von Beate Kroeger-Müller
Wie kam es zu diesem Thema?
In unserer Kita arbeiten wir viel in Projekten. Der Projektgedanke setzt an den Alltagserfahrungen der Kinder an. Unsere Rahmengestaltung des Alltags ist oft der Kontext, aus dem die Fragen der Kinder entstehen.
Projekte können sich über ein paar Stunden hinziehen, oder auch über Monate hinweg immer wieder als Thema bearbeitet werden, bis sie zu aller Zufriedenheit beendet werden können. Das Thema entsteht meist aus der Vorliebe eines Kindes heraus oder aus einer Idee, die innerhalb einer Kleingruppe oder in der Gesamtgruppe gewachsen ist.
… kurz gefasst …
Angeregt durch einen Museumsbesuch erleben 12 Kinder im letzten Jahr vor ihrer Einschulung ein Projekt, das sich 10 Wochen lang mit dem traditionellen Leben der mongolischen Nomaden befasst.
Im Laufe dieser Zeit wächst die Gruppe zusammen, neue Freundschaften werden geknüpft.
Der Beitrag stellt auch die allgemeinen Grundzüge der Projektarbeit in dieser Kita dar, die kognitive, emotionale und soziale Erziehungsziele miteinander verbindet.
So war es aber nicht bei diesem Projekt. In der dritten Woche nach den Sommerferien verspürte ich, die Erzieherin, den Wunsch in die Bonner Kunst- und Ausstellungshalle zu fahren, um mir die Ausstellung „Dschingis Khan und seine Erben“ anzuschauen. Ich wusste nicht viel über diesen legendären Mongolen, der vor 800 Jahren gelebt hat, und fragte in die Gruppe der 10 anwesenden Vorschulkinder hinein, ob vielleicht noch jemand so neugierig wäre und mich ins Museum begleiten wollte. Zu meinem großen Erstaunen waren sie alle bereit, auf Erkundungsreise zu gehen.
Bemerkung:
Wir sind in der glücklichen Lage, dass in unserer Kita mehr begabte Kinder versammelt sind als statistisch zu erwarten ist. Wir haben etliche besonders und auch immer hoch begabte Kinder und sehr engagierte Eltern, die sich auch in den Projekten aktiv beteiligen und ihre besonderen Kompetenzen einbringen.
Dies ist schon lange so und ist unserer Arbeitsweise geschuldet, hat sich aber noch verstärkt, seit wir ein Integrativer Schwerpunktkindergarten für Hochbegabung sind.
Unsere Kita ist ein Magnet für Familien mit besonders begabten Kindern. Wir können daher bei unseren Kindern von viel Neugier, breiten Interessen und von einer hohen Lernmotivation ausgehen.
Dadurch dass wir viel in Projekten arbeiten, konnten unsere Kinder in den ersten zwei Jahren ihrer Kindergartenzeit viele Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickeln, die ihnen dann bei diesem Projekt zugute kamen.
Wir verbrachten drei Stunden im Museum, davon 1,5 Stunden in den Museumsräumen und weitere 1,5 Stunden auf dem Museumsdach, wo im Rahmen der Ausstellung drei mongolische Jurten (Nomadenzelte aus Filz) präsentiert wurden.
Als Max, ein neues Kind in der Gruppe, mit vier weiteren Vorschulkindern im Bett einer Jurte lag, nannte er voller Inbrunst unser nächstes Projektthema:
“Ich will einmal so leben wie die Mongolen!“
Die übrigen Kinder fielen wie in einen Schlachtruf mit ein, und im Gleichschritt nebeneinander bis zur Bahn brüllten vier Mädchen und sechs Jungen:
„So leben wie Mongolen, so leben wie…“.
Von mir völlig unbeabsichtigt, wurde dieser Museumsbesuch zum neuen Projekt, das die nächsten dreieinhalb Monate andauern sollte, um schließlich im November in ein Mongolenfest zu münden.
Die hauptsächlich beteiligten Kinder
Unsere neue, diesjährige Vorschulgruppe besteht aus insgesamt 12 Kindern und ist bei genauem Hinsehen ziemlich zusammengewürfelt. Es sind sieben Jungen und fünf Mädchen. Neun Kinder davon sind in unserem Kindergarten in diese Vorschulgruppe ganz normal hineingewandert. Drei fünfjährige Kinder (zwei Jungen und ein Mädchen) sind Neuaufnahmen und gesellen sich seit August zu der Neuner-Vorschulgruppe hinzu. Also sind jetzt ein Dutzend Kinder mit uns auf dem Weg zur Schule, fast die Hälfte der ganzen Kindergartengruppe.
