Vortrag bei der 4. IHVO-Fachtagung am 5.5.07

von Klaudia Kruszynski

 

Dies ist ein Bericht über das Projekt „Zeit“, das ich in meinem Kindergarten in den Jahren 2004 und 2005 durchgeführt habe.

Es handelt sich um mathematische Förderung hoch begabter Vorschulkinder.

Seit 1989 arbeite ich in einem katholischen Kindergarten im Münsterland als Ergänzungskraft, früher arbeitete ich an einer Grundschule in Polen. Das Thema „Hochbegabung“ war mir damals schon bekannt. Mein Weg, die hoch begabten Kinder zu fördern, war der individuelle Unterricht. Es bedeutete, dass jeder Schüler, besonders der leistungsschwache und auch der begabte entsprechend gefördert wurde.

 

…kurz gefasst…

Am Beispiel eines umfangreichen und vielfältigen Projekts wird gezeigt, dass Mathematik in der alltäglichen Umwelt der Kinder vorhanden ist. Es werden die mathematischen Anteile in dem Projekt herausgearbeitet, wobei deutlich wird, dass die Kinder die Mathematik mit allen Sinnen und ganzheitlich erfassen.
Es geht nicht um ein isoliertes mathematisches Lernen, sondern um eine Förderung, die immer mehrere Entwicklungsbereiche anspricht. Mathematik nicht als Mühsal, sondern als Spiel und Spaß. Deshalb sollten sich auch Erzieherinnen verstärkt an die Mathematik heran trauen.

Die beschriebenen Angebote wurden auf die vertieften und weitergehenden Interessen und Fähigkeiten hoch begabter Vorschulkinder ausgerichtet.

Um dieses Ziel zu erreichen, waren die folgenden Eigenschaften unentbehrlich:

  • Kompetenz und Wissen im und um das Fach.
  • Fähigkeit, das Wissen interessant und ansprechend zu vermitteln.
  • Sorge um jeden Schüler, besonders um den leistungsschwachen und den begabten.
  • Kreativer und unkonventioneller Umgang mit dem Unterrichtsstoff.
  • Neugier.
  • Aufgeschlossenheit.
  • Gerechtigkeit.
  • Humor.

Diese Eigenschaften waren, wie es sich herausstellte, auch sehr hilfreich bei der Förderung hoch begabter Vorschulkinder. Es war für mich sehr spannend und, ehrlich gesagt, anstrengend, mit diesen Kindern zu arbeiten. Sie sind oft sehr negativ aufgefallen, weil sie sich an die Gruppenregeln nicht halten wollten, im Stuhlkreis rebellierten, scheinbar unbegründete Angst oder Wutausbrüche hatten.

Oft habe ich mich nach dem Grund für dieses Verhalten gefragt. Ich merkte, dass diesen Kindern und ihren Eltern wenig Verständnis entgegen gebracht wurde. Alle Kinder sollten mit gleichem Maß betrachtet werden, und es sollte nicht auf besondere Wünsche eingegangen werden. Diese Haltung passte nicht zu meinem persönlichen Ziel, jedes Kind individuell zu betrachten. Ich wollte diesen Kindern helfen. Auch mir selbst.

Vor vier Jahren habe ich an einer Tagung teilgenommen, die Hanna Vock durchgeführt hat, und habe mich danach sofort für die zweijährige Weiterbildung an ihrem Institut angemeldet. Dort habe ich Kolleginnen getroffen, die meine Sorgen verstanden und mich ermutigt haben, mich weiter für hoch begabte Kinder einzusetzen.

Meine Projekt-Arbeitsweise

Ich habe gelernt, Kinder gezielt zu beobachten, um ihre Fähigkeiten, Kenntnisse und Interessen herauszufinden. Auf dieser Basis überlegte ich mir entsprechende Angebote. Sie waren zuerst für die Kinder konzipiert, bei denen ich besondere Begabungen vermutete. Eine längere Beobachtung, Gespräche, Interessenfragebögen bildeten die Grundlage des Angebots. Als Anlass galt meistens eine Frage, Aussage oder ein bestimmtes Verhalten des beobachteten Kindes. Oder ein Ereignis.

Sehr schnell habe ich begriffen, dass man die Hochbegabten nicht gesondert fördern kann. Sie hatten Freunde, die mitmachen wollten, und natürlich interessierten sich auch andere Kinder für diese Angebote. Aus einzelnen Angeboten entwickelten sich größere Projekte, die über einen längeren Zeitraum gelaufen sind und allen Interessierten zugänglich waren.

Mein Ziel war es, das breite Spektrum der kindlichen Entwicklung zu berücksichtigen, von gerade erworbenen Fähigkeiten, in Sätzen zu sprechen, den Stift geschickt führen zu können, das eigene Alter mit Hilfe der Finger zu zeigen usw. bis zum eigenständig Lesen können, Rechnen über 20 – Multiplizieren eingeschlossen -, über das Leben, den Tod und die Vergänglichkeit der Zeit nachzudenken, usw.

Gleichzeitig sollten die Projekte das breite Spektrum der kindlichen Interessen und Kenntnisse beinhalten, von Dinosauriern, Planeten, Autos bis hin zu Zahlen, Büchern, Mechanik, usw.

Diese Projekte waren Praxisaufgaben bei der Weiterbildung.

Ich habe mich entschieden, die Welt zusammen mit den Kindern aus einer mathematischen Sichtweise zu betrachten.

Dadurch wollte ich die wachsenden Interessen aller Kinder an Zahlen und Fertigkeiten beim Rechnen aufgreifen. Gleichzeitig beabsichtigte ich, den hoch begabten Kindern gerecht zu werden. Ich wollte ihnen helfen, Antworten auf ihre weitergehenden Fragen zu finden, und ihre tiefer gehenden Interessen aufgreifen.

