und seine Belange nicht schnell und flüssig einbringen kann. „Jesper, du spielst nicht mit!“ bekam er oft zu hören. In anderen Spielsituationen war Adrian oft sehr ungeduldig mit ihm und hat ihn kaum zu Wort kommen lassen. Verhandlungen und gemeinsame Überlegungen gingen ihm wohl alle nicht schnell genug.
Hier sehe ich eine Veränderung in Adrians Einstellung. In Situationen wie diesen erlebt er Jesper als wertvolles Mitglied der Gruppe und entdeckt bei ihm auch viele Qualitäten. Inzwischen haben die beiden auch eine Gemeinsamkeit gefunden: Sie sind beide gerne mit den Laufrädern unterwegs. Im Laufradfahren ist Jesper nämlich ein wendiger Flitzer und für Adrian ein guter Kumpel zum Um-die-Wette-Fahren. Adrian ist geduldiger geworden und lässt Jesper öfter mitspielen.

Pilze finden

Am letzten Wochenende habe ich eine Pilz-Exkursion mitgemacht. Das fand ich sehr interessant. Beim Spaziergang habe ich einen sehr schönen Fliegenpilz gefunden und den Kindern zum Anschauen mit in den Kindergarten genommen. „Der ist giftig!“ wussten viele gleich zu berichten.

Justin konnte uns erklären, warum der Pilz Fliegenpilz heißt. „Weil wenn man den so zerstampft, und dann in Milch legt, dann trinken das die Fliegen und gehen kaputt.“ Wir schauen uns noch andere Pilze in meinem Pilzbuch an. „Die wachsen auch draußen auf der Wiese!“ erkennt Mara gleich. In der Mittagszeit machen wir uns mit einer kleinen Gruppe auf den Weg, um draußen Pilze zu finden.

„Wir müssen Handschuhe anziehen“ bemerkt Adrian, denn es könnten ja Giftpilze dabei sein.

Tatsächlich finden wir einige Pilze. Wir suchen ihre Namen im Bestimmungsbuch: Grünblättriger Schwefelkopf und Rettichhelmling – nein, die kann man nicht essen! Adrian hat noch eine Idee: „Wir können die hier aufmalen und ankreuzen, welche wir gefunden haben.“

Was Adrian sonst noch so macht

„Kommt, wir gehen auf Schatzsuche!“ fordert Adrian seine Freunde auf, nachdem er in der Werkstatt aus Goldfolie, die er im Regal gefunden hat, Taler ausgeschnitten hat. Natürlich hat er auch eine Karte gemalt.

Er dirigiert die Gruppe durchs Außengelände und sagt schließlich: „So, hier müsst ihr suchen!“ Als sie den Schatz gefunden haben, soll ich ihnen den Schatz nochmal verstecken. Ich male eine Karte mit Pfeilen und sie grübeln über die Symbole: „Das muss das Schiff sein. Und hier die Treppe!“ Schon geht es los und tatsächlich werden sie fündig.

Adrian fragt immer wieder mal nach einer Nähnadel. Er näht gerne kleine Säckchen oder Kopfkissen für seine Schwester. Auch Mara ist gerne dabei. Sie näht Herzen oder Polster für ihre gebauten Sachen (Puppenbett…).

Adrian ist nach wie vor eifriger Computer-Spezialist.

In der letzten Woche haben sich einige Kinder gemeldet, die gerne Meister-Kinder in der (Holz-) Werkstatt werden wollten. Auch Adrian hat sich „beworben“. Ich habe diese Kinder im Laufe der Woche beim Werkstattkurs mit dazu genommen, um zu sehen, ob und wie sie ihre Aufgabe, den Neulingen zu helfen, nachkamen. Adrian und ein anderes Mädchen haben sich lieber mit ihren eigenen Sachen beschäftigt, selber etwas gebaut und eigene Ideen umgesetzt. Adrian hat sich fast gar nicht um die anderen Kinder gekümmert. Das habe ich ihm auch so rückgemeldet.

Obwohl ich ihn zwischendurch immer wieder an seine Aufgabe erinnert habe, hat er sich wenig darum bemüht. Ich habe mit ihm besprochen, dass wir zu einem späteren Zeitpunkt noch mal überlegen, ob er Meisterkind werden kann und was genau ich dabei von ihm erwarte. Das beschäftigt ihn sehr. Ich überlege, mit ihm einen „Lernvertrag“ aufzusetzen, damit wir genau besprechen, was er als Meisterkind für Aufgaben hat, wie er das zunächst „üben“ kann und wie wir schließlich überprüfen, ob er die Aufgaben  erfüllt.

Ausblicke

Weitere Ideen, die ich zur Fortführung des Themas „Tiere und Pilze“ habe:
– Spaziergang in den Wald
– Pflanzen sammeln, pressen, Buch gestalten
– Einladung der Waldschule
– Ein Vater ist Förster und könnte uns zeigen, wie Bäume gefällt werden
– Projektwoche im Experimente-Raum

Wenn das Thema „Tiere und Pilze“ abgeschlossen ist, ergibt sich vielleicht ein anderes. Frank ist sehr interessiert am Weltall, an Sternen und Astronauten. Vielleicht ergibt sich in den nächsten Monaten auch etwas Neues in dieser Richtung, das auch Adrian begeistert.

In der dunklen Jahreszeit könnte auch Adrians Interesse am PC wieder größer werden. Vielleicht möchte er gerne mal neue Spiele ausprobieren, weil er die anderen alle schon kennt. Ich kann mich da mal schlau machen, was es so Neues gibt.

Adrians Ideenreichtum und seine Kreativität sind jetzt kein Problem mehr für die anderen. Sie nehmen ihn damit an und profitieren davon. In seiner neuen Rolle als Vorschulkind verfügt er jetzt über einen viel größeren Raum für Selbstständigkeit und Möglichkeiten, um Lösungsvorschläge auszuprobieren.

Er zeigt mehr Ausdauer, wagt sich auch an Schwieriges. Das geht meines Erachtens einher mit seinem gefestigten Selbstbewusstsein.

Anmerkung der Kursleitung:
Für uns bleibt immer noch die Frage offen, ob eine solche positive Entwicklung für Adrian auch schon früher möglich gewesen wäre, ob Ihr ihm bei seinem Kampf um Akzeptanz bei den Älteren damals hättet stärker helfen können.
Was meinst Du dazu?

Jetzt, da die älteren Kinder weg sind, setzt er sich nicht weniger hohe Ziele. Einige der Mädchen oder auch Justin und Frank sind mit ihm in manchen Bereichen durchaus auf Augenhöhe.

Seine Frustrationstoleranz ist viel höher geworden, er gibt nicht mehr so leicht auf. Seine Ausdauer bei sich wiederholenden Tätigkeiten ist größer durch die Motivation der anderen Kinder.

Meine Kommunikation mit Adrian hat sich verbessert. Er erklärt mir, was er braucht und warum, und ist dabei nicht mehr so schnell gereizt oder fühlt sich unverstanden, wenn man nachfragt. Ich bringe ihm mehr Geduld entgegen. Seine Eltern hinterfragen seine Vorhaben auch anders. Er muss nicht mehr so kämpfen für die Umsetzung seiner Ideen.

Im Augenblick merke ich, dass es ihm in der Gruppe sehr gut geht. Ich mache mir viel größere Sorgen um eine ganze Reihe anderer Kinder. Dadurch besteht die Gefahr, dass ich seine Bedürfnisse aus den Augen verliere, weil andere mich mehr brauchen.

Ausnahmen erlauben, Regeln neu definieren, besondere Aktivitäten zulassen bedeutet im Arbeitsalltag oft eine extreme zusätzliche Belastung. Dennoch hilft die Weiterbildung mir, solche Situationen bewusst zu machen. Es gelingt mir immer besser, kleine Fördermaßnahmen einfach nebenbei ohne große Umstände einfließen zu lassen.

 

Datum der Veröffentlichung: September 2015
Copyright © Jordis Overödder, siehe Impressum

Adrian, 5;0 Jahre

von Jordis Overödder

 

Adrian ist 5;0 Jahre alt. Er besucht unsere Einrichtung und diese Gruppe seit zwei Jahren. Ich bin vor etwa einem Jahr als Gruppenleitung in die Gruppe gekommen. Meine Beobachtungen aus diesem Jahr will ich hier beschreiben.

Adrian fiel mir von Beginn an (er war 4;0) als ein sehr aktives und begeisterungsfähiges Kind auf. Die Anerkennungspraktikantin hatte für die damals in der Gruppe zahlenmäßig unterlegenen Jungen ein besonderes Angebot ins Leben gerufen, die „Krokodilbande“. Bewegungsspiele, Eiscreme herstellen, Knete machen, egal was es war, Adrian nahm immer sehr gerne an diesen Aktivitäten teil.

Adrians Spielfreunde waren und sind besonders die älteren Kinder. Ob es daran liegt, dass es keine gleichaltrigen Jungen in der Gruppe gibt, weiß ich nicht. Jedenfalls spielte er auch seltener mit den gleichaltrigen Mädchen, sondern lieber mit den älteren, zum Beispiel mit Lotta und Nele, die beide über ein Jahr älter sind.

Nach den Sommerferien im letzten Jahr, als die „Großen“ in der Schule waren und die nächste Generation Vorschulkinder nachrückte, begann für Adrian eine schwere Zeit. Die neuen Vorschulkinder waren sehr damit beschäftigt, ihre neue Rolle und Rangordnung auszuhandeln. Adrian wollte immer gerne mitspielen, wurde aber plötzlich abgewiesen, weil er ja noch „klein“ sei. Das beschäftigte ihn sehr, denn von seinen Fähigkeiten und Interessen her konnte er durchaus mit den älteren Kindern mithalten. Ständig gibt es Streit, weil Adrian beharrlich darum kämpfte, in die Gruppe aufgenommen zu werden.