Zur Verflechtung der Kinder untereinander ist zu sagen, dass sechs dieser Kinder während der letzten zwei Jahre freundschaftliche Kontakte zu älteren Kindern pflegten, die nun in die Schule gekommen sind. Zwei weitere Vorschulkinder halten ihre Freundschaft zu Kindern aufrecht, die ein Jahr jünger sind als sie selbst. Dem neunten (alten) Kind ist es während des letzten Jahres bei uns nicht gelungen, eine beständige Freundschaftsbeziehung zu einem oder zu mehreren Kinder zu knüpfen.
Der gruppendynamische Stand im August 2005 ist also so, dass es keinerlei tiefere freundschaftliche Beziehungen in der alten Neunergruppe, aber auch noch nicht in der gesamten Zwölfergruppe der Vorschulkinder gibt. Für meine Kollegin und mich ist dies eine echte Herausforderung, diese Kinder in den nächsten Wochen für einander zu interessieren. Gleichzeitig dürfen die „mittleren“ Kinder nicht zu kurz kommen, und es müssen sechs Dreijährige behutsam in die Gesamt-Kindergartengruppe integriert werden.
Einen Vorteil einer so unstrukturierten Vorschulgruppe sehe ich darin, dass es kein starres Beziehungsgeflecht gibt und somit eine Öffnung zu allen Seiten hin möglich ist. Es herrscht große Freiheit für jedes Kind, Bindungen einzugehen. Gerade für die drei neuen Kinder ist das eine große Chance sich leicht zu integrieren, da ja alle auf „der Suche“ sind. Ein jeder zeigt sich mit seinen Qualitäten, aber ohne um die Gunst eines anderen zu buhlen.
Spürbar ist vom ersten Tag an, dass die Kinder auf die Suche gehen. Die drei ältesten Jungen schleichen wie Raubkatzen umeinander. Zuweilen wird auch gefaucht und die Tatzen werden ausgefahren – meistens ohne Krallen. Denn immer wieder muss neu geklärt werden, wer denn nun hier das Sagen hat.
Vier der Mädchen profilieren sich mehr in den schulischen Disziplinen, wie Lesen, Schreiben und Rechnen und loten so miteinander aus, wer eine adäquate Freundin werden könnte.
Drei gemeinsame Treffen, die ich einberufen habe, lassen in den Kindern mehr und mehr den Teamgedanken einer Fußballmannschaft wachsen (nach dem Vorbild aus dem Film „Die wilden Kerle“, der allen 12 Kindern bekannt ist). Helene, ein neues Mädchen aus der Gruppe, entpuppt sich schon bald als der wildeste aller Kerle, was sowohl von den Mädchen, als auch von den Jungen mit Spannung beobachtet wird.
In all diese Beziehungswirren kommt plötzlich der glückliche Zufall ins Spiel mit einem rahmengebenden Thema.
Vorschau auf das Mongolenprojekt
Die Kinder erfuhren von mir, dass in wenigen Wochen die Ausstellungsstücke wieder in die Mongolei zurück gebracht werden. Wir beschlossen daher, eine eigene Ausstellung zu dem Thema „So leben wie die Mongolen“ in unserem Kindergarten aufzubauen.
Eine Woche später gingen wir auf Wunsch der Kinder nochmal ins Museum. Alle 12 Vorschulkinder waren dabei, um gemeinsam zu überlegen, was wir alles für unsere „Mongolen-Kindergartenausstellung“ brauchen könnten, die in einem Mongolen-Fest ihren Abschluss finden sollte.
Kreative Vorschläge der 12 Vorschulkinder.
- Im Außengelände soll eine Jurte nur von den Vorschulkindern gebaut werden.
- Dort sollen dann die von uns auf Leinwand und mit Ölfarbe gemalten Khanfrauen ausgestellt werden.
Die Skizzen wurden im Museum direkt vor den Originalen auf Leinwand angefertigt und in der Kita dann mit Ölfarben (Rot und Gold auf Weiß) fertig gemalt.
- Wir wollen Hocker und ein Schränkchen genauso bunt anmalen wie in der echten Jurte!
- Die Filzwände der Jurten beeindruckten die Kinder ebenfalls sehr, und so planten sie „einmal etwas ganz Großes für die Jurte zu filzen“, und einigten sich auf einen Filzteppich.
- Auch Filztaschen, wie sie im Museum zu sehen waren, wollten die Kinder herstellen. Um die Taschen zu formen, wurde ein großer Stein benutzt.