Das Gesamtprojekt umfasst mehrere Teilprojekte, die in unterschiedlicher Form abliefen, und zwar als

  • Einzelangebote,
  • Kleingruppenangebote,
  • Großgruppenangebote oder als
  • Gruppen übergreifende Angebote.

Das Projekt wurde so angelegt, dass viele Bereiche der kindlichen Entwicklung angesprochen waren: Wahrnehmung, Feinmotorik, Bewegung (Grobmotorik), Sprache, Denken. Das bedeutete: Die Spanne der Angebote reichte von einfachsten Sinneserfahrungen über gezieltes Tun bis zum philosophischen Nachdenken.

Ich möchte an dieser Stelle meine Vorgehensweise der Hochbegabtenförderung beschreiben. Dabei sind folgende Schritte zu erkennen:

  • Feststellung (Entdeckung) der möglichen Begabung, wobei man meistens nur ein Gefühl hat, dass das Kind anders ist als die meisten Kinder in seinem Alter.
  • Zeit der Beobachtung – seiner Interessen, Kenntnisse, Vorlieben, seines Wissens und Entwicklungsstandes.
  • Überlegung passender Angebote, wobei nicht nur die Erkenntnisse aus der Beobachtung die Grundlage bilden, sondern auch das aktuelle Geschehen, Feste und Gruppen übergreifende Projekte.
  • Durchführung des Angebots mit gleichzeitiger Beobachtung der Kinder und einer Reflexion. An dieser Stelle schaut man, ob das Angebot auch das Interesse anderer Kinder weckte – auch die sollten genauer beobachtet werden, weil oft unerkannte Begabungen in ihnen stecken können.
  • Weiterentwicklung – die Erfahrungen, gesammelten Kenntnisse, entstandenen Fragen usw. werden berücksichtigt.
  • Durchführung neuer Angebote, Beobachtung, Reflexion.

So kann es passieren, dass ein Projekt sich über Monate hinzieht, ständig neue Inhalte bekommt, aber immer den Leitfaden behält.

Die ausführliche Darstellung der Angebote können Sie im Beitrag Projekt Zeit hier im Online-Handbuch nachlesen. Dort erfahren Sie auch etwas darüber, wie ich die Projekte methodisch angelegt habe.

An dieser Stelle beschreibe ich die Projekte nur knapp, weil es hier darauf ankommen soll, die mathematischen Inhalte des Projekts herauszuarbeiten.

Das Projekt „Zeit“

In den Jahren 2004 und 2005 hatte ich das Glück, mehr als ein besonders begabtes Kind in der Gruppe zu haben. (Ich kann hier nicht von Hochbegabung sprechen, weil diese Kinder zu dieser Zeit nicht getestet waren.)

Dazu gehörten zwei Jungen, Tim, 5 Jahre und Jan, 4 Jahre alt. Sie verstanden sich sehr gut, es entwickelte sich eine wunderschöne Freundschaft zwischen den Beiden. Im Laufe des Projekts kam noch ein weiteres Kind dazu, bei dem sich eine hohe Begabung herausstellte.

Tim interessierte sich besonders für Autos. Er hatte eine Sammlung Karten mit verschiedensten Automarken, wusste den Hersteller, die technischen Parameter, die Höchstgeschwindigkeit und den Preis.

So konnte er mit vier Jahren die fünf- und sechs-stelligen Zahlen nicht nur lesen, sondern auch vergleichen.

Sein Freund Jan war ein Tüftler. Er baute unterschiedliche Objekte, die sich bewegen sollten. Am besten klappte es an Opas Computer, trotzdem versuchte er aus dem Vorhandenen auch im Kindergarten seine Raumschiffe zu bauen, wobei seine ungeübten Finger noch sehr viel Mühe damit hatten.

Tim und Jan beschwerten sich ständig, dass sie nie genug Zeit zum Spielen hätten, die besten Spielecken wären schon immer belegt, wenn sie darin spielen wollten.

Also haben wir angefangen zu schauen, was die Ursache wäre. Die Tatsache war klar – ihnen fehlte Zeit. Also besorgte ich einen Zeitmesser, eine Uhr. Die meiste Zeit verbrachten sie am Frühstückstisch. Sie haben jeden Tag selbstständig die Uhr zu Beginn des Frühstücks aufgestellt und am Ende die Zeitdauer auf einem Blatt aufgeschrieben. Sie merkten schnell, dass es sehr unterschiedlich sein konnte. Sie malten auf dem Blatt auch auf, was sie zu essen hatten.

Sie setzten sich ein Zeitlimit und versuchten, schneller als der Timer zu werden. So wurden die anderen Kinder auf das Geschehen aufmerksam. Und dann wollten viele ihre Frühstückszeit messen und mit dem Timer um die Wette eilen. Auch sie bekamen ihre Mess-Blätter und schrieben ihre Ergebnisse darauf. Eines Tages brachte ich Streifen mit 270 Kästchen mit – für die gesamte Vormittagszeit von viereinhalb Stunden – und regte die Jungen an, so viele auszumalen, wie viele Minuten sie zum Frühstücken gebraucht haben. Und so bekamen sie ihre Antwort.

Die Uhr wurde von den Kindern auch zu anderen Messungen genutzt.

Erstens: Wie lange dauert eine Minute?

Das erste, was wir gemessen haben, war die Dauer eines Liedes, mal schnell mal sehr langsam gesungen. Alle Ergebnisse waren in Minuten.

Aber wie lang ist denn eine Minute?