Anmerkung der Kursleitung:
Wäre es aus Deiner heutigen Sicht möglich gewesen, ihn so zu unterstützen, dass er in die Gruppe der Vorschulkinder hinein gekommen wäre? Offensichtlich war es ihm ja sehr wichtig. Oft haben sehr begabte Kinder ein sicheres Gefühl dafür, wo sie am besten hinpassen. Was hätte geschehen müssen, damit die Großen ihn akzeptiert hätten? Wie war die Haltung der Erzieherinnen? War sie in diesem Zusammenhang ausschlaggebend?

Er steckte sehr viel Energie in diese Auseinandersetzungen und sie zehrten an seinem Selbstwertgefühl. Adrian zeigte zu dieser Zeit eine große Unruhe, war ständig in Bewegung und konnte, zum Beispiel beim Mittagessen, kaum einen Augenblick sitzen bleiben. Das gleiche berichteten auch seine Eltern von zu Hause.
Adrian kaute intensiv an seinen Fingernägeln, am Ärmel seines Pullis und abends im Bett sogar an den Fußnägeln. Er hatte große Schwierigkeiten einzuschlafen und wachte beim kleinsten Geräusch wieder auf, war dann nicht mehr müde.

Im Kindergarten war Adrian sehr ungeduldig. Wenn er etwas haben wollte, so musste das sofort sein. Oft nahm er anderen Kindern Spielsachen weg. „Die Mara hatte das jetzt schon ganz lange!“ war dann sein Argument.
Mara hatte von zu Hause ihre Knete mitgebracht und wollte sie nach gemeinsamem Spiel wieder einpacken.

Als Mara Adrian dazu bringen wollte, die Knete herzugeben, antwortete er: „Das ist nicht Maras, die ist vom Kindergarten!“

Er versuchte seine Ziele oft mit Argumenten zu erreichen, auch wenn er wusste, dass diese nicht haltbar waren. Die Mutter äußerte sich besorgt: „Mein Kind lügt ganz bewusst!“

Ich sehe in diesem Verhalten Adrians unbändigen Drang, für seine Interessen zu kämpfen, für die Dinge, die ihn im wahrsten Sinne des Wortes „umtreiben“. Er will mit den langen Bauklötzen eine Autobahnbrücke bauen. Er will aus Knete einen Nudelsalat machen, er braucht jetzt sofort die Kleberflasche weil er…

Er stößt mit seinem Ideenreichtum und seiner Kreativität an die Grenzen der anderen Kinder.

Im Herbst lernten die Vorschulkinder im Computerkurs, wie man mit dem PC umgeht, wie die Spiele funktionieren. (Siehe: Unser Fachfrauenprinzip…)

Adrian (inzwischen 5;4) war Feuer und Flamme.

Er wollte auch gleich noch den Computerführerschein machen!

Mit großer Ausdauer und Konzentration saß er dabei, wenn die älteren Kinder spielten. Er kannte ganz schnell die einzelnen Funktionen und wusste, wie man diese oder jene Aufgabe lösen muss.

Er jammerte und bettelte beständig, wann er denn endlich den PC-Führerschein machen darf. Da die Gruppe der Vorschulkinder sehr groß war, konnte er nicht sofort mitmachen, sondern musste sich etwas gedulden.

Anmerkung der Kursleitung:
Auch hier muss er wieder warten, obwohl er riesiges Interesse zeigte.

Zu dieser Zeit hatte ich das erste Gespräch mit den Eltern. Zusätzlich zu der Unruhe und den Schlafschwierigkeiten…

Kursleitung:
Lies doch bitte in diesem Zusammenhang mal den Artikel Geringes Schlafbedürfnis. Vielleicht könnte der Artikel den Eltern helfen.

… berichten sie von heftigen Wutausbrüchen und davon, dass Adrian oft Regeln missachtet und dann lange diskutiert. Der Vater hat 24-Stunden Dienste bei der Feuerwehr. Die Mutter fühlt sich oft abends mit beiden Kindern überfordert, wenn der Vater im Dienst ist. Adrian hat die kleine einjährige Schwester sehr gern und kümmert sich ganz fürsorglich um sie, manchmal mehr, als der Mutter recht ist.

Den Umgang in der Familie erlebe ich von außen als sehr liebevoll und auf gegenseitiges Verständnis bedacht. Die Eltern sagten von sich, sie möchten nicht so streng sein, wie sie selbst damals erzogen worden sind. Wir sprachen über die Bedeutung von klaren Regeln und Grenzen, dass sie nicht im Widerspruch zu einer liebevollen Erziehung stehen, und wie Adrians Bedarf an Freiräumen für seine Interessen gesichert werden könnte.

Anmerkung der Kursleitung:
Gut formuliert! Beides ist gleich wichtig.

Er möchte zum Beispiel immer an der Kerze spielen. Einmal hat er so fest gepustet, dass ihm das heiße Wachs ins Gesicht gespritzt ist. Die Eltern reagierten mit einem Kerzen-Verbot. Ich plädierte dafür, ihm dieses Lernfeld nicht zu verwehren, aber klare Bedingungen aufzustellen, zum Beispiel dass Adrian nur unter Aufsicht der Eltern Kerzen anzündet, dann auch in Anwesenheit eines Elternteils kleine Experimente machen darf.

In seinen häufigen Grenzüberschreitungen sehe ich auch einen Drang nach Unabhängigkeit.

Anmerkung der Kursleitung:
Du hast es oben gut formuliert: Nicht der Drang nach Unabhängigkeit an sich ist gefährlich; Die Kinder sind nur dann in realer Gefahr, wenn die Erwachsenen mit ihrer Aufmerksamkeit und Erfahrungsvermittlung nicht hinterher kommen.

Er will Dinge für sich entscheiden, eigene Ideen verfolgen und eigene Erfahrungen machen.

Dabei kann er seine Fähigkeiten noch nicht gut einschätzen, oder er nimmt sich für eine langwierige Einschätzung der Lage keine Zeit.
So sprang er zum Beispiel einmal in Nachbars Teich, obwohl er noch nicht schwimmen konnte.

Anmerkung der Kursleitung:
Hier kann aber pädagogisch angesetzt werden. Die Eltern (und Ihr) müsstet nicht an seiner Experimentierlust, sondern nur an seiner Unvorsichtigkeit arbeiten.

Adrian besucht jetzt schon seit längerem auf Wunsch der Mutter am Nachmittag einen Schwimmkurs. Anfangs wollte er das nicht und hat sich sehr dagegen gewehrt. Ich vermute, die Schwelle war ihm wieder einmal zu hoch. Vielleicht hatte er Angst, es nicht zu schaffen oder das langwierige Üben war ihm zu lästig. Die Mutter hat jedenfalls darauf bestanden. Mittlerweile hat er das Froschabzeichen bekommen und das Schwimmen-Üben macht ihm sehr viel Spaß.

Anmerkung der Kursleitung:
War das nach seinem Teich-Abenteuer? Dann ist wäre es nicht sehr verwunderlich, wenn er erst mal mit Angst reagierte.
„Die Schwelle war ihm wieder einmal zu hoch“ => in welchen Situationen konntest Du das noch beobachten, unabhängig vom Thema Schwimmen?

Adrian macht bei den älteren Kindern mit

Im Kindergarten ermöglichten wir ihm dann die Teilnahme am Computer-Kurs. Adrian war darüber sehr glücklich und stolz. Er war bald so fit auf diesem Gebiet, dass er sogar den älteren Kindern, die bei einigen Spielen noch Schwierigkeiten hatten, Tipps und Ratschläge geben konnte.

Anmerkung der Kursleitung:
Hier zeigen sich doch ein großes Potenzial und ein großes Lerntempo?

Unterstützt durch unseren Zuspruch und mit seiner eisernen Beharrlichkeit erreichte er auch schließlich sein Ziel, dass die älteren Kinder ihn öfters mitspielen ließen.

Dabei gab es immer noch Situationen, in denen er mit seinen Ideen aneckte. Einmal bauten die Kinder draußen einen Iglu aus Schnee. Sie waren den ganzen Vormittag eifrig mit der Ausgestaltung beschäftigt und hatten schon rote Nasen.
Da hatte Adrian den großen Wunsch, neben Haustür, Toilette und Garten in diesem schönen Iglu auch noch Steckdosen zu installieren.

Sein Vorgehen, mit dem Besenstiel Löcher in die Wände zu drücken, stieß auf erbosten Widerstand der anderen Kinder. Die anschließende Diskussion um eine Elektroinstallation, zu der Adrian mit großer Überzeugung Argumente lieferte, endete schließlich damit, dass die Anderen Adrian klar machten, dass er entweder von seiner Idee Abstand nahm oder am Spiel nicht mehr beteiligt würde.

Ich hatte das Gefühl, dass es hier von Seiten der Großen vornehmlich darum ging, ihre Machtposition nicht aus der Hand zu geben. Adrian kam mit seinen Argumenten dagegen nicht an. Ich habe versucht, ihm das auch so zu erklären, dass er wohl Recht hat, aber die anderen eben bestimmen möchten. Er fühlte sich von mir ernst genommen. Er entschied sich dafür, auf seine Steckdosen zu verzichten, um wieder mitspielen zu dürfen.

In solchen Situationen treffen zwei Herzenswünsche bei ihm aufeinander: „Dabei sein, mitspielen dürfen!“ und „Ich habe eine tolle Idee, die ich sofort umsetzten muss!“. Das ist ganz typisch für Adrian.

Anmerkung der Kursleitung:
Hoffentlich muss er nicht zu oft die Erfahrung machen, seine Ideen zurückzustellen (zu vergessen), um dazu gehören zu dürfen. Was könnte sonst mit ihm passieren?

Ein weiteres Angebot, an dem Adrian gerne teilnehmen wollte, war das Turnen der Vorschulkinder. Wir haben die Turngruppen nach Altersgruppen unterteilt, um den Kindern altersgemäße Bewegungsangebote machen zu können. Adrian setzte sich auch hier wieder vehement dafür ein, mit seinen älteren Freunden zusammen turnen zu können. Von seinen Fähigkeiten her konnte er gut mithalten. Wir gaben ihm die Möglichkeit, jedoch nicht jedes Mal, denn von Seiten der Älteren gab es Proteste, denn sie wollten auch mal unter sich sein.