- Die in einem Museumsfilm gesehene „Pferdekopfgeige“ sprach die Kinder in besonderer Weise durch ihre Form und ihren Klang an. Da dieses Instrument, wie wir im Film erfuhren, in jeder mongolischen Familie zu finden ist, durfte sie natürlich auch bei uns nicht fehlen.
- Derra, eine Studentin aus der Mongolei, die ich in der Ausstellung angesprochen hatte, erklärte sich bereit an drei Tagen in unsere Einrichtung zu kommen.
- Sie wollte etwas von ihrem Land erzählen, wo sie 17 Jahre mit ihrer Familie in einer Jurte gelebt hat, und uns dieses Jurtenleben an Hand von Fotos nahe bringen.
- Des weiteren erklärte sie sich bereit, mongolische Musik mit zu bringen, um mit uns ein Lied und einen Tanz einzuüben.
- Zum Schluss möchte Derra für unser Fest ein mongolisches Essen mit den Kindern vorbereiten.
Grundsätze unserer Pädagogik – in der die Projektarbeiten eine wichtige Rolle spielen
Wir Erzieherinnen verstehen uns als Kooperationspartnerinnen und Begleiterinnen der Kinder. Wir beobachten und nehmen das Verhalten der Kinder wahr und hören ihnen gut zu. Wir unterstützen, ermutigen, geben Impulse, beziehen Stellung, garantieren Sicherheit und gewähren trotzdem genügend Freiraum. Wir geben ihnen, wenn sie es wünschen, neue Anregungen für ihr Spiel oder für ein Projekt.
Ich halte die Aktionen innerhalb von Projekten in besonderer Weise für geeignet, um einen Rahmen für das Anbahnen stabiler Beziehungen in der Gruppe zu bieten. Gerade in unserer aktuellen Vorschulgruppe ist das ein sehr wichtiger Aspekt. Denn hier, wo das Bedürfnis nach Anerkennung, Sicherheit und Zugehörigkeit eine große Rolle spielt, ist ein Projekt eine gute Möglichkeit, den Wünschen der Kinder gerecht zu werden. Innerhalb der Projektarbeit entsteht ein soziales Geflecht aus Kindern und Erwachsenen, in dem sich Ideen, Vorstellungen und Bilder im gemeinsamen Austausch weiter entwickeln können. Somit verstehe ich die Projektarbeit als einen Rahmen, in dem sich die Selbstbildung eines Kindes als Prozess des sozialen Austausches produktiv entwickeln kann.
Wie werden Projekte bewegt?
Projektentwicklung gelingt im Kindergarten nicht ohne aufmerksames Wahrnehmen der Kinder und einfühlendes Verständnis für die Themen, mit denen Kinder sich im Verlauf ihrer Spiele und Alltagstätigkeiten beschäftigen.
Unsere Kinder werden als kompetente, starke und kreative Persönlichkeiten betrachtet. Uns kommt die Aufgabe zu, diesen Reichtum der Kinder zu bewahren und Möglichkeiten bereit zu stellen, um diese Schätze zu mehren. Erst innerhalb der Projektarbeit habe ich während meiner vielen Berufsjahre erfahren dürfen, dass es eine Methode ist, bei der ich vielen Kindern eine gute Unterstützung für eigenständiges Lernen und kreatives Lösungsfinden geben kann.
Wenn ich beispielsweise allein die Ideenvielfalt bei einer Aufgabenstellung betrachte, möglichst viele unterschiedliche Verwendungszwecke für eine Büroklammer zu finden, fasziniert mich bei Kindern das Sprudeln der Gedanken, besonders viele und originelle Ideen zu entwickeln, auf die ich selbst nicht gekommen wäre. (Kinder kennen oftmals nicht den eigentlichen Zweck einer Büroklammer, und dieses Unwissen erlaubt ihnen einen unbefangenen Umgang damit und lässt somit die Büroklammer in neuem Licht erstrahlen.)
„Versagen“ oder „falsch machen“ gibt es bei uns nicht, sondern nur versuchen und neu erschaffen. Unsere Kinder wissen, dass Irrtümer gelassen betrachtet werden und das Entdecken Vorrang vor der Irrtumsvermeidung hat. Das sichere Wissen darum lässt die Kinder auch im kreativen Tun frei schaffen und gestalten. Denn Kinder sind nun mal die geborenen Erfinder, Stauner, Zauberer. Eine alte Decke und zwei Stühle – fertig ist die Höhle. Der blaue Teppich verwandelt sich in den Ozean und der Sandkasten in die Wüste oder in eine Vulkanlandschaft. Wir erleben es Tag für Tag und Stunde um Stunde. Wir erleben die Offenheit des Kindes und bekommen das Kind in seiner Spielnatur und seiner Schaffenskraft zu sehen. Erst wenn ein Kind Ermutigung erfährt, lernt es, zuversichtlich zu sein.