Die Kinder sollten die Augen so lange geschlossen halten, wie sie glaubten, dass eine Minute dauern würde. Schon nach ein paar Sekunden öffneten die ersten ihre Augen wieder. Zu früh!

Also versuchten sie es noch mal. Es war nicht einfach, wir benutzten den Timer.

Sie beobachteten, wie die Zahlen sich veränderten – wie sie immer kleiner wurden. Und bei Null klingelte es.

Danach wurden andere Tätigkeiten bemessen, unter anderen wie lange man für ein Bilderbuch braucht. Wir starteten die Uhr und… da fing Tim an, das Buch zu lesen. Mit ein wenig Mühe, die längeren Wörter buchstabierend, kämpfte er sich durch das Buch. Nach etwa neun Minuten war er fertig.

Wir alle waren sprachlos, keiner hatte gewusst, dass er schon lesen konnte. Sein jüngerer Freund sagte traurig, er würde auch so gerne lesen können.

In diesem Angebot wurden folgende mathematische Inhalte berücksichtigt:

  • Wahrnehmen der Dauer einer Minute
  • Schätzen der Dauer einer Minute
  • Begreifen der Zahl als Menge
  • Begreifen der Zahl als Position/Reihenfolge
  • Wachsen der Zahlen
  • Minute als Einheit zum Zeitmessen
  • Minute als 60 Sekunden
  • Minute als 1/60 einer Stunde
  • Erspüren des Rhythmus und der Geschwindigkeit
  • Bedienung einer Uhr

Die hoch begabten Kinder beschäftigten sich mit diesen Inhalten weit intensiver. Sie stellten Fragen, suchten selber nach Antworten, experimentierten, bauten ihr neu erworbenes Wissen in ihre Spiele ein. Zum Beispiel: Als sie Raumhafen spielten, starteten ihre Raketen nach einem Countdown, natürlich mindestens bei 20 angefangen.

Hochbegabtenförderung:

 

– Begreifen der Minute als Maßeinheit

– Vergleichen der analogen und digitalen Methoden der Zeitmessung

– Erklären des Funktionierens und Verwendung des Countdowns

– Schätzen der Dauer verschiedener Tätigkeiten

– Verschiedener Messungen und Aufschreiben der Ergebnisse

– Sekunde, Stunde und andere Einheiten der Zeitmessung

Seit diesem Tag blieb unsere Uhr nicht mehr am Platz stehen; es wurde gemessen, geklingelt, immer mehr Kinder interessierten sich für das Thema.

Zweitens: Turnangebot

Als die Kinder gelernt hatten, mit der Uhr umzugehen und die Zeiten aufzuschreiben, beschlossen sie, die Uhr zum Turnen mitzunehmen.

Als Zeitdetektive haben sie die Zeit gemessen, aufgeschrieben, Kommandos gegeben. Nebenbei merkten sie, dass es nicht einfach ist, in der Gruppe für die nötige Ordnung und Ruhe zu sorgen.

Beim Turnen wurden Karten mit Tiersymbolen: Schnecke, Igel, Hase genutzt. Es gab auch kleine Kärtchen mit den Tiersymbolen, die die Kinder später nach dem Zufall zugeteilt bekamen.

Mathematische Inhalte:

  • Zeit Messen
  • Aufschreiben der Zeiten
  • Vergleichen der Zeiten
  • Verschiedene Geschwindigkeiten: langsam, mittel, schnell
  • Zuordnen der Geschwindigkeiten zu den Tieren: Schnecke, Igel, Hase
  • Bewusstes Bewegen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten
  • Verschiedene Entfernungen: nah, weit
  • Kombinieren von Geschwindigkeiten und Entfernungen
  • Vergleichen der gemessenen Zeiten

Bei diesem Angebot würde ich Ihnen gerne zeigen, wie ich durch Bewegung mathematische Grundlagen entwickele. Wie Ihnen bekannt ist, brauchen Kinder konkrete Erfahrungen, damit sie später in ihren Gedanken abstrakte Operationen durchführen können.

Schon bevor sie zählen können, sind sie in der Lage, die Mengen durch ihr Tun zu erfahren. Sie spüren es, dass sie mehrere Schritte machen oder dass sie schneller laufen. Sie merken es an ihrem Atem, spüren, dass die Beine müde geworden sind. Sie erfahren, wie sie durch ihr Bewegen den Platz wechseln, sie sehen, welche Strecke sie bewältigt haben. Am Anfang ist die Bewegung spontan und eher zufällig, aber mit der Zeit wird sie zielgerichtet und durch den Willen gesteuert.

Gleichzeitig lernen Kinder, dass sich auch die Welt um sie herum bewegt: die anderen Menschen, Tiere, Fahrzeuge. Auch hier erkennen Kinder verschiedene Geschwindigkeiten und erfahren, dass es sich dabei um verschiedene Entfernungen handeln kann.

So wissen sie, dass eine Schnecke sehr langsam ist und viel Zeit braucht, um eine Entfernung zu bewältigen. Der Igel ist schneller und der Hase am schnellsten.

Durch das Nachahmen der Tiere lernen Kinder bewusst die Geschwindigkeit zu wechseln. Sie erfahren auch, dass sie als Schnecke sehr lange brauchen, um auf die andere Seite der Turnhalle zu kommen.

Die hoch begabten Kinder sind schon früher in der Lage, die Geschwindigkeiten zu erkennen und den Tiersymbolen zuzuordnen. Ihre Aufgabe ist viel abstrakter und komplexer. Sie orientieren sich nicht mehr am eigenen Körperbefinden, sondern nutzen ihre Erfahrungen und ihr Wissen. Bei dem Spiel müssen sie sich zuerst ein Kind aus der Menge aussuchen, es eine Weile beobachten und schnell dem Tierkärtchen zuordnen. Sie können auch schon die vielen Schritte zählen, die Zeit messen, aufschreiben und vergleichen.