Anmerkung der Kursleitung:
Hat er sich denn störend verhalten? Was heißt „unter sich“, was macht sie zu einer Gruppe, zu der Adrian nicht dazugehört? Nur sein Alter?

Wie die Eltern Adrian sehen

Vor ein paar Monaten hatte ich das zweite Gespräch mit den Eltern. Dazu habe ich sie gebeten, den Elternfragebogen auszufüllen. Als besondere Interessen nennen die Eltern Autos, Feuerwehr, Sachbücher (Was ist was – Feuerwehr und Polizei, Wieso Weshalb Warum – Thema Wetter, die Erde), Lernspiele am PC. Fernsehen schaut Adrian ungern, weil er, wie die Eltern vermuten, dabei nicht selbst aktiv sein kann.

Sie haben beobachtet, dass Adrian oft eine hohe Auffassungsgabe hat, dass er Dinge nur ganz am Rande hören und sehen muss, um sie irgendwann später abzurufen. So kann er sich gleichzeitig unterhalten und im Hintergrund den Wetterbericht im Radio hören, den er dann später ausführlich wiedergibt.

Auch scheinbar belanglose Informationen und Kleinigkeiten werden über sehr lange Zeit von ihm gespeichert und tauchen dann plötzlich wieder auf, weil er eine gedankliche Verbindung findet.

Anmerkung der Kursleitung:
Er hat vielleicht schon ein Gefühl dafür, dass er viel im Gedächtnis behalten kann, und sein Gehirn sammelt deshalb Informationen, auch wenn sie zur Zeit belanglos erscheinen mögen.
Vielleicht hat sein Gedächtnissystem sogar schon öfter die Erfahrung gemacht und gespeichert, dass es später dafür Verwendung hatte und hat für sich den Schluss gezogen: Aufheben! Wer weiß, wofür es irgendwann noch gut sein mag.

Adrian ist zu Hause sehr selbstständig, hat immer viele Lösungsvorschläge für Probleme und ein gutes technisches Verständnis. Besonders konzentrieren kann er sich nach Meinung der Eltern bei Gesellschaftsspielen, am PC und bei handwerklichen Tätigkeiten.

Fragen, die ihn beschäftigen, sind zum Beispiel: „Warum ist die Erde rund und warum fallen wir nicht runter?“

Angst hat er im Dunklen, zum Beispiel im Keller oder auf der Toilette. Beim Fahrradfahren-Lernen tat er sich schwer, weil er Angst hatte hinzufallen.

Diese Einschätzung der Eltern deckt sich auch mit meinen Beobachtungen. Adrian ist sehr neugierig und wissbegierig, besonders im Bereich der Naturwissenschaften.

Zu seinem Geburtstag haben Kinder ihm eine Krone bemalt, mit Piratenschiff, Sonne und Mond. Nach dem Zusammentackern liegen sich Sonne und Mond zufällig gegenüber. Adrian dreht die Krone begeistert hin und her: „Tag – Nacht! Das ist wie in echt!“

Adrian probiert vieles aus

Materialeigenschaften werden von ihm genau untersucht. Eine Zeit lang fanden sich mysteriöse Schnitte von der Schere in Tischdecken und Plastikfolien. Adrian wollte wohl mal testen, wie sich dies und das denn schneiden lässt. Auch die Werkzeuge in der Holzwerkstatt hatten einen großen Reiz. Aber ich musste Adrian immer wieder ermahnen, denn er hatte noch kein Werkstattdiplom und durfte sie noch nicht alleine nutzen.

Der Werkstattkurs war in Adrians Augen ein lästiger Umweg. Er hätte am liebsten gleich losgelegt. Aber ich bestand darauf, denn sein Umgang mit den Werkzeugen war sehr „experimentell“ und stellte für ihn und andere eine Gefahr dar.

Die bei uns gewöhnlich praktizierte Vorgehensweise ist folgende: Die Kinder stellen im Werkstattkurs in meinem Beisein alleine ein Werkstück her, um dabei den Umgang mit den Werkzeugen zu üben. Das Werkstück wird bei der Prüfung den Meistern vorgestellt.

Für Adrian war das eine schwierige Aufgabe. Er sägte und hämmerte hier und da ein wenig, verwarf aber alles wieder. Vielleicht hatte er zu viele Ideen, vielleicht hatte er hohe Ansprüche an sich, konnte seine Ideen aber noch nicht so ausführen, weil ihm das Geschick dazu noch fehlte.

Ich schlug ihm vor, sich erst mal eine Skizze anzufertigen. Das half ihm sehr. Er wollte eine Futterstelle für Vögel bauen. Nach einer Woche war sein „Zaunkönig“ fertig, mit Haken und Ösen, wo man Knödel aufhängen kann. Er war sehr stolz.

Jetzt ist er oft in der Werkstatt beschäftigt, baut sich Pfeil und Bogen, beklebt sich von oben bis unten mit Klebefolie und ist dann ein „Ritter“ oder erfindet für mich eine „Schutzbrille“ aus Plastikfolie. Arbeiten, die Ausdauer erfordern, meidet er nach wie vor, zum Beispiel ein dickes Brett durchsägen.

Anmerkung der Kursleitung:
…auch wenn er ein Stück vom dicken Brett für seine Pläne braucht?
– Vielleicht ist er aber wirklich eher der kreative Entwickler, der für die Umsetzung seiner Ideen später Maschinen und seine Helfer und Mitarbeiter hat.

Provozierende Beobachtung:

Um sein Verhalten in Situationen näher zu beobachten, in denen etwas gezielt von ihm verlangt wird, biete ich den Kindern eine Bastelarbeit aus einem Buch an. Mit Hilfe einer Schablone können die Kinder aus bunter Pappe, Wolle und Perlen eine Blumenkette herstellen.

Nachdem einige Kinder schon eine Kette angefertigt haben, findet auch Adrian Gefallen daran und möchte so eine Kette für seine Mama basteln. Guten Mutes geht er ans Werk. Er arbeitet ganz eigenständig, malt sich die Blüten vor.
Beim Ausschneiden hat er manchmal noch Schwierigkeiten, so auch jetzt: Er verfehlt die Rundung der Linie. „Jetzt ist das so gerade!“ beklagt er sich. Aus Frust schneidet er die Blüte mitten durch.

Ich ermutigte ihn, es noch einmal zu versuchen. Es gelingt und er ist zufrieden. Nun piekst er Löcher in die Blüte. „Wie ein Gesicht, guck mal!“ Er schneidet einen Wollfaden ab. Ans Ende soll eine Perle geknotet werden.

Doch die Perle, die er aussucht, hat ein verstopftes Loch. „Ich weiß, wie ich das kann! So, das rein, und raus ziehen.“ Er versucht den Faden erst mit der Schere, dann mit der Nadel durch zu schieben, nimmt sich schließlich eine neue Perle. Er knickt die Blüte und schneidet mit der Schere ein größeres Loch, weil der Wollfaden nicht hindurch passt.

Aus der entfernten Turnhalle hört er etwas. Er spricht vor sich hin, halb zu mir: „Die sind in die Turnhalle gegangen. Die knallen mit der Matte. – Aber die Wichtel (die U3-Kinder) schlafen ja nicht. – Da verkrumpeln die Ohrenhaare! – Bei mir in der Straße wohnt eine Frau, die Lizzi. Die ist ganz taub. Wenn ich schreie, hört sie immer noch nichts.“

Dann fädelt er die Perle und die Blüte auf, hält den Faden mit beiden Händen gespannt und lässt sie eine Weile hin und her rutschen. Er freut sich darüber. Er macht an einem Ende einen dicken Knoten, indem er die Schnur mehrmals doppelt nimmt. Der Knoten ist nicht dick genug, die Perle fällt runter. „Jetzt kann ich das nicht mehr drauf stecken, -ach doch!“ Er steckt die Perle ans andere Ende. Die Blume rutscht zum Knoten, die Perle darauf, das hält.

Er lässt das schwingen wie ein Pendel. „Fertig! Ich will das nur so haben!“ Dann hilft er Mara mit ihrer Perle.

Adrian hat oft eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Wenn etwas nicht seinen Vorstellungen entspricht, gibt er leicht auf. Seine Ausdauer bei sich wiederholenden Tätigkeiten (zum Beispiel mehrere Blumen ausschneiden) ist gering. Er braucht bald eine Abwechslung.

Seine Gedanken arbeiten schnell und sprunghaft (besser: flexibel ?). Der Knall aus der Turnhalle erinnert ihn an unser Gespräch über Lautstärke und dass Lärm den Ohren schadet. Er denkt direkt weiter und stellt eine Verbindung zur Nachbarin her.

Ein andermal hat er einen Marienkäfer gebastelt. Auf den Kopf will er seinen Namen schreiben. Er verschreibt sich und malt zu Beginn zwei A hintereinander. Nach kurzem Zögern malt er lauter A auf das Gesicht. „Der hat Masern!“ sagt er zu mir. Es scheint, als wolle er sein Malheur damit vertuschen.

Anmerkung der Kursleitung:
Du hast schon des öfteren auf seine Beweglichkeit im Denken und seine Kreativität hingewiesen. Bist Du sicher, dass er die beiden A als Malheur empfunden hat? Vielleicht hat er einfach schnell eine andere gute Idee erfunden, die ihm auch gut gefiel?

Naturwissenschaftliches Interesse

Adrians naturwissenschaftliches Interesse zeigt sich auch immer wieder im Freispiel. So beobachte ich ihn oft, wenn er draußen Dinge untersucht. Was kann man alles mit einem Stück Eis machen, wie geht es kaputt? Wie kommen die Luftblasen da rein? Was macht das Kreidestück im Wasser? Schwimmt es, geht es unter? Warum wird das Rosa plötzlich dunkelrot? Mit solchen Dingen beschäftigt er sich sehr ausdauernd über längere Zeit. Dabei lässt er sich auch nicht stören und ist ganz vertieft bei der Sache.

