von Isabel Bonifert-Manig

 

Eines Nachmittags – es waren in meiner Gruppe noch 8 Kinder da – stellte ich eine Schüssel mit Schnee in den Gruppenraum und wartete, was passieren würde. Es war also kein Versuchsaufbau vorbereitet, sondern wir tasteten uns von Versuch zu Versuch.

Jedes Kind arbeitete an einem Einzeltisch und durfte so lange versuchen, wie es wollte und bis es „satt“ war. Sobald ein Kind etwas herausgefunden hatte, schauten alle zu und das Kind erklärte, was es erforscht hat. Ich ließ die Kinder ausprobieren und stellte ihnen – entsprechend ihren Ideen – das nötige Material zur Verfügung, soweit sie es sich nicht selber zusammensuchen konnten. Am Ende setzten wir uns an einen Tisch, und die Kinder diktierten mir, was ich aufschreiben sollte. Jedes Kind hat den Ablauf und seine Schlussfolgerungen nach dem Experiment selber formuliert, so wie es hier notiert ist.

Die Kinder hatten schon Erfahrung mit dem Experimentieren, einige sind besonders begabt.

Aus Gründen der Anonymität wurden die Namen geändert.

1. Michael (4;11 Jahre):

„Schnee wird in einem Töpfchen über die Kerze gehalten.
Schnee schmilzt und wird Wasser. Ich fülle es in ein Glas und gebe es meiner Mama.“

2. Justin (5;0 Jahre):

„Schnee und Salz schmilzt auch, aber langsam. Es entstehen erst so Löcher, dann wird´s wässrig. Es geht auch alles irgendwie an die Wand. Es schmeckt ganz salzig.“

3. Rebecca (4;9 Jahre):

„Blau gefärbtes Wasser und Schnee zusammentun. Es schmilzt. Am Ende habe ich nur blaues, kaltes Wasser.“

4. Marie (5;9 Jahre)

findet heraus, dass „der blaue Schnee erst zu Eis wird – und dann erst Wasser.“

5. Adam (4;9 Jahre):

„Ich schütte kochendes Wasser in den Schnee. Ganz schnell wird alles zu Wasser. Man muss vorsichtig sein mit dem heißen Wasser.“

6. Michael (4;11 Jahre):

„Schnee anzünden. Er wird braun. Die Flamme geht nicht aus, aber es gibt zischende braune Flecken.“

7. Justin und Rebecca:

„Schnee schmilzt auf der Zunge, wird zu Wasser und man kann es trinken.“

(Achtung, Achtung: Mit Eis aus Wasser darf man dies nicht machen. Sehr kaltes Eis klebt an der Zunge fest.)

8. Justin:

„Kerzenwachs in Schnee tropfen. Es gibt einen Klumpen, keine Platte.“

Erstaunlich war, wie knapp und präzise die Kinder formulierten und wie diszipliniert und aufmerksam sie die ganze Zeit über waren. Voraussetzung dafür ist sicher, dass die Kinder viel Zeit, Raum und ungestörte Arbeitsruhe bekommen, um zu probieren und zu reflektieren: Was ist da eigentlich passiert?

Sie haben durch die kleinen Experimente durchaus Neues erfahren und konnten dabei ihre Fähigkeiten zum genauen Beobachten und Formulieren einsetzen. Sie zeigten aber auch eine bereits gut entwickelte Fähigkeit, dicht und genau am Phänomen zu bleiben – für wissenschaftliches Forschen eine wichtige Voraussetzung.

Datum der Veröffentlichung: 10.11.09