 

Hochbegabtenförderung:

– Zeit messen und aufschreiben

– Vergleichen der Ergebnisse

– Entwickeln eigener Ideen, Vorschläge

Drittens: Sonnenuhr

Aber die Geschichte von der Zeit entwickelte sich weiter. Die Frage, woher man weiß, wie spät es ist, wurde schnell beantwortet – von der Uhr. Aber woher die Uhr es weiß, oder was dann ist, wenn man keine Uhr dabei hat, das war schon nicht so einfach zu beantworten. Ich besorgte Bücher über die Zeit und über Uhren. Daraus erfuhren die Kinder, wie man in früheren Zeiten die Zeit gemessen hat. Besonders interessant war die Sonnenuhr.

Es war erstaunlich einfach, eine Sonnenuhr zu bauen, man brauchte dafür nur einen Stock. Aus dem Buch wussten die Kinder, dass man auch die Sonne dazu braucht, weil der Schatten der Zeiger ist. An einem sonnigen Vormittag gingen sie in den Garten und steckten einen Stock zwischen Steinplatten. Die Uhr funktionierte sofort. Nur, wie spät war es eigentlich?

Mathematische Inhalte:

  • Wahrnehmung der Veränderungen der Position und der Länge des Schattens
  • Relation: Sonne + Stock in der Erde = Schatten /
    Keine Sonne: kein Schatten
  • Bewegung der Sonne – Zeitvergehen
  • Vorausdenken
  • Schlüsse ziehen
  • Zeit aufschreiben

Bei diesem Projekt konnten alle Kinder eine mathematische Relation praktisch begreifen: Sonne + Stock in der Erde = Schatten und erfahren, was passiert, wenn ein Teil der Relation nicht mehr vorhanden ist.

Sie verstanden, dass die Wanderung des Schattens eine Zeitveränderung bedeutet.

Die hoch begabten Kinder konnten das Funktionieren der Sonnenuhr so gut nachvollziehen, dass sie in der Lage waren, die Position des Schattens zu schätzen – auch ohne die Sonne oder zu späteren Zeitpunkten. Sie erkannten auch die Nachteile dieser Art, Zeit zu messen.

Hochbegabtenförderung:

– Erkennen des Prinzips, wie eine Uhr funktioniert
– Suchen einer geeigneten Stelle für die Sonnenuhr
– Systematische Beobachtung
– Schreiben der Uhrzeiten
– Voraussehen der Veränderung
– Berichten, anderen Kindern erzählen, wie die Uhr funktioniert
– Vergleichen der Funktionalität der Sonnenuhr mit der anderer Uhren
– Schlüsse ziehen

 

So begriffen sie, dass die Sonnenuhr zum Zeit zeigen ungeeignet war.Also beschlossen wir, die Zeit doch mit modernen Uhren zu messen.

Viertens: Uhr bauen

Wie funktioniert eine Uhr?

Das ist eine Frage, die sich einige Kinder gestellt haben. Wenn man einen alten Wecker öffnet, sieht man sehr viele Metallräder und Achsen, beim Schütteln bewegen sie sich. Sie sind aber so klein, viel zu fein für die Kinderhände.

Aus einem Versandkatalog bestellte ich einen Uhr-Bausatz. Die Teile waren aus Kunststoff, groß genug, und ich versprach mir, meinem „Tüftler“ viel Freude damit machen zu können.

An einem Nachmittag war es so weit. Er packte die Einzelteile aus, überprüfte, ob alle da sind. Er schaute sie sich genau an, dann breitete er die Bauanleitung aus. Systematisch und geduldig legte er die Räder in die Fassung, Schritt für Schritt. Dann schloss er das Gehäuse, drehte an der Feder und wartete. Die Uhr ging ein paar Sekunden und blieb stehen. Also baute er sie noch mal auseinander und studierte noch genauer die Anleitung. Voll Zuversicht startete er noch mal, leider mit dem gleichen Ergebnis. Auch ich habe die Uhr zusammengesetzt, sie funktionierte nicht richtig. Er nahm sie mit nach Hause und wollte seinen Opa um Hilfe bitten.

Was aber positiv bei diesem Versuch war: Der Junge konnte sich ganz genau vorstellen, wie die Zahnräder ineinander greifen werden, wie sie die Zeiger treiben und wozu das Pendel dient. Er zeigte sehr viel Geduld, wollte selber das Problem lösen, überprüfte seine Vorgehensweise mehrmals und wusste, wo er sich Hilfe holen kann.

Wo sind die mathematischen Inhalte beim Bauen einer Uhr? würden sich Einige fragen. Die Zahlen auf dem Zifferblatt, die Zähne der Zahnräder, verschiedene Drehgeschwindigkeiten der Räder, das sind Inhalte, die Jeder als mathematische Inhalte erkennen würde. Aber es gibt noch mehr Mathematik in diesem Angebot.

Mathematische Inhalte:

  • Zuordnen der Teile zu den Abbildungen
  • Vergleichen der Zahl der Zähne, der Größe der Räder
  • Verständnis einer Anleitung und Einsicht in die Notwendigkeit der richtigen Reihenfolge
  • Verschiedene Geschwindigkeiten unterschiedlicher Räder

Die hoch begabten Kinder sind in der Lage, eine Bauanleitung richtig zu lesen, sie zu verfolgen und so zum Ergebnis zu kommen. Sie lassen sich durch die Misserfolge nicht entmutigen, sondern forschen nach Ursachen, wiederholen ihre Versuche. Sie begreifen das Zusammenspiel der Zahnräder und erklären den anderen Kindern, wie die Uhr funktioniert.