Meine Kollegin hat eine Experimente-AG mit Adrians Altersgruppe gestartet. Adrian ist immer sehr aufmerksam und neugierig dabei. Er hat oft besondere Ideen, wie man ein Experiment noch verändern kann und kann dann sehr freudig und ausgelassen sein.

Bei der Brandschutzerziehung, die ich jedes Jahr mit den Kindern durchführe, traf ich eines seiner Interessen. Er brachte als Sohn eines Feuerwehrmannes schon einiges Wissen mit. Gefahrensituationen konnte er an Hand von Fotos gut erklären und er wusste genau, was im Ernstfall zu tun ist.

Bei den Experimenten mit Verbrennungsproben war ich dann überrascht, dass Adrian mit seinen Vermutungen, ob etwas brennt oder nicht, eben so oft falsch lag wie die anderen Kinder auch. Er hatte wohl in diesem Bereich doch noch wenig Erfahrungen gesammelt.
Auf jeden Fall hat das Experimentieren ihm und den anderen Kindern viel Spaß gemacht.

Adrian erzählt oft von den Feuerwehrfahrzeugen vom Flughafen, vom „Simba“ und „Panther“. Da ich mich als Feuerwehrfrau etwas auskenne, kann ich jedoch sagen, dass sein Wissen nicht sehr umfassend und tiefgreifend ist.

Anmerkung der Kursleitung:
Wie viel gibt sein Vater an ihn weiter? Manche Väter halten sich da sehr zurück und denken, ihr Kind sei noch zu klein, um ihm ernsthaft etwas beizubringen von der eigenen wichtigen Arbeit…

Charme, Hilfsbereitschaft und Humor

Adrian ist sehr gesellig und sucht immer Kontakt zu anderen Kindern. Dabei hat er sehr viel Charme und kann andere begeistern und mitziehen. Er ist sehr hilfsbereit. Er bemerkt schnell Situationen, in denen er helfen kann, und ergreift ohne Aufforderung die Initiative. Er hilft die Wasserflasche aufdrehen, etwas festknoten, einen Hammer holen, ein Rätsel lösen…

Den jüngeren Kindern gegenüber ist er sehr fürsorglich und umsichtig. Seit Januar schon hat er ein Amt inne, das er sich selbst ausgesucht hat (dieses Amt gab es vorher nicht): Er holt zum Mittagessen den Wagen mit den Schüsseln aus der Küche.
Dieses Amt erledigt er selbstständig und zuverlässig und es kommt ihm auch sehr entgegen: auf dem Weg bieten sich immer Gelegenheiten für ein kleines Pläuschchen und in der Küche schnappt man die neusten Neuigkeiten auf. Er springt sogar während des Essens auf, um für die Anderen noch mal Nachschlag zu holen. Die Bedeutsamkeit seiner Rolle tut ihm gut!

Adrian hat einen besonderen Sinn für Humor. Oft schlüpft er in die Rolle des Clowns. Er lacht gerne und genießt die Aufmerksamkeit, die er für seine originellen Späße von den Kindern bekommt. Ihm fallen häufig Wortspiele und lustige Gedankenverbindungen ein.

Im Morgenkreis und bei Kreisspielen beteiligt er sich aktiv und überwindet immer mehr seine frühere Schüchternheit. Mittlerweile steht er gerne im Mittelpunkt und ist viel selbstbewusster geworden.

Das Kauen an Fingernägeln und Pullover hat inzwischen fast ganz aufgehört. Nur in Situationen, wo er tatenlos zusehen muss und gerne selber in Aktion wäre, zum Beispiel wenn jemand anderes am PC spielt, tritt es noch auf.

Anmerkung der Kursleitung:
Siehst Du bei Adrian bei aller guten Entwicklung und allen Möglichkeiten, die er bei Euch hat, Symptome der – zumindest zeitweiligen – Unterforderung?

Adrian ist insgesamt ausgeglichener und zufriedener geworden.

Es tut ihm gut, dass sein Freundeskreis an Stabilität gewonnen hat. Er spielt inzwischen auch häufig mit den gleichaltrigen oder jüngeren Kindern. Es war eine gute Entscheidung, ihn vorzeitig an bestimmten Angeboten teilnehmen zu lassen.

Anmerkung der Kursleitung:
Auf jeden Fall! Ein Glück für ihn!

Für den nächsten Computerkurs wird er der Erzieherin als Computer-Spezialist zur Seite stehen und die anderen Kinder die erste Zeit begleiten. Die Experimente-AG entspricht auch seinem Interesse. Das Labor, das wir augenblicklich einrichten, wird sicher demnächst für ihn ein neues Entdeckungsfeld werden.

Beobachtungsbogen nach Huser

Nehme ich nun den Beobachtungsbogen nach Joelle Huser zur Hand, so fallen mir gleich einige Punkte ins Auge, die ich ankreuzen könnte.

Adrian ist sehr neugierig. Seine Wahrnehmung ist vielseitig und intensiv. Denkprozesse verlaufen bei ihm schnell und er stellt oft überraschende Gedankenverbindungen her.

Adrian ist gesellig und zeigt ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Er spielte im letzten Jahr vornehmlich mit älteren Kindern. Nun sind die anderen Jungs mindestens ein halbes Jahr jünger als er. Mittlerweile baut er auch feste Kontakte zu den gleichaltrigen Mädchen auf.

Seine Gedächtnisfähigkeit ist vergleichsweise groß. Er behält auch Einzelheiten über eine lange Zeit. Die Informationen sind jedoch nicht immer verlässlich. Manchmal erfindet er Geschichten oder ist von seiner Aussage überzeugt, die nachweisbar falsch ist.

Anmerkung der Kursleitung:
Er braucht, wie wir alle, ein Team als Korrektiv.

Eine hohe Eigenmotivation zeigt er häufig. Er findet überall etwas Interessantes – ob er betrachtet, wie die Soße auf seinem Teller verläuft, oder wenn er beim Stiefel anziehen verschiedene Erdkrümel entdeckt, die aus seiner Sohle fallen.

Sein Interesse kann aber auch sehr schnell wieder nachlassen. Bei manchen Dingen kann er ganz vertieft sein. Die Konzentrationsausdauer ist nicht länger als bei anderen Kindern auch. Er wehrt sich aber vehementer gegen Störungen.

Adrian hat einen hohen Anspruch an sich. Er möchte vieles können, hat aber auch Angst, es nicht zu lernen. Es scheint ein riesiger Berg vor ihm zu stehen.

Anmerkung der Kursleitung:
Er vertraut vielleicht noch nicht genügend darauf, dass er sehr lernfähig ist und auch die nötige Anleitung und Unterstützung erhalten wird. (?)

Sein Streben nach Perfektion wird in Kleinigkeiten ersichtlich, beim Schneiden oder wenn er sich ein wenig vermalt hat. Auf der anderen Seite kann er auch sehr fahrig und oberflächlich arbeiten, wenn ihm etwas nicht so wichtig ist. Fleißarbeiten sind definitiv nichts für Adrian. Es langweilt ihn einfach, über eine längere Zeit das Gleiche zu machen.

Dass er sich früher wenig in feinmotorischen Tätigkeiten geübt hat, führte auch dazu, dass er seine Ideen nicht umsetzten konnte, weil ihm das handwerkliche Geschick fehlte. Das holt er im Augenblick nach.

Adrian drängt es immer nach der Umsetzung eigener Ideen. Kreativität und Originalität kann ich ihm zuschreiben. Auch ein gutes Abstraktionsvermögen beobachte ich bei Adrian häufig, wenn er vor einem Problem steht. Er nutzt Wissen aus unterschiedlichen Bereichen, um zu einer Lösung zu gelangen.

Adrian spielt gerne den Clown, sucht dadurch aber nicht nur Bestätigung, sondern hat selber Freude an seinen Späßen und Gedankenspielen. Sein Wortschatz ist durchschnittlich. Manchmal macht er noch kleine Fehler. Er hat aber eine überaus hohe Sprachbereitschaft und er diskutiert gerne.

Adrian hat nach wie vor Einschlafprobleme. Deshalb und um ihr Erziehungsverhalten zu Hause zu überprüfen, haben seine Eltern sich an eine Beratungsstelle gewandt.

Anmerkung der Kursleitung:
Siehe den Tipp oben. (Geringes Schlafbedürfnis?). Er ist halt ein sehr wacher Geist, der nicht leicht zur Ruhe kommt, sowohl wenn er frustriert ist, als auch wenn er positiv aufgeregt ist, weil alles so interessant ist…

Fazit meiner Beobachtungen ist, dass Adrian in einigen Bereichen besondere Begabungen aufweist. So sind nach meiner Einschätzung seine praktische (technische?) und wissenschaftliche Intelligenz ausgeprägt. Er zeigt Interesse an naturkundlichen Themen: Naturbeobachtungen, Experimente, Technik und Computer. Sein Wissen darüber ist jedoch weder besonders breit noch tief ausgeprägt.
Vielleicht fehlt ihm hier noch das geeignete „Futter“ zum weiteren Lernen.

Anmerkung der Kursleitung:
Welche Bedingungen hatte er bisher, an tieferes und breiteres Wissen zu gelangen? Hat er einen Lehrer/Förderer/Mentor?
Das ist eine wichtige Vermutung, der Du weiter folgen solltest. Statt „Futter“ könnte man auch „Projekte“ sagen.

Adrian ist sehr kreativ, hat eine gute Kombinationsgabe.
Diese Begabungen sind ausgeprägt, meinen jetzigen Erkenntnissen nach jedoch nicht so weit überdurchschnittlich, wie ich es schon bei anderen, später als hoch begabt eingeschätzten Kindern gesehen habe. Betrachte ich sein Können mit diesen Maßstäben, so bin ich mir nicht mehr so sicher, ob ich das ein oder andere überhaupt ankreuzen kann. Setzte ich im Vergleich dazu die Mädchen in seinem Alter, so kann ich ihnen besondere Fähigkeiten zusprechen, die Adrian noch nicht hat.

