von Hanna Vock
Während es im 2. Kapitel des Handbuchs darum geht, hoch begabte Kinder früh zu erkennen, und es im 3. Kapitel darum geht, die Kinder in ihren spezifischen Eigenheiten besser zu verstehen, geht es im 4. Kapitel um die praktische Förderung.
Kapitel 4.1 stellt allgemeine Grundlagen der Förderung im Kindergarten dar; die weiteren Unterkapitel behandeln die verschiedenen Bildungsbereiche, wobei in allen Beiträgen auf eine ganzheitliche Förderung Wert gelegt wird.
Sie werden sehen, dass die Themen der Kapitel 2 (Erkennen) und 3 (Verstehen) auch im Kapitel 4 immer wieder auftauchen.
Aus den beschriebenen Angeboten und Projekten ergibt sich immer – auch wenn es nicht in jedem Fall dargestellt wurde – ein vertieftes Verstehen der Kinder; ebenso werden die Potenziale der Kinder genauer ermessen.
…kurz gefasst…
Das gesamte 4. Kapitel des Handbuchs ist der Frage gewidmet, was alles im Kindergarten möglich ist, um hoch begabte Kinder gut zu fördern. In diesem Beitrag erhalten Sie einen ersten Überblick darüber, was wir vom IHVO für eine gute Förderung für wichtig halten.
Häufig machen Kinder, die bisher gar nicht als besonders begabt aufgefallen waren, plötzlich auf sich aufmerksam, und ihre Begabung wird erkannt.
Die folgende Nummerierung bedeutet keine Rangfolge der Wichtigkeit.
1. Es ist wichtig, die besonderen Interessen und die besonderen Spiel- und Lernbedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und ernst zu nehmen.
Was bedeutet das?
2. Unterforderung wahrnehmen. Verständnis für die Dauerfrustration des Kindes entwickeln und dieses Verständnis dem Kind signalisieren.
Siehe: Dauerfrustration wegen Unterforderung und Unverständnis.
3. Auch die intellektuellen Fähigkeiten und Leistungen des Kindes unbefangen wertschätzen und bestätigen, sowohl unter vier Augen als auch vor der Gruppe.
Siehe: Intellektuelle Leistungen der Kinder bestätigen.
4. Die üblichen Altersnormen vergessen, das Kind bei anspruchsvolleren Tätigkeiten und Aufgaben der Älteren mitmachen lassen.
Siehe: Akzeleration und Enrichment
5. Dem Kind angemessene Extra-Anregungen geben, angemessene, nicht zu niedrige Herausforderungen an das Kind stellen.
Siehe: Passgenaue kognitive Förderung
6. Bei Projekten und bei Kleingruppenarbeit die Ideen und Anregungen des Kindes aufgreifen und für die ganze Gruppe nutzbar machen.
Siehe: Förderung in Projekten und Förderung in Kleingruppen – Möglichkeiten und Vorteile
7. Dem hoch begabten Kind und den anderen Kindern der Gruppe Erklärungsmuster für das Anderssein liefern.
8. Dem Kind nicht vorschnell Defizite im Sozialverhalten zuschreiben, sondern genau beobachten, wie weit die Kommunikation (vor allem in den ersten Tagen und Wochen) mit den anderen Kindern gelingt.
Wenn nötig, Hilfestellung geben, vermitteln und Äußerungen der Kinder „übersetzen“.
Siehe: Kinder-Fragebogen Kommunikation
9. Früh-Lesen und frühe Leselernwünsche des Kindes begrüßen und aktiv unterstützen – als Möglichkeit und Werkzeug für das Kind, selbstständig seinen großen Wissensdurst zu stillen.
Siehe: Früh Lesen lernen
10. Spielmaterial, Bücher, Werkzeuge und Geräte bereitstellen, die dem geistigen Anspruchsniveau des Kindes entsprechen (evtl. unter Mithilfe der Eltern).
Siehe: Bilderbücher, Sachbücher und Geschichten.
11. Nach adäquaten Spielpartnern für das Kind Ausschau halten (auch in anderen Gruppen der Kita), so dass das Kind auch Gelegenheit hat, schwierige Spiele und komplexe Spielideen gemeinsam mit anderen Kindern zu verwirklichen.
Siehe: Spielgefährten und Freunde hoch begabter Kinder
12. Um eine bessere Clusterbildung im Kindergarten zu ermöglichen, dem Kindergarten das Profil (Hoch-) Begabtenförderung geben. Gründliche Fortbildung dafür einfordern
(oder dieses Handbuch gründlich studieren).
13. In Elterngesprächen auch die intellektuellen Stärken des Kindes klar benennen und wertschätzen. Sowohl die Stärken wie auch problematische Entwicklungen an Hand ganz konkreter Beobachtungen erläutern.
14. Die Eltern zur Unterstützung adäquater Freundschaften des Kindes ermutigen – sowohl innerhalb der Kita als auch außerhalb.
15. Eine Empfehlung zur Früh-Einschulung gründlich in Erwägung ziehen. Sich dafür einsetzen, dass das Kind die Möglichkeit erhält, wirklich unverbindlich längere Zeit in der Schule zu „schnuppern“, damit alle Beteiligten (Kind, Eltern, Kindergarten, Schule) eine begründete Entscheidung treffen können.
Siehe: Hoch begabte Kinder zwischen Kindergarten und Grundschule
Und siehe Kapitel 6 dieses Handbuches: Den Übergang zur Schule gestalten
Datum der Veröffentlichung 08.12.09 / Version 2021
Copyright © Hanna Vock 2003, siehe Impressum.