Hochbegabtenförderung:

– Lesen der Anleitung

– Organisieren der Arbeit

– Kontrolle

– Erklären der Funktion

– Begreifen der mechanischen Prozesse – wieso bewegen sich die Zeiger?

Fünftens: Kunst-Projekt

Eines Tages brachte ich meine Uhrensammlung mit in den Kindergarten. Ich legte sie auf ein Tuch, dazu hörten wir die CD mit „Time“ von Pink Floyd. An der Wand hing eine Abbildung des berühmten Bildes von Salvador Dali mit den hängenden Uhren.

Ich ließ den Kindern Zeit, um alles wahrzunehmen. Sie nahmen die Uhren in die Hände, hielten sie ans Ohr, drehten an den Rädchen, verglichen.

Das „Philosophische Gespräch“ mit den Kindern möchte ich Ihnen in Kürze darstellen:

„Wie fühlen sich die Uhren an?“
“Fest, kalt, hart.“

„Fühlt sich die Zeit auch hart an?“
“Die Zeit ist nicht hart, sie ist weich.“

„Kann man die Zeit in die Hand nehmen?“
“Nee…“ alle mussten lachen, ein Junge machte Kreisbewegungen und sagte: „Die Zeit läuft immer so.“

„Stimmt, es gab einen Maler, der das Gleiche gedacht hat, die Zeit kann man nicht halten, weil sie ständig weiter läuft und er hat es auf seinem Bild gemalt.“

So betrachteten die Kinder das Bild.

„Was ist auf diesem Bild hart?“
“Die Berge, der Tisch, der Baum…. Nein, der Baum ist nicht hart, er sieht tot aus, aber wenn die Uhr weiter tickt, dann kommt der Frühling, und der Baum lebt.“

„Und was ist auf dem Bild weich?!“
„Die Uhren, sie zeigen die Zeit, und die Zeit ist nicht tot, sie geht immer weiter.“

Die Natur der Zeit haben die Kinder wirklich verstanden, sie unterschieden auch zwischen der Zeit und dem Messgerät Uhr, was am Anfang des Projektes gar nicht so klar war.

 

Wir beschlossen, das Bild von Salvador Dali nachzumachen.

Bei diesem Projekt konnten sich alle Kinder aus der Gruppe beteiligen. Jeder brachte sein Können und Wissen ein. Bei einigen Kindern war es schon eine besondere Leistung, die Zahlen auf der Uhr lesen zu können und ihre Verwendung zum Zeitmessen zu begreifen. Die anderen konnten die Zahlen in der richtigen Reihenfolge ordnen. Nebenbei erkannten sie, dass sich der Weg der Zeiger auf der Uhr ständig wiederholt, dass nach zwei Runden ein neuer Tag beginnt und dass es damit kein Ende hat, weil auch die Zeit weiter läuft und kein Ende hat. Genauso wie ein Kreis keinen Anfang und kein Ende hat.

Alle Kinder machten unterschiedliche Sinneserfahrungen. Sie fühlten, wie hart die Oberfläche einer Uhr ist, wie weich die Modelliermasse ist, sie hörten Musik, betrachteten das Bild von Salvador Dali, mischten Farben beim Malen, benutzten verschiedene Materialien zum Gestalten.

Die hoch begabten Kinder erkannten durch diese Sinneserfahrungen den Sinn der Zeit – ihre „weiche“, sich ständig bewegende Natur. Sie erkannten, dass sich Manches in dieser Bewegung wiederholt, aber gleichzeitig auch verändert, dass der Baum immer wieder im Frühling neue Blätter bekommt, aber wenn viele Jahre vergangen sind, stirbt er. Genauso ist es mit den Menschen.

Das, was sich dagegen hart anfühlt, verändert sich nicht, lebt nicht, so wie die Uhren und die Berge. Ihre Zeit kann „unendlich“ werden.

Weil dieses Projekt so komplex war und einen großen Anklang bei den Kindern fand, kamen bei einigen bis jetzt unerkannte Begabungen zum Vorschein. Ein vierjähriger Junge zeigte, dass er die Zahlen lesen und ordnen konnte, ein anderer, der sonst immer vor den Angeboten flüchtete, benutzte seine Ellenbogen, um sich einen Platz beim Gestalten zu erkämpfen. Ich staunte über seine hohe Motivation und Ausdauer.

Mathematische Inhalte:

  • Wahrnehmen der Vergänglichkeit der Zeit
  • Wahrnehmung der Veränderungen in der Zeit
  • Tempo der Veränderungen: schnell, langsam, „keine“ Veränderung
  • Zuordnen der Geschwindigkeiten zu den Objekten: Uhr tickt schnell, Baum verändert sich im Jahres-Rhythmus, die Berge fast gar nicht
  • Kreis als eine adäquate Form zum Darstellen einer Uhr – die Zeiger bewegen sich im Kreis, unterschiedlich schnell
  • Aufbau einer Uhr
  • Zahlen
  • Bedeutung der Zahlen auf der Uhr
  • Gestalten/Formen der Zahlen
  • Richtige Reihenfolge der Zahlen auf der Uhr

Hochbegabtenförderung:

– Aktive Beteiligung an der Diskussion
– Erkennen der Zustände, Prozesse
– Entwickeln eigener Ideen
– Erklärungsversuche: Was war der Grundgedanke?
– Feinmotorische Tätigkeiten (Kneten)
– Beteiligung an gestalterischen Tätigkeiten
– Erklären, Bericht an die Zuschauer

Das fertige Bild bekam einen Sonderplatz im Raum und wurde den Eltern von den Künstlern erklärt.