Anmerkung der Kursleitung:
Welche Fähigkeiten sind das?

Wenn ich es so im Rückblick bewerte, würde ich sagen, er hat in der ersten Hälfte dieses Kindergartenjahres einen großen Entwicklungssprung gemacht, der sich im Verlauf der letzten Monate wieder relativiert hat. Ich erlebe die gleichaltrigen Kinder jetzt ähnlich motiviert und aufgeweckt.

Auch wenn keine Hochbegabung vorliegen sollte, so kann ich doch jetzt sein auffälliges Verhalten und seine besonderen Bedürfnisse besser verstehen, darauf reagieren und ihm damit weiterhelfen.

Anmerkung der Kursleitung:
Das ist sehr wertvoll.
Es besteht ja keine Notwendigkeit, sich in der Frage nach der Hochbegabung jetzt schon positiv oder negativ festzulegen. Hochbegabungen sind sehr verschieden!

Letztendlich kommt es nicht darauf an, auf einem Bogen einen Punktwert zu erreichen. Denn im Grunde helfen den Kindern diesseits und jenseits der Grenze zur Hochbegabung die gleichen Dinge: Verständnis für ihre Bedürfnisse, Vertrauen in ihre Fähigkeiten, Freiraum und Rückhalt, Bestätigung und Zuwendung.

Anmerkung der Kursleitung:
Zusätzlich brauchen besonders begabte Kinder auch viele Impulse von Älteren, Erfahreneren – oder wenn sie wie Adrian selber viele Ideen haben, gezielte Hilfe bei der Umsetzung einiger ihrer Ideen, so dass am Ende klar Erfolgserlebnisse stehen.
Auf den Punktwert kommt es tatsächlich nicht so sehr an, aber auf das dahinter liegende tatsächliche Potenzial. Die Frage ist, wie weit Adrian sein Potenzial bisher ausschöpfen kann.

Adrian hat in den letzten Wochen vermehrt mit Mara gespielt. Sie ist fünf Monate älter und wie Adrian sehr kreativ.

Die beiden haben große Freude daran, gemeinsam ihre ausgefallenen Ideen zu verfolgen, sich gegenseitig zu ergänzen und weiter zu treiben.

Bei Mara sehe ich auch großes Potenzial, was es weiter zu beobachten gilt. Sie überrascht oft durch sehr detaillierte Äußerungen und verfügt allgemein über ein großes Sachwissen. Beide werden nach den Ferien zu den Vorschulkindern gehören. Ich bin sehr gespannt.

Anmerkung der Kursleitung:
Eine sehr einfühlsame, umfangreiche Beschreibung eines sehr interessanten Kindes.

Wie es mit Adrian im Kindergarten weiter ging, lesen Sie hier:

Adrian und das Gekreuch und Gefleuch


Adrian entdeckt das Zeitunglesen – Fragen von Leben und Tod

 

Datum der Veröffentlichung: September 2015
Copyright © Jordis Overödder, siehe Impressum

Experimenting with a Candle Flame

– From Dragon to Fire Workshop

by Petra Cohnen

 

Ergün, my “observational child” for my IHVO-Certificate Course, is now 4;6 years old.
For further reading on Ergün see:
Ergün, 3;10 Years
Ergün and Music
“Peter and the Wolf” and the Fine Arts

He is firmly integrated in the group and has two steady friends: Yves (4;9) and 6-years-old Lisa. He has also made friends with new kids among the pre-school children from another group. Especially Paul (5;3), has become a regular playing mate. The two of them share common interests in dinosaurs and dragons and they both enjoy playing on the exercise track and with the workbench.

Preliminary Considerations / Aims

Over the past few weeks I have been observing Ergün (4;6) and Yves (4;9) playing dragons a lot. They take on the role of the dragons themselves and it is especially important for Ergün that dragons are strong and can spit fire. He often ponders whether dragons ever really existed.

… in a nutshell …

Ergün (4;6) and two older boys experience their kindergarten teacher helping them acquire new knowledge about fire. Through careful observations during experiments they conduct together as well as through questions from both sides they discover interrelations and acquire knowledge, in other words they practice exploratory learning.

They document their findings with pictures and texts they assemble in a workshop folder. Over an extended period of time a joyful collaboration develops.

I tell him that I could bring a book about dragons with all kinds of information about dragons. After we have done some research together and he has found out that dragons never really existed but are part of many fairy tales and myths he and Yves come up with a whole lot of dragon stories themselves. In every one of them fire spitting is an important part of the plot.
A mind map I create together with the two boys on the topic of “dragons” (see also: Plans, Drawings, Sketches, Mind-Maps) substantiates my notion: aside from the aspect of “dragons and dinosaurs compared” the topic “fire” is the most thrilling one. Ergün and Yves talk about the dangers of dragons spitting fire, of objects / people burning, how a fire can be extinguished and so forth, and they have a great many questions about all this.

I realize that while Ergün and Yves show major interest in this, they have little factual knowledge. (“What to use to put out a fire?” / “What burns, what doesn’t?”)

Since I have seen Paul show interest in the topic “fire” too, I decide to get him involved in our activities. Ergün himself has been showing sustained interest in the topic, so it seems to be just the right time now.
I am going to do some experiments on the topic of “fire” with Ergün, Yves and Paul:

    •  lighting a candle with a match
    •  extinguishing the flame by blowing it out
    •  extinguishing the flame by depriving it of oxygen (put a glass over the candle)
    •  flammable and non-flammable materials

It will be crucial which further questions the children come up with. If they should ask questions I cannot answer right of the top of my head I will discuss possible explanations with them and then promise to bring back the information to our next session. I will make it a point to also demonstrate what I did to get the information.

The children and I are going to compile the documentation of our experiments and their results in a workshop diary.

Since Ergün has been showing interest in letters for quite a while, I assume he will want to lay down some of our findings in the workshop diary in writing. The other two children have shown interest in letters but not in writing. Their interest in writing will either be aroused by these activities or Yves and Paul are going to draw the pictures to go with the texts. This effort will be of equal importance as is writing things down, since the majority of our children cannot read yet.

If along the way their focus should shift to other topics or aspects I will go with it and prepare appropriate experiments. Such related topics might be: air and oxygen / water / letterpress printing and the making of books.
At the end of the project the workshop diary and the experiments are to be presented to the children.

Technical Analysis:

Lighting a match:

The match head of contemporary matches is made of potassium chlorate, a salt which contains oxygen and serves as a fire accelerant. The striking surface on the side of the matchbox contains red phosphorus which is easily flammable.

When the match head is rubbed against the striking surface on the box the two easily flammable materials come into contact. The frictional heat so created is enough to ignite the mixture of potassium chlorate and red phosphorus.
The wooden sticks are soaked with paraffin which burns better than wood. This helps keeping the flame going.

Lighting a candle:

Candles are mostly made of paraffin or other artificial waxes which burn easily and melt at temperatures of 60°C and up. Upon further heating the liquid wax will become gaseous and spread as vapour. When the wick of the candle is ignited the wax near the wick melts from the heat. The wick is made of cotton threads with tiny spaces between them forming tubes/canals.
Liquids show a peculiar behaviour (so does liquid wax): They ascend in narrow tubes, this is called ‘capillary action’. The liquid wax ascends through the gaps in the wick, and getting close enough to the flame it becomes gaseous. Now it can be burned in the candle flame while new liquid wax is being sucked up through the wick, as if in an elevator.

The burning of the flame releases energy in the form of heat and light while smoke, grime and ashes are created.

Extinguishing a Candle Flame by Blowing it Out:

The blown air cools the flame down so that it drops below the flash point (see further below) which is necessary for burning.

Extinguishing a Flame by Depriving It of Oxygen:

If the flame is no longer being fed with air, for example by covering the flame, it will quickly extinguish as soon as there is not enough air/oxygen left to keep the flame alight.
Flammable and Non-Flammable Materials:

The essential characteristic of a flammable material is its ability to react with oxygen and emit heat and light in the process. In the burning process oxygen is being bonded. Materials which allow for this chemical reaction are flammable, all others are not. How easily a material will burn is dependent on its autoignition point and the flash point.

The autoignition point (also and confusingly called flash point) is the temperature to which a material (solid, liquid, steam or gas) must be heated to ignite exclusively because of its own temperature – without an external source of ignition.
When, for example, a match is struck at the striking surface of a matchbox the autoignition point of phosphorous must be reached. It is at 300° C.
The flash point of a material is the lowest temperature at which it can vaporize to form an ignitable mixture in the air. The burning process will normally cease after a short while after ignition if the temperature of the flash point is not reached. This happens if no sufficient amounts of flammable vapours are being created to keep the flame alight. The candle would in this case go out.
The wax of the candle has a flash point so low that the ignition will heat up the wick, and the wax close to it, sufficiently to keep the candle burning after ignition. The flash point of candle wax (paraffin) is at 200°C.

Aims of the Activities

    • Ergün, Yves and Paul gain new insights on the topic of “fire” and on further topics arising from the questions the children ask.
    • By making experiments they learn to express their hypotheses about the result, then to compare these with their actual findings and identify possible causes. This promotes their systematic thinking, their deductive reasoning and an explorative attitude.
    • Ergün, Yves and Paul experience their questions as being welcome and their interest and curiosity being appreciated if not even causing my awe. Through my attitude they are to experience their questions as something positive and this should encourage them.
    • Ergün practises writing letters and using the table of initial sounds. Yves and Paul are to be inspired by this and maybe even make their own first attempts to write.
    • The children experience how their questions determine the further course of experiments and activities to a large degree. Paul and Yves experience themselves as competent and knowledgeable as they pass their expertise on to other children and arouse their interest.