Wie lässt sich dieses schöpferische Potenzial weiter fördern und entwickeln?
Gewiss nicht in Betreuungsanstalten, in denen das Programm im Ausmalen und A usschneiden von Vorgedrucktem besteht. Nein, es sind eher die spielzeugreduzierten Einrichtungen, mit ihren Werkstätten, Labors, Denker-Ecken und vielen Freispielräumen auch im Außengelände, in denen Kinder gemeinsam Aufgaben lösen dürfen, die zu bewältigen ihnen vorher niemand zugetraut hätte – zum Beispiel wie gerade bei uns geschehen, gemeinsam eine Jurte zu bauen oder einen Jurtenteppich zu filzen.
Unsere Jurte ist etwas kleiner als das Original, gerade groß genug für die Kinder, die sich über viele Wochen immer wieder in ihr treffen, um zu beratschlagen, Geheimnisse auszutauschen und Pläne zur Eroberung des Beueler Graslandes zu schmieden. (Beuel heißt unser Stadtteil.)
Beim Bau der Jurte konnte ich erleben, wie ein gemeinsames Erfolgserlebnis das Selbstwertgefühl des einzelnen Kindes und das der Gruppe gestärkt hat. Denn während dieser Arbeit mussten die Kinder ihre Verhaltensweisen aufeinander abstimmen.
Es brauchte auch gemeinsamen Gleichklang und große Ausdauer, einen Teppich in den Ausmaßen 2 Meter mal 1 Meter zu filzen, auch wenn die Kinder schon vorher mit der Technik des Filzens vertraut waren.
Die von den Kindern leuchtend orange und blau bemalte Einrichtung, die Stühle und der Schrank, sind Miniaturausgaben der klassischen mongolischen Einrichtung einer Jurte, wie die Kinder sie im Museum gesehen hatten.
Auch die Pferdekopfgeige, die in keiner Jurte fehlen darf, wurde von den Vorschulkindern eigenständig gebaut.
In den 10 Projektwochen erlebten die Kinder Aktionen, die zeigen, dass auch Kindern in dieser Altersstufe ein Verständnis und eine Annäherung an andere Lebensweisen und eine andere Kultur ermöglicht werden kann – und sie dabei viel Freude empfinden.
Derra, die junge mongolische Studentin, kam in ihrem grünseidenen mongolischen Gewand in den Kindergarten und erzählte von ihrer Kindheit in einer Jurte in der mongolischen Steppe. Viele Fragen konnte sie beantworten, manches blieb offen für Träume und Fantasien. Die Kinder waren durchaus empfänglich für die Geisteshaltung einer naturnahen Kultur, die zum Beispiel die Türschwelle ihrer Behausung, der Jurte, nicht mit den Füßen berührt, damit das Gleichgewicht zwischen den Welten Drinnen und Draußen nicht gestört wird.
Warum es wichtig ist zu dokumentieren
Die Dokumentation der Arbeiten der Kinder (zum Beispiel mit der Digitalkamera) dient nicht nur der abschließenden Präsentation der Ergebnisse des Mongolenprojekts, sondern sie ist vielmehr ein wichtiger Beitrag für den Diskussionsprozess in der Gruppe.
Die Bilder dienen dazu, die Vorschulkinder in Schwung zu bringen und die Denkprozesse der Kinder in der Diskussion miteinander voranzutreiben. Ebenso dienen die Fotos auch als Vorlage zur Orientierung, beispielsweise bei der Gestaltung der bunten mongolischen Möbel. Im Museum selbst durfte natürlich nicht fotografiert werden, aber auf dem Dach des Museums, wo die Jurten standen, konnten wir viele Eindrücke festhalten.
Zudem geben die Fotos jedem Kind auch immer wieder die Möglichkeit, seine Empfindungen, Gefühle, Vorstellungen, Fantasien und Gedanken anzurühren und sie in der Gruppe kund zu tun.
Wie ist im Projekt die Integration der 12 Vorschulkinder gelungen?
Was die Gruppe der Vorschulkinder von Beginn des Projektes an vereinte, waren ihre offene und aufnehmende Haltung und ihr gleich hohes Interesse an den Ausstellungsstücken im Museum. Das war das erste, was diese Gruppe schnell zu einer Interessengemeinschaft verband.
Immer wieder kamen, von Neugierde und Wissensdurst getrieben, die Fragen der Kindern zu dem, was sie in der Mongolenausstellung entdeckten. Des Öfteren bat ich einen Museumswärter, die Kinder zu informieren, was einige mit sichtlichem Stolz auch taten, andere waren mit dieser Aufgabe eher überfordert.