 

Sechstens: Zähne putzen

Bei diesem Projekt beschäftigten wir uns mit Algorithmen. Der Begriff des Algorithmus ist ein zentraler Begriff der Mathematik.

Siehe auch: Grundideen der Mathematik .

Er bedeutet: eine Folge von Anweisungen (Schritten), die einen Prozess definieren, der mit gewissen Dateneingaben beginnt und nach endlicher Zeit ein eindeutig bestimmtes Resultat liefert.

Jede sinnvolle, gewollte Tätigkeit könnte man als einen Algorithmus darstellen.

Zum Beispiel „Zähne putzen“.

Eines Tages fragte ich einige Kinder: „Was muss man Alles tun, um die Zähne sauber zu bekommen?“ Ich bekam sehr viele Antworten, alles Mögliche durcheinander.

„Wie werdet ihr das einem erklären, der sich noch nie Zähne geputzt hat?“

Gemeinsam haben wir uns vorgestellt, wir wären im Waschraum und wollen Zähne putzen.

Also fingen wir mit dem Becher holen an. Den Becher füllen wir mit Wasser, spülen den Mund aus. Dann die Zahnpastatube aufmachen, eine kleine Menge Zahnpasta auf die Bürste rausdrücken, Zähne bürsten: oben, unten, Kauflächen hin und her, Seiten kreisend, ausspucken, den Mund spülen, den Becher und die Zahnbürste sauber machen, weg bringen, den Mund abtrocknen, fertig.

Mathematische Inhalte:

  • Algorithmen
  • Erkennen der Einzelschritte bei einer komplexen Tätigkeit
  • Richtige Reihenfolge führt zum Ergebnis
  • Alle Einzelschritte sind notwendig zum Erfolg

Hochbegabtenförderung:
– Durchdenken des Ablaufs einer komplexen Tätigkeit

– Erstellen einer Kette: Ursache-> Zustand-> Aktion->Auswirkung

– Überlegungen: „Was passiert, wenn ich ein Teil der Kette weg lasse?“

– Überlegungen: „Was passiert, wenn ich die Reihenfolge ändere?“

Algorithmen regeln den Ablauf und bringen uns sicher zum Ziel, wenn wir alle Schritte in der richtigen Reihenfolge machen. Auch mathematische Operationen sind Algorithmen. Einer der ersten ist, wie man eine Zahl schreiben muss, später: wie man addiert und andere Rechenarten vollzieht, welchen Weg man gehen muss, um eine unbekannte Zahl zu finden, eine Funktion zu bestimmen usw.

Den hoch begabten Kindern machte es viel Spaß, verschiedene Algorithmen zu bestimmen. Wir nannten es Rezepte.

Für das „Zähne putzen – Rezept“ machten wir eine Fotoreihe. Wir klebten die Bilder auf einen Streifen und hängten das Rezept im Waschraum auf.

 

Siebtens: Bohnen züchten

Zum Jahreswechsel singen Kinder sehr viele Lieder, aber eins ist besonders beliebt – es ist „Die Jahresuhr“:

„Januar, Februar, März, April – Die Jahresuhr steht niemals still – Mai, Juni, Juli, August – wecken uns allen die Lebenslust. September, Oktober, November, Dezember – und dann, und dann fängt Alles wieder von Vorne an!“ (Kann man wie einen Rap singen.)

So begreifen die Kinder, dass man die Zeit mit den Jahren messen kann, z. B. das menschliche Leben oder das Leben der Pflanzen. Das menschliche Leben dauert sehr lange, das wissen schon die Kinder, aber man kann versuchen, das Leben einer Bohnenpflanze zu messen.

So starteten wir ein Gärtnerprojekt. Die Kinder setzten die Bohnenkerne verschiedenen Bedingungen aus:

  • im Wasser/ ohne Wasser
  • in einer offenen Schale/ in der dunklen Filmdose
  • in der Erde/ ohne Erde
  • im offenen Behälter/ im geschlossenen Behälter

Die Bohnen wurden jeden Tag begutachtet, ein Kind dokumentierte die Veränderungen in einer Tabelle, und zum Schluss wurden die Bohnen mit einer Zahl fotografiert, die dem Experimenttag entsprach. So erlebten die Kinder, wie sich das Leben in der Zeit entwickelt und dann wieder verkümmert.

Als die Bohnen geerntet wurden, haben einige Kinder grafisch dargestellt, wie viele „Kinder–Bohnen“ eine „Mutter–Bohne“ hat. Dafür untersuchte jedes Kind eine ganze Pflanze. Danach wagten wir vorauszusehen, wie viele „Enkel–Bohnen“ wir dann nächstes Jahr bekämen.

So lange haben wir nicht gewartet, wir erstellten ein Bilderbuch über einen Zwerg, der im Herbst seine Freunde zum Bohneneintopf einladen wollte. Wir haben auch selbst gekocht, so endete die Zeit der Bohne in unserem Bauch.

Bei diesem Projekt beobachteten die Kinder nicht nur das Wachstum der Bohnenpflanzen. Sie beobachteten auch das Wachstum der Zahlen.

Beim täglichen Dokumentieren legten sie die Zahl, die dem Versuchstag entsprach. Es fing mit „1“ an, am nächsten Tag war „2“ dran, am dritten „3“ und so weiter. Die Zahlen wuchsen immer um „1“. Bis zum Erntetag.