Realisation

For the first experiment I have set up: a candle, matches, a plate for the burnt matches, three empty water glasses of different size and some water for safety reasons. Yves and Paul call some of the things by name, Ergün knows the terms striking surface, wax, wick and match head. Upon my question about the function of the parts he explains: “When the candle is burning the wick is on fire and the wax becomes wet.”

I inquire whether the wax really becomes “wet” when the candle is burning and the three boys start reasoning. Paul doubts it but does not have an alternative explanation. I ask: “What happens if the water gets really close to fire?” “The fire goes out”, says Ergün without missing a beat.
To support his statement I ask Ergün whether he would like to light the candle and then pour some water next to the wick. He does and I notice how skilfully he handles matches. He tells us that he has practised this at home with his father on quite e few occasions. The flame ceases as expected and Ergün’s hypothesis is confirmed. “See, like I said”, he says. Everybody understands that what can be seen close to the wick cannot be water.

The children cannot find the answer and I do not want to give it away so we decide to come back to it later. Meanwhile I ask the children to keep the question in mind and to closely watch the wax later when the candle is burning.

I ask the children what else is planned for today’s experiment. Paul and Yves think that each of us is going to light the candle and then extinguish it with water. I confirm their guess, telling them that we are going to check how to extinguish a candle with water and that this is one way of putting out a flame. They both want to do it themselves and they do so one after another. On each go I ask the two other boys, who are standing by, to watch the process with great attention. They discover: The flame goes out every time the water touches the wick.

Ergün notices something: “When Paul held the match to the wick after it was put out with water there was a hiss!” I ask him what he thinks might be the reason for that. “It’s the water, it gets hot”, says Ergün and everybody else agrees.
I confirm their hypothesis and give them the following explanation: There is extinguishing water enclosed in tiny pockets in the wick. The heat from the flame of the match vaporises it. The steam so created needs more space than liquid water and so it bursts out. That is the “hiss”.

Now I ask the children whether they can imagine any other ways of putting out a candle flame. Ergün says the candle could be blown out too, which Yves and Paul confirm. Everyone lights the candle and tries to put it out by blowing. Yves and Paul are making progress getting the match lit by striking at the right angle and with the right speed. Ergün is eager to help them when asked. I watch him doing a great job in helping them and I observe the scene, with no need to interfere.

The children do not ask why the candle flame goes out when blowing against it. I just leave it at that since I want to go along with the questions the children ask.
Presently they are interested in what the matchstick consists of.

We talk about the appearance and the function of the matchstick. The term “red phosphorous” is not known to the children, but it seems to fascinate them, they use the term several times and correct each other as to its use.

The frictional heat is discovered by Paul when he sweeps his finger over the striking surface after several tries, finding that it feels warm now.
It is Ergün who notices the smoke going up after the flame has been extinguished. He holds his nose and says: “That stinks”. We talk about the smoke and Ergün explains that the smoke is not good for our health, it makes a person cough. I agree and upon his suggestion we open the window.

I ask the children when it was that they discovered the smoke and if they have any idea what smoke is. Yves describes the colour of the smoke as being dark and Ergün has observed that smoke went up when the candle was blown out. “And then it was gone”, says Paul. “But not all of it”, says Ergün, “I can still smell it.”
I pick up Ergün’s statement and explain to them that the smoke, which had gone up after the candle had been blown out, comes from unburned wax particles. When the flame goes out there is no more wax vapour ascending through the wick, so the wick itself burns up a little until it has cooled off.

Ergün wants to know how the tiny wax particles get into the wick. I ask him and the other two children to take a closer look at the wick where it comes out of the candle. The candle has been burning for a while at this point and the wax is liquid.
I realise that this is a good time to get back to the question of whether the flame makes the wax wet and to clarify it.

Ergün states that there is a liquid at the bottom of the wick, everybody agrees that this must be wax. Paul says: “The flame is hot and melts the wax.” Ergün and Yves come to the same conclusion. To verify it they want to light a tea candle and see if there too the wax becomes liquid. The test shows the same result which settles the question for the children. Ergün makes the remark that liquid wax and water look very much alike. “That’s why I thought it was water”, says Ergün.

I want to make sure that the children understand why that liquid cannot be water and ask them about it. “Well, because water would make the candle go out and this one here (points at the candle) keeps burning even though there is liquid there”, says Ergün.

Now I explain to the children that wax consists of hydrocarbon. When wax is solid the hydrocarbon particles are bound together, by heating the wax the particles lose their bond and become more “mobile”, separate and eventually begin to flow. The wax becomes liquid. Theses “particles” are so small and mobile that they can move up through the wick and burn.

Ergün is obviously satisfied with the explanation but still marvels at the fact that “a solid candle will fit through such a small wick”, when it gets hot.

I am thrilled by his astonishment and I tell him so: “Yes, right? It’s just marvellous and one can hardly imagine it”, I say. Ergün concludes: “Now I know why the candle gets smaller when it burns for a long time: first the wax becomes liquid, then it goes through the wick and then it gets burned and goes up in smoke.”

For today we are finished with our experiments and we discuss how we are going to document our findings in our workshop diary. We decide to start working on the diary at our next session.
Ergün declares that he definitely wants to do the writing. He notices that we never got around to using the three glasses. I tell them that we can do that at the next session and I ask the children to give it some thought in the meantime and figure out what they might be used for.

Workshop Diary

At the beginning of our next session we start working on the diary. Ergün has many questions and definite ideas as to what the diary should look like: “A real book has a cover in front and in the back, do you have something like that, Ms Cohnen? And it has to be fixed on the side not just with staples.” We discuss what materials we have at our disposal. Hard cardboard for the cover and a coil binding machine are available and Ergün is happy.

Together we review our findings from last time; Paul, Yves and Ergün remember almost all results and experiments, the only thing they have forgotten is the term hydrocarbon, they circumscribe it with the phrase “very small particles”.

We decide who gets to describe which result and how he goes about it. Ergün is using the initial sound table. Paul hesitates but eventually uses one too and begins to work. After a short while I notice that he is having trouble and has quit working. He seems sad but he is not saying anything. I ask him whether it makes him sad that he is not able to work with the initial sound table. He nods and accepts when I offer my help.

I help him by having him pronounce the word he wants to write very clearly. Together we then figure out the letters of the word “candle”, he then looks up the characters one by one and writes them down on his sheet. At the end he is quite proud of having written a word himself. But it is also clear now, that he still has great difficulty with writing and that it takes up a lot of time for him.

Ergün cannot quite understand that Paul – who is about to be enrolled at school – does not like writing. It makes more sense to him when I tell him that this was Paul’s first attempt to write. “Yes, I have been writing at home for a long time and I have much more practice”, he says. Paul, being the older one of the two, is relieved by my explanation and says: “When I feel like it I can now write a bit.”

The two agree to finish Pauls sentence about the candle together.
Yves makes a drawing of the smoke going up over the candle. His drawing is quite detailed and he says: “This way everybody can see exactly how it works with the smoke.” I tell the boys how well they have done and how pleased I am with the fact that they have already found out and learned so much about the topic fire.

Extinguishing the Candle by Depriving It of Air

After this part of the work on the workshop diary has been finished I again set up a candle, a plate for the burnt matches, three empty glasses and some water for safety.
I ask the children whether they have any idea what the glasses and the candle are for. Nobody answers and I say: “Imagine you want to put out the candle. You don’t have any water and your mouth is full of candy so you don’t want to blow it out. What else can you do, using the things on the table, to put out the candle?”

Ergün takes one of the glasses and says: “I can put it down over the candle”. I encourage the children to speculate what would happen if Ergün used the glass the way he described and why this was so.

Paul thinks the candle keeps burning and the glass gets very hot. Yves apparently remembers the melting wax and says: “The wax is going to melt and touch the side of the glass”. Ergün says: “The glass gets hot and the candle goes out”.

We do the experiment. Each child tries with a different size glass. We keep track of the results. It soon becomes clear that the candle always goes out and that it takes longer the bigger the glass is.

The true cause, however, is not understood before I tell the children that the flame needs something that is in the room and therefore also in the glass. But there is only a little bit of it in the glass, and when this tiny amount is used up the flame cannot burn any more. “Air!”, shouts Ergün, Paul and Yves agree.

I tell them that the part of the air needed by the flame is the oxygen. “Yes”, says Ergün, “we need it to breathe too, it goes in our lungs”. This triggers an exchange about diving, holding one’s breath, getting no air.

Now Ergün wants to determine exactly how much longer the flame burns under the big glass as opposed to the smallest glass. I ask him if he has an idea how this could be done. Paul says we could do a countdown. Ergün spots a clock with a sweep hand and we agree to count the seconds.

With the smallest glass (a shot glass) it is hardly 2 seconds, the next bigger one lets the flame go on for about 8 seconds and under the biggest glass the flame lasts 12 seconds, then the oxygen is used up. At the next session we document these findings in the workshop diary too.

The following experiments about flammable and non-flammable materials took a similar course. The children tried stone, sand, iron nails (do not burn) and paper, wood and cardboard (do burn).
During these experiments, too, Ergün, Yves and Paul observed closely and drew good conclusions.

Ergün was also quite interested in the topic “grime”. He discovered the creation of grime in the burning process of a candle and wanted to try out if he would write with that grime. I told him about cave paintings of Stone Age man. He found that very interesting and the three of them looked at pictures of cave paintings.
In the course of the following experiments the children mixed grime with water and made their own cave paintings.

They were also very interested to know how large fires can be extinguished. Different possibilities were considered. Even though I had not planned it we spontaneously tried extinguishing with sand, since Ergün had found out that sand does not burn. We deliberated how, for instance, a campfire could be put out and Ergün remembered sand. So we found a suitable spot outside and tried the extinguishing properties of sand.

Of course the boys also mentioned the fat water hoses fire fighters use. Yves told a story of a fire fighter operation and the huge amounts of water coming out of the hoses. Ergün asked the continuative question: “And where does the fire department get all that water?” A lively discussion developed among the children in the course of which I explained the term “fire hydrant” and the signs pointing to them in the streets. Ergün’s, Paul’s and Yves’ next object was to find out more about fire hydrants.