Innerhalb der gemeinsamen Planung waren alle 12 Kinder bereit, zielgerichtet für das Mongolenfest zu arbeiten. Sie hatten alle viel Spaß beim gemeinsamen Gestalten von Möbeln, dem Filzen des Teppichs, dem Bau der Jurte, dem Malen mit Ölfarbe auf Leinwand.
All diese Gemeinschaftserfahrungen, die großen Erfolgserlebnisse und das Tun miteinander, haben die Gruppe sehr gut zu einander finden lassen.
Drei neue Freundschaften haben sich gefestigt. Unsere drei neu aufgenommenen Kinder sind so gut integriert, dass es für Außenstehende nicht zu erkennen ist, um welche Kinder es sich handelt. Die drei ältesten Jungen haben während dieser Zeit gemerkt, dass sie zusammen „ein echt gutes Team sind“, das gemeinsam wirklich viel schaffen kann. Es gibt kein Kind in dieser Gruppe, das sich nicht zugehörig fühlt . Für die Kinder ein riesiger Erfolg in sehr kurzer Zeit!
Wie können wir besonders und hoch begabte Kinder angemessen im Kindergarten fördern?
Ich denke, dass das Kind eine gute Lernumgebung dort vorfindet, wo es selbst frei entscheiden kann, mit welchen Materialien es sich selbstständig auch in Einzelarbeit beschäftigen will. Dabei ist es egal, ob es das frühe Interesse an Zahlen, Zählen und Rechnen ist oder eine große Neugierde für Buchstaben, bis dahin, dass ein Kind sich schon selbst das Lesen beibringt. Stets ist es die Aufgabe der Einrichtung Freiräume bereitzuhalten, in denen sich das begabte Kind in die „Denker-Ecke“, oder in eine Lernwerkstatt zurückziehen und dort individuelle Unterstützung von uns Erwachsenen bekommen kann.
Gute Einrichtungen sollten in der Lage sein, den Bedürfnissen der hoch begabten Kinder gerecht zu werden und sie differenziert zu fördern. Dies kann allerdings zuweilen eine Herausforderung für die Erzieherinnen darstellen. Denn diese Kinder möchten sich oftmals mit Themen beschäftigen, die in vielen Einrichtungen ungewöhnlich sind oder der Schule zugeordnet und darum auf „später“ verschoben werden.
Es sind Kreativität, neue Ideen und Mut zur Veränderung gefragt. Denn ich weiß, dass es nicht notwendig ist, auf alle Fragen von Kindern eine Antwort zu wissen. Wichtiger ist es, sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu machen. Eins habe ich in den letzten Jahren selbst erfahren dürfen: Erst wenn es wirklich gelingt, dass der Kindergarten ein Ort lebendigen Lernens ist, profitieren davon nicht nur besonders begabte, sondern alle Kinder in der Einrichtung.
Wir können dafür sorgen, dass sich die Kinder in einer kreativen Umgebung wohl fühlen, dass sie Vertrauen haben und wissen, wie sie sich selbstverständlich in einem Museum bewegen können, dass wir sie ermutigen auch einmal etwas „Verrücktes“ auszuprobieren – und ihnen helfen, wann immer sie danach verlangen.
Die Kinder können spüren, dass wir selbst neugierig und experimentierfreudig sind, dass wir Geduld und Humor haben und dass bei uns ein Fehler nichts Schlimmes ist, sondern eine in diesem Zusammenhang nicht brauchbare Lösung.
Das Mongolenfest
Zum Höhepunkt unseres Projektes wurde das große Mongolenfest im Kindergarten. Die Kinder hörten die traurige Geschichte der tiefen Liebe eines armen Jungen zu seinem Pferd, ein Nationalmärchen der Mongolei. In einem Reitparcours verwandelten die Kinder sich dann selber in wilde Steppenpferde, und beim Bogenschießen wurden die Jungen zu edlen Kriegern, während die mongolischen Prinzessinnen ihre amazonischen Fähigkeiten bewiesen.
Der mit Derra eingeübte traditionelle Tanz, der im Frühling getanzt wird, wenn die ersten Kälber geboren wurden, sowie das Fladenbrot und der warme Milchreis einte sie schließlich alle.
Ab Mittag durften die Eltern mitfeiern und erlebten eine fröhliche Kindergartenhorde, die sich in den traditionellen Sitten und Gebräuchen der Mongolen gut auskannte.
Siehe auch: Fördern in Projekten
Datum der Veröffentlichung: Januar 2012
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