Es war besonders spannend, als die Zahl die Zehn überschritten hat – wie schreibt man „11“? Dann die nächste Hürde. Wie wird „21“ geschrieben? „1“ und „2“ oder „2“ und „1“? Manche Kinder wussten schon genau, wie die großen Zahlen geschrieben werden, die anderen lernten daraus und machten eigene Vorschläge. Sie verstanden, dass man die Zahl „umgekehrt“ schreibt.

Aber nach der Ernte erlebten die Kinder noch eine Art des Wachstums der Zahlen: die Potenz. Aus einer Bohne entstanden 15 „Kinder-Bohnen“. Wenn man sie alle nächstes Jahr in die Erde einpflanzen würde, dann hätte man 15 mal 15 „Enkel-Bohnen“ bekommen, und wenn man sie wieder alle züchten würde, dann hätten wir 15 mal 15 mal 15 „Urenkel–Bohnen“ bekommen. Die hoch begabten Kinder versuchten sich die Zahl vorzustellen. Ich habe ihnen vorgeschlagen, es aufzumalen. Es waren sehr viele neue Bohnen. Auf diese Weise konnte man nach ein paar Jahren zu einem wahren Reichtum kommen. Aber wer mag nur Bohnen essen?

Was macht man mit so vielen Bohnen? Man kann sie gegen etwas anderes tauschen, z. B. gegen Kartoffeln, oder Möhren. Man kann die Bohnen verkaufen und sich etwas zum Anziehen kaufen.

So begriffen die hoch begabten Kinder, wie Wirtschaft funktioniert. Genauso ist es mit dem Getreide: Der Bauer kann sein Korn, das er nicht aufbrauchen kann, verkaufen und sich für das Geld andere Sachen kaufen.

Mathematische Inhalte:

  • Wahrnehmung der Veränderungen in der Zeit/Wachstum /Sterben
  • Schreiben der Zahlen in wachsender Reihenfolge
  • Veränderung der Mengen
  • Zusammenrechnen (Bohnenkinder)
  • Potenz – Erkennen des Phänomens der „Vermehrung“
  • Tausch/ Handel/ Preis
  • Voraussehen der zukünftigen Ergebnisse aufgrund der Erfahrungen

Hochbegabtenförderung:
– Dokumentation des Versuches
– Ausfüllen von Beobachtungsblättern
– Verantwortung für den Ablauf des Versuches übernehmen
– Zählen größerer Mengen
– Addieren und Subtrahieren/ Darstellung
– Koordinierungstätigkeiten bei der Herstellung des Bilderbuches
– Nachvollziehen der Lebensmittelgewinnung durch einen gezielten Anbau
– Nachvollziehen des Handels als Tauschgeschäft
– Nachvollziehen von Wirtschaftsbeziehungen

Achtens: Zeit-Rolle

Die vielen Angebote und Gespräche über die Zeit brachten auch die Frage, wie lange geht die Zeit schon, wann hat sie angefangen? Da wusste Jan genau bescheid: mit dem Urknall. Vor Milliarden Jahren. Und wie lange ist das her?

Um es den Kindern zu verdeutlichen, habe ich eine etwa zwanzig Meter lange Papierbahn benutzt, die zu einer Rolle aufgerollt wurde.

In der Mitte der Rolle war auf dem Papier noch nichts, so wie am Anfang des Universums. Der feste Kern war dunkel, es war der Urknall. Dann bemalte ich die obere Seite der Rolle, ausgehend von Rot in der Mitte, über Orange, Gelb bis Grün. Unser Weltraumexperte konnte es wunderbar nachvollziehen und erklärte den anderen Kindern: Am Anfangs war Nichts, dann knallte es, es entstanden Sterne und Planeten, und es war Alles noch sehr heiß, dann hat es sich abgekühlt, und als es auf der Erde grün wurde, da waren es die Pflanzen und die Tiere. Und natürlich nicht solche wie heute, sondern Dinosaurier. Aber es ist schon lange her, und die sind ausgestorben.

Das wussten auch schon andere Kinder.

Also das andere Ende der Rolle, das ist Heute. Wenn man die Rolle abwickelt, geht man in der Zeit zurück, bis in die Dinosaurier-Zeit. Das haben wir auch getan, einige Kinder malten ein paar Dinos, andere schauten sich Bücher an über die Geschichte der Erde. Nach einigen Tagen bevölkerten schon mehrere Dinos die Zeit-Rolle.

Bei diesem Projekt waren es die hoch begabten Kinder, die den anderen die Zeit erklärt haben. Es war erstaunlich, wie viel Wissen sie zu diesem Thema schon hatten. Besonders Jan verstand, wie die Materie im Weltraum zum Leben erwachte. Er wusste, dass es Milliarden Jahre gedauert hat, bis sich die Erde abgekühlt hat, so dass die ersten Pflanzen und Tiere sie bevölkern konnten. Er konnte die Zeit noch auf eine andere Weise messen, nämlich mit den wichtigsten Ereignissen.

So weckte er auch bei den Anderen das Interesse an der Erdgeschichte.

Er suchte bei mir nach Bestätigung seines Wissens und die gab ich ihm. Ich brachte in die Gruppe Bücher mit, in denen man das Entstehen des Lebens betrachten konnte. Erst kurz vor dem Ende entdeckten die Kinder die ersten Menschen.

Zu dieser Zeit sah die Erde anders aus als heute, es gab keine Häuser, keine Straßen mit Autos, die Menschen trugen Kleider aus Fell. Sie lernten Feuer anzuzünden, aßen zum ersten Mal gegartes Fleisch. Wie viele Menschenleben hat es gedauert, bis man so lebt wie heute?