Reflexion

I think I have achieved most of my objectives. Ergün, Yves and Paul have acquired new knowledge on the topic of “fire” and another topic was found on the way, which they want to find out more about (fire hydrants).
Each one of the boys asked questions, gained insights and drew conclusions in accordance with their individual state of development.

Once more I have seen how Ergün is way ahead of his peers in age when it comes to verbal skills and cognition. His power of observation often led him to identify interrelations the other two boys did not see. (Examples: the creation of smoke, grime, burning process of wax.)
Comment by the course instructor:
The small group was put together well; even though Ergün, being the youngest among them, still showed the most advanced and most creative thinking, the two were able to keep up pretty well and contribute, if less so than he, their own ideas and considerations. With children of lesser motivation and aptitude a harmonious and successful collaboration with Ergün might not have been possible.

Ergün often took on the active part, it was he who was able to name things and facts and contribute new thoughts. He showed a cooperative attitude and willingness to collaborate (finish a sentence together with Paul). And he was able to put himself in Paul’s position when he had trouble writing.

He immediately communicated his newly acquired knowledge to the other children and at home. He told his parents at home about cave paintings, how grime was created and which tiny particles were contained in smoke. He learned technical terms like hydrocarbon and red phosphorous and he can provide rudimentary explanations of their meanings.

I think the activities were right for Ergün, with respect to topics and timing. He showed sustained interest and perseverance. Our sessions usually lasted for about one hour; directly afterwards Ergün sometimes wanted to keep working on the workshop diary and – as he phrased it – “write some more in peace and quiet”.

Yet there were also days on which he was not concentrated, where he did want to do some writing but had to accept that it was not going so well. On such days he needed my encouragement. I would tell him that it was perfectly OK if he wanted to finish some other day and gave it a thought and see if there was not something else he would like to do instead at that moment. In most instances he decided that he would continue drawing pictures for the workshop diary.

Ergün’s group kept receiving new information from him on the topic of “fire”. In addition the children from our entire kindergarten profited from the research done when the workshop diary was presented and the experiments were conducted in front of all them.

My attitude and the input I gave provided for a setting which invited Paul, Ergün and Yves do do some scientific thinking and at the same time feel safe in moments of insecurity (for example when Paul had trouble using the initial sound table or our talks about the dangers that come with fire).

After its completion, Ergün, Paul and Yves presented the workshop diary on the topic of “fire” to the four groups of our kindergarten separately. During these presentations the three boys conducted some of our experiments all on their own. And they did a good job passing on their knowledge to the other children. They asked questions, took the children’s suggestions seriously and encouraged them to do their own thinking.

In other words, they showed good social skills in this situation.

Ergün: “Think about it, do you have any idea why the wick isn’t burning any more?” I was really excited to hear how much of their newly acquired knowledge they had memorized and how they were able to convey it to others. The consistently positive reactions by my colleagues were also a great joy for me. They were thrilled by the self-confidence and pride with which Ergün, Yves and Paul had presented their insights.

Throughout the entire course of our sessions I was impressed by the children’s wholeheartedness and accuracy. Even the smallest details were considered and discussed.

Ergün, for instance, noticed the difference between burning and smouldering when dealing with the question of flammable and non-flammable materials.
I feel my approach of leaving plenty of freedom to the children to decide how they want to proceed will continue to be fruitful.

Further Ideas

Together with other children I conducted a series of experiments on the topic of “air/flying”. Here too, I prepared the activities according to the principles described above. These activities resulted in a “topic box” with all the materials and manuals to lead through the experiments.
This box is now stored in our library for all other colleagues to use. Another topic box labelled ”fire” is currently in the making.

I hope many of my colleagues will be impressed enough by Ergün’s, Paul’s and Yves’ accounts that they too are going to offer activities of the kind. I will be talking about our activities with great enthusiasm and I am sure so will Ergün, Paul and Yves.

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Fettalkohole                                 fatty alcohols

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Date of publication in German: 2013, December
Copyright ©  Petra Cohnen, see Imprint.

Ergün, 3;10 Years

by Petra Cohnen

 

Based on the assessment of my colleagues – being in charge of the management of our facility I am exempt from daily work with the children – and upon some further observations of my own, I chose a 3 years and 10 months old boy, Ergün, to be my observational child for my certificate course on the advancement of the gifted.

When Ergün was introduced into our group for the 2 – 6 years old children he was only 2 years old. I have been staying in regular and direct contact with him as he has been attending our “perception group”, which I conduct.

 

… in a nutshell …

The author observes Ergün (3;10) and matches her observations with the criteria itemized in the Observational Chart by Huser. She follows up with an evocative observation (see evocative observation (see Modes of Observation), made during a planned activity, to further substantiate her assessment of Ergün’s aptitudes. A second objective of this approach is to strengthen Ergün’s self-confidence with regard to new challenges, since he has been quite shy when acting in the group.

I then observed Ergün closely over a period of two months to arrive at a clear picture of his aptitudes. I am organizing my impressions along the Observational Chart by Huser.

A 3 (Turning towards older children or adults)

Ergün loves to hang around the kindergarten teachers and follow their conversations. He then listens very attentively. Oftentimes he will come back later and ask questions about what he has heard earlier, questions which clearly show that he has been thinking about what he heard and that he has come up with some conclusions of his own.

Example:
Ergün is following a conversation between the kindergarten teachers about switching rooms, which involves his group’s room, and about all the moving of furniture that comes with that change of rooms. The colleagues are discussing how many carton boxes will have to be ordered. Later that afternoon Ergün comes to my office (for this he has to cover quite a distance clear to the other end of the building) and asks if I have ordered enough carton boxes, reminding me that the Sunflower Group (his group) and the Rainbow Group (the neighbouring group) will have to pack up all their toys too.

He also takes interest in older children and he likes to join them. It seems he seeks to assume a leading role among them, which to this day he has not done.

A 4 (Astonishing memory)

Ergün easily recalls things from months ago. With regard to annual festivities it is striking how he remembers the exact course of events in the preceding year.

Example:
In a conversation with his kindergarten teacher about last year’s Easter Fest Ergün says: “Yes, and last year we were looking for the bunnies and the eggs outside, my eggs and Lisa’s eggs were under the climbing tree.”

He recollects song lyrics quickly even if the songs haven’t been sung for quite a while. However, he often does not sing them together with the other children during morning circles but rather sings them to himself while playing so that he gets to choose the time to sing. He is not willing to sing a song upon request. When asked about a specific song he will simply answer that he does know that song.

Ergün draws a clear line between knowledge and the implementation of that knowledge. We appreciate his ability to draw distinctions and support him in his attitude.

 

A 6 (Critical attitude towards one’s own achievement – high expectations of oneself)

Ergün has high expectations of himself, his works must be perfect in his own assessment. Frequently he will say he is not able to do handicraft work. If, for instance, a cut out piece of paper does not meet his high standards he will cut it up into pieces. He seems very serious then, tense and angry. Another one or two attempts will finally meet his expectations. However, he does not always try again.

A 8 (Urge for independence and autonomy)

Ergün has an exact idea what he wants to do, when and where he wants to do it, and with whom. In general he accepts daily routines, yet he often debates them with his kindergarten teachers when they happen to collide with his current playing ideas. For instance, he wants to stay next door and continue playing while everybody else has already left for outdoors.

Example:
During the first months Ergün spent in our kindergarten the following situation occurred, and it still makes me smirk to this very day: I am having lunch with the children that day and I am telling them that after lunch we are going to join the Rainbow Group, because they are going to do some cleaning and tidying the room.

A discussion about cleaning developed: putting chairs up on the tables, rolling up carpets, and so forth. Ergün, 2;3 years old then, pointed out that he would not go to the neighbouring group, he would continue playing here! In the following conversation between him and me it turned out that he wanted to finish a building he had started. I explained to him that his building would have to be put out of the way too. But that did not impress him at all, which in turn made me wonder. I had rather expected his protest. He kept silent for a while and then asked whether there was going to be anybody else other than me to put up the furniture for cleaning. When I denied, his expression brightened up and he politely inquired whether I would not care to call it a day right then …

Comment by the course instructor:
This also reveals a truly early ability for combinatorial and strategic thinking as well as an understanding of temporal relations. Pretty steep! And – needless to say – it is quite cute.

We eventually solved the problem by moving large parts of his construction to the neighbouring room where he continued his work. I finished my day in accordance with my roster.

A 9 (Occupation with social, philosophical, political and ecological issues)

Ergün’s father is from Turkey, his mother is German. Ergün is aware of this and speaks freely about it with the other children. He talks about his father not eating pork and explains the reasons why. It is a mystery to him that the other children (mostly of Christian background) do not have forbidden foods. Ergün, who is now three years old, is a representative of our children’s parliament for his group (2- to 6-year-olds). He takes great interest in all upcoming matters and many of his ideas are discussed by the other children.
Presently the children are concerned with the topic “reconstruction / construction works at the kindergarten”, consequently this matter is also being discussed in the children’s parliament. It was Ergün’s idea to have the blueprints displayed on the wall in the “big corridor”. He discussed it in the children’s parliament that should it be possible to observe the proceeding reconstruction efforts, and he has concrete ideas how this can be realized.

A 11 (Quality of questions and examples)

Ergün stands out when it comes to asking thoroughly considered questions on the most diverse topics. Many children of his age have trouble following his lines of thought; he tends to play with and talk to children who are older than he is.

A 12 (Taking things literally and demanding explanations)

In the course of the on-going restructuring measures at our kindergarten Ergün, along with seven other children, will have to join another group. Ergün deals with this situation in a significantly different manner than do the other children. While the other children are mainly concerned with the question whether they are going to make the move together with friends of theirs, Ergün is predominantly interested in the question of the necessity of the whole change. “Why do we have to move to the Dandelion Group’s room, why not the little children?” Only upon the explanation that it is his group’s present room that disposes of a sleep- and baby-change-space he is willing to accept the decision. With this he demonstrates an early ability for critical thinking and questioning along with an expectation that he himself find solutions to problems.

