von Hanna Vock

 

Mit den Vorschulkindern waren wir des Öfteren in der Stadt unterwegs. Auf dem Rückweg kamen wir an einer Eisdiele vorbei.
Weil es bei unseren Ausflügen und Erkundungsgängen immer viel zu entdecken gab, kamen wir oft nicht pünktlich zum Mittagessen zurück und wurden unterwegs hungrig.

Also hatte es sich eingebürgert (und die Kinder sahen es irgendwann als Gewohnheitsrecht an), dass wir Eis essen gingen, zum Spaß und um den größten Hunger zu dämpfen.

Damit wir uns nicht mit ellenlangen Diskussionen, Verhandlungen oder gar Quengeleien aufhalten mussten, gab es auch hierzu eine Regel: Ein Kind – eine Kugel, ein Erwachsener zwei Kugeln. Die zwei Kugeln gestanden uns die Kinder zu, „weil Erwachsene ja größere Körper haben“. Etliche Kinder erzählten, dass sie von ihren Eltern drei, vier oder fünf Eiskugeln bekamen. Das hatte aber nichts mit unseren Kindergarten-Gepflogenheiten zu tun. Der Vorteil einer Kugel war auch: Die Kinder überlegten sich schon lange vorher, welche Sorte sie haben wollten.
Wir hatten immer ein sehr entspanntes, fröhliches Eisessen und dann auch noch genug Appetit für das aufgewärmte Mittagessen.

Einer unserer Zivis glaubte aber, dass er sich über diese Regel hinwegsetzen könnte und kaufte sich von seinem Geld noch drei Kugeln dazu. Fünf Kugeln! Das akzeptierten unsere selbstbewussten und auf Fairness bedachten Kinder nicht und verlangten von ihm, drei Kugeln in den Abfallkorb zu tun. Sie setzten ihm so lange gemeinschaftlich zu, bis er es machte. Von da an wusste er Bescheid.
Mir hat er zwar tagelang nicht verziehen, dass ich mich nicht auf seine Seite geschlagen hatte, aber am Ende eingesehen hat er es doch.

Vor allem hatten die Kinder ihre gemeinschaftliche Kraft gespürt und die Regel erfolgreich verteidigt, die sich auch ihrem Empfinden nach bewährt hatte.

Das alles hat nichts mit einem Hang zur Askese zu tun (außerhalb der Gruppe esse ich auch gerne und oft drei bis fünf Kugeln) – die Regel ist einfach vernünftig und wichtig für den Frieden in der Gruppe.

 

Datum der Veröffentlichung: Dezember 2012
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