Plötzlich erkannten die Kinder, dass es sehr großen Zahlen gibt, sie konnten sie nicht benennen, aber durch das Betrachten der Geschichte haben sie ihr Ausmaß nachvollzogen. Sie wissen, dass die Zeit weiter läuft, keiner weiß wie lange noch, also die Zeit ist unendlich, wächst mit jeder Sekunde, Minute, mit jedem Jahr usw.

Die Zeit bewegt sich nur in eine Richtung, aber man kann an die Vergangenheit denken – man kann nicht die Dinosaurier jagen, aber man kann sie in der Zeit-Rolle malen.

Immer wieder holten sich Kinder die Rolle und malten darin. Wenn sie Dinosaurier und Urmenschen malen wollten, mussten sie sehr viel abwickeln. Für die erste Lokomotive nicht so viel, noch weniger für die Autos. Eine der neuesten Erfindungen der Menschen, das Handy, malt man am offenen Ende.

Mathematische Inhalte:

  • Unendlichkeit der Zeit
  • Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
  • Bewegung in der Zeit: vorwärts und rückwärts
  • Zeiteinheiten: Sekunde, Minute, Stunde, Tag, Monat, Jahr, Jahrzehnte, Ära
  • Tempo der Veränderungen – immer schneller
  • Menge der Veränderungen – immer mehr
  • Gespür für Relativität der Länge des Lebens

Hochbegabtenförderung:
– Einbringen von Wissen über das Phänomen Zeit
– Einbringen von Wissen über das Weltall
– Einbringen von Wissen über die Geschichte der Erde
– Verständnis für große Zahlen entwickeln
– Nachvollziehen von Veränderungen in der Zeit
– Nachvollziehen der Unumkehrbarkeit der Zeit
– Nachvollziehen der Gesetze der Natur

Dieses Projekt dauerte viele Monate.

Es brauchte seine Zeit, die Zeit zu begreifen. Und der einzige Weg war natürlich, viele Erlebnisse in einer Kette zu erleben.

Um das Vergehen der Zeit zu verstehen, kann man die Ereignisse dokumentieren und bei einer späteren Betrachtung sich daran erinnern.

Jedes Thema eignet sich, um die verschiedenen Begabungsarten der Kinder zu erkennen und zu fördern. Zu jedem Thema kann man verschiedene Angebote durchführen, die mehrere Bereiche der kindlichen Entwicklung ansprechen.

Das Ansprechen mehrerer Sinne stärkt die Aufmerksamkeit, verlängert die Konzentrationsdauer und erschafft eine besondere Atmosphäre, die die Motivation begünstigt.

Durch Einbeziehen von individuellen Begabungen und Stärken wird die Zugehörigkeit des Einzelnen zur Gruppe gestärkt. Die Gruppe profitiert von Begabungen der Einzelnen, bekommt Anreize und wird bei der Entwicklung stimuliert.

  • Mathematische Förderung steckt in allen Bereichen der Arbeit mit Kindergartenkindern.
  • Sie muss nicht die schulischen Inhalte vorziehen.
  • Sie fängt bei einfachsten Funktionen an, wie Ordnen, Sortieren, Pärchen suchen und ist nach oben offen. Die Fähigkeiten und Interessen der Kinder entscheiden, wie weit sie sich vorwagen wollen (Mengen erfassen, Zahlen lesen, Zahlen schreiben, rechnen).
  • Mathematische Förderung gelingt besonders gut, wenn alle Sinne angesprochen werden, auch Bewegung.

Eine besondere Ausbildung im mathematischen Bereich zum Fördern hoch begabter Vorschulkinder ist nicht notwendig, aber wichtig sind:

  • Aufmerksamkeit,
  • Gefühl für Rhythmus und Ordnung,
  • Spaß am Rechnen,
  • spielerischer Umgang mit Zahlen und mathematischen Operationen,
  • Kreativität,
  • Mut zum Neuen.
  • Austausch der Ideen unter Kolleginnen,
  • Betrachten der vorhandenen Spiele unter dem mathematischen Aspekt.
  • Positive Verstärkung der Kenntnisse und Interessen der Kinder,
  • Kleingruppenarbeit für die Kinder, die ähnliche Interessen und Fähigkeiten (Begabungen) haben.

Jeder Anlass im Kindergarten ermöglicht uns Erzieherinnen, Kinder in die faszinierende Welt der Mathematik zu führen.Es geht dabei um die Entwicklung des Verständnisses von Zahlen, Mengen, Operationen, Effekten und Phänomenen.

Wir dürfen es nicht vergessen, dass die Kinder, schon lange bevor sie in den Kindergarten kommen, etliche Erfahrungen auf mathematischem Gebiet gesammelt haben.
Es ist keine neue Welt, die man an die Kinder heranführt, deshalb sollten sie von uns mit Natürlichkeit und ohne Angst vor eigener Inkompetenz weiter begleitet werden. Es ist ja auch selbstverständlich, dass der Kindergarten kein Ort für das mühsame Üben vom „Zahlenschreiben“ ist. Dafür ist schon die Schule zuständig.

Alles andere kann sich zu einem wunderbaren Abenteuer entwickeln.

 

Copyright © Klaudia Kruszynski 2006, siehe Impressum .
Datum der Veröffentlichung 5.5.07

Ein Gedanke zu “Mathematische Begabungsförderung im Kindergarten

  1. Ich finde diesen Zugang zu Begabtenförderung sehr gut, insbesondere weil diverse Entwicklungsbereiche angesprochen werden, und nicht eine Verschulung stattfindet. Ich würde gerne so wasmin der Art praktizieren. Dankbar wäre ich für Ratschläge wo ich Ähnliches zu verschiedenen Themen finden könnte. Schön!