A 14 (A sense of humour and a liking for puns)

Ergün is quite fond of coming up with joke rhymes and funny words in the course of the Kon-Lab-Programme (language improvement). He understands irony and reacts to it with a conspiratorial/insider’s joy.

Example:
Ergün is helping clear the tables, a kindergarten teacher is doing the dishes and asks him to bring the cups. Ergün, who is obviously not all too motivated today, is dawdling back and forth between the tables and the sink bringing single cups at a time. The kindergarten teacher looks at him with a smile and says: “Better watch it, Ergün, so many cups in one haul, that’s way too difficult for you!” Ergün beams with pleasure and chuckles.

B 2 (Depressive, apathetic behaviour – day-dreaming)

Whenever Ergün is convinced that he is unable to meet a given demand he will go into refusal. This happens within minutes. He checks the situation, makes an assessment and – without asking any further questions – comes up with a judgement.

Example:
In our “Perception Project”: We are setting up an exercise track. All children contribute their ideas and then make the setup together. Ergün does not know this kind of game yet and says: “I have no idea what to do with the objects, so I can’t set anything up!” Throughout the entire activity he cannot be moved to participate, he sits on the bench at the side, he is silent and looks sad.

Comment by the course instructor:
Apparently it is not enough for him to simply join in on an activity. This corresponds to your assessment that he prefers to take on a leading part among the older ones. He finds thinking just as important as doing, that is why he is now experiencing “failure”. He seems to find it unsettling, that other children have ideas where he does not. He may need some time to learn how to bear a situation like that or to play it off. True self-confidence in a situation like this (everybody else is having better ideas than me …, great! How inspiring and enriching for me!) may not come to him before he has held a leading position for a while.

B 4 (Psychosomatic symptoms)

Ergün’s parents tell us about him having trouble going to sleep occasionally. In such situations he says he doesn’t have any friends and does not want to go to kindergarten. During guest attendances his parents have seen him participate in many free playing activities with other children, which gave them reassurance. Still, Ergün thinks he has no friends and we take that very seriously.

Comment by the course instructor:
Very bright children often have problems going to sleep even when there are no emotional problems involved. Sometimes they are simply too excited and mentally active. Check: Little Need for Sleep?

Another important question in this context is how Ergün defines the term friendship at this point, what his idea of friendship is. Playing partners are not necessarily friends in a deeper sense of the word. This might be an interesting topic to deal with in a small group of similarly bright children. Maybe there he could open up and verbalise his thoughts easier.

C 1 (Large Vocabulary)

Ergün is able to describe feelings and situations very well. He often adds explanatory examples to his statements, probably because he has noticed that sometimes his words are not easily understood by the other children.

Example:
“A new subtenant – actually an uptenant – has moved in with us. But this one has four legs and doesn’t pay rent.” The empty expressions of the other children prompt him to add: “We have a marten in our attic.”

C 3 (Good verbal skills)

Ergün makes correct use of the tenses, he speaks long sentences and gets the syntax right.

Example:
“Yesterday I was in an amusement park with my dad and we took a ride on the carousel. Next time on the weekend, my dad and I are going there again.”

C 3 (Excellent observational skills and perception)

Ergün will oftentimes know exactly how another child got hurt, he quickly finds lost things and perceives other people’s moods with great sensitivity. In most cases he turns to his “favourite” kindergarten teacher. This person of trust is very important for him because he has so many perceptions and does not like being left to himself in processing them.

Example:
“Quarrel” in the big corridor: Lisa, a girl from his group, is being pushed around and bullied by some other children. Ergün is watching the scene, tries to help Lisa but it is no good. He needs a talk with his kindergarten teacher during which there is “physical contact” to cope with the situation.

E 2 (High ability for social adaption)

During many playing activities, especially in language improvement sessions, Ergün will make mistakes intentionally as soon as he notices that he stands out with his performance. He would rather adapt to the prevalent level of performance and therefore starts making mistakes. The role of the “master” makes him feel uneasy.

Comment by the course instructor:
Does he really need this kind of language improvement activity? Is there a possibility to launch a similar programme at a higher level for the verbally more advanced and maybe older children?

E 4 (Pronounced sense of justice – high sensitivity)

When Ergün feels treated unjustly, tears will roll. Experiences of injustice often preoccupy him for longer periods of time. Here too, “his” kindergarten teacher is an important person of refuge for him.

Ergün responds vehemently to occurrences of injustice, he will clearly speak up and call the injustice by name and demand, not only for himself but on behalf of others too, that justice be reinstituted (situations around the meals, the use of rooms and spaces and the like).

Summarizing Evaluation

On the basis of the afore described behaviours and ways of conduct I arrive at the following conclusion:

Ergün is a child with widespread interests and outstanding abilities in “thinking” and “speech”. One of his favourite activities is listening or simply being around when older children and adults are having their conversations. He maintains good contacts within the group and reliable relationships with his group’s kindergarten teachers. He has high expectations of himself and sometimes does not believe he can master certain demands, especially when they involve something unknown. Oftentimes he will avoid such situations. It seems that his concept of friendship is rather sophisticated as he will play with other children, but does not consider them his friends.

This assessment leads me to the following question:

What does Ergün need in order to successfully deal with his high expectations of himself?

My idea for an activity for Ergün

In the course of our Perception Project I worked out a role playing game with the children that was yet unknown to them. Ergün gets the assignment to document the children’s suggestions by making “notes” or “sketches”. These cards made by him are then to be used as a “storyboard” in the game later. Ergün is able to make detailed drawings and feels self-confident in this activity. Therefore he will most presumably accept the task.

This gives him a chance to witness from a safe position how the children are dealing with the new demands. With his being in charge of making the cards he is not actively involved in the planning effort while he still is an important person in the process fulfilling a responsible function. Eventually the cards are going to be used as “stage directions”. My idea is that with this procedure he can learn from the other children.

The concept is comparable with a technique used in systemic transaction analysis where a communication is meant for one person but directed at a third person so that the person it is meant for does not have to react to it and may thereby put up less resistance to the message involved. (See: Schmid, B., Fauser, P (1998). )

The Activity

All six children of the Perception Project are present. In the last session the children decided that a princess’ castle and a knight’s castle are to be built today. The necessary materials have already been named during the last session. Everything is ready.

Ergün gets the cards and some pens along with the task to make sketches of the things the children are to act out. He inquires what exactly it is that he is to draw, saying that he does not know. The children calm him down saying that they will tell him what to draw.

This is how in the course of this activity the following directions/cards are created: “draw a princess’ castle”, “draw a knight’s castle”, “dress up”, “knights are riding their horses to the castle”, “princesses meet knights”.

Ergün draws the essential points on the cards. His work is speedy and steady. The card “princess’ castle”, for example, shows a pen and part of a castle. I ask him why there is only a small part of the castle on the card and he explains: ”That’s enough, the others draw the real castle.”

Comment by the course instructor:
He is showing a high level of abstraction and good judgement as to what is essential.

The other children are waiting patiently for Ergün to finish and show them the respective card; they like the cards. Ergün seems increasingly relaxed and contented.

Ergün later joins the other children in drawing the actual chateau and castle, without needing further encouragement. In the next game he prefers to take on the role of the “director”, who presents the cards. The children play another few rounds of the same and Ergün sticks with his role.

At the end of the session we sit down to talk about how our plans worked out and the way things went. The children evaluate the game, say what they liked about it and make suggestions as to what should be changed for next time. Ergün participates vividly in this discourse. He is very happy when the children say that his cards were really nice and there was never any question what was to be done.

Two of the children want to be presenting the cards next time. Ergün says, that in that case he would not be joining the game. I assure him that he does not have to, but is very welcome to join. And I ask him to give it some thought and let me know what it would take for him to want to join in next time. At the next session we play the game again. Ergün’s terms were such that he would get to decide at what point during the session he joins in. Neither the children nor I have a problem with that. He eventually joins us for the second round.

Results

Ergün has come to see how other children deal with a new task, which means they apply and how they are having fun with that. I hope that repeated experiences of this kind will help Ergün develop his own strategies and trust his own abilities. We shall continue with this developmental approach in our Perception Project as well as in our general work in the group.

Interpretation

On the basis of my observations I have come to the conclusion that Ergün is an extraordinarily bright child. This evaluation is supported by the numerous criteria from the Huser Checklist and the article Indicators of Possible Intellectual Giftedness which he meets, with an emphasis on the aspects “thinking” and “language”.

Ergün shows keen perception. Things he is interested in will occupy him over extended periods of time. His lines of thought are equally complex and original. When confronted with new experiences he responds with a sense of guarded interest, sometimes with reluctance.

His high expectations of himself sometimes get in the way of his curious mind and his achievement.

Comment by the course instructor:
It is for the smartest ones to understand early on that there is yet much to be learned and that they are not yet good at everything. Since learning comes so easily for gifted children and they often experience themselves as “lone learners” Ergün will yet have to go through a number of learning cycles with a beginning (can’t do yet), a process (learning) and a result (can do) to develop an awareness of the nature of the process and to come up with more confidence in his ability to learn.

Ergün’s tendency to intentionally avoid certain tasks keeps turning up. Consequently it appears to me I should mirror his behaviour and give him a safe context in which he can come to a better understanding of the reasons for his avoidance strategies and change them.

Comment by the course instructor:
Could it not be that the idea of having him change his ways by a conscious effort would be asking a little too much of a 3-year-old? We would rather advise to have him deal with concrete learning experiences instead of subjecting him to a mirroring interview where he would have to confront his weakness directly. We presume that he is quite aware and at unease with his tendency to avoid new situations. Why not take it from there and encourage him by pointing out his previous successes to him, reassuring him that he is a skilful learner?

For further reading on Ergün’s advancement see:

 

Date of publication in German: 2013, November
Copyright © Petra Cohnen, see Imprint.