von Claudia Flaig
Über 12 Wochen hinweg lief in unserer Kita ein gruppenübergreifendes Technik-Projekt. Aus räumlich-organisatorischen Gründen fand es jeweils für eine Stunde morgens an zwei Wochentagen statt.
Zum Auftakt bitten wir die Eltern per Plakat um ausgediente Elektrogeräte. Binnen weniger Tage bekommen wir zwei Computer, einen Videorekorder, eine Personenwaage und einen CD-Player mit Boxen. Später kommen weitere Geräte hinzu.
Ein Computer wird auseinander genommen
Als erstes stelle ich den Computer und eine Werkzeugkiste auf einen Tisch im Projektbereich – ein Kita-Flur, in dem ansonsten Freispiele angeboten werden und ein Teil der Kinder zu Mittag isst.
Sobald die Kinder in die Einrichtung kommen, stürzen sie interessiert an diesen Tisch. Alena kommt seitdem extra früh. Kinder aller Gruppen, auch aus der U3, wollen „schrauben“.
Die ausgebauten Kleinteile kleben wir auf ein Plakat. Die Eltern – insbesondere die Väter – zeigen sich interessiert und werden dann auch als Experten einbezogen.
Neben die aufgeklebten Computerteile schreibe ich – soweit mir bekannt – die genauen Bezeichnungen. Ein Vater fotografiert ein mir unbekanntes Teil. Er findet heraus, dass es ein veraltetes Diskettenlaufwerk ist. Und er bringt auch noch eine Diskette mit, damit wir den Ablauf des technischen Vorgangs nachvollziehen können.
Für die Demontage des ersten Rechners brauchen die Kinder sechs Stunden.
Meine Mithilfe besteht eigentlich nur in Erklärungen zum sicheren Umgang mit Werkzeug, im Beschaffen von Fachliteratur und im Lockern der Schrauben.
Manchmal nehmen die Kinder auch Kleinteile mit und fragen den Opa oder Onkel, was es damit auf sich hat.
Mittlerweile brauchen die Kinder für die Demontage eines Rechners nur noch eineinhalb Stunden. „Gewalt“ wird nur an Lötstellen angewendet.
Was die Kinder dabei lernen können
Die Kinder erfahren, dass unterschiedliche Tätigkeiten für das Zusammenbauen eines Gerätes erforderlich sind: Es wird geschraubt, geklebt, gesteckt, gelötet, geschmolzen und getackert.
Immer wieder tauchen schon bekannte Einzelteile auf: Laufwerke, Magnete, Spiralen, Federn, Zahnräder verschiedenster Größen.
Der Vorgang des Auseinandernehmens erfordert immer wieder, das jeweilige Objektteil genau zu fixieren. Der Schraubendreher (mal Schlitz-, mal Kreuzschlitz-Modell) wird gedrückt und dann links herum gedreht. Die letzten Umdrehungen werden mit den Fingern gemacht, damit wir die Schraube in die Materialschale legen können. Nach der Entdeckung des Magnetismus durch die Magnete in den Lautsprecherboxen werden zum Sichern herausgedrehter Schrauben auch Magnete verwendet.
Die Kinder finden rasch heraus, dass es hilfreich ist, das auseinander zu nehmende Objekt zu drehen. So können sie immer wieder neue Möglichkeiten entdecken, an Schrauben oder Stecker zu kommen.
Schon diese genannten Grundfertigkeiten bedeuten für viele Kinder eine Herausforderung und sorgen nach erfolgreicher Bewältigung für ein strahlendes Lächeln.
Für andere, besonders interessierte, besonders begabte Kinder beginnt hier erst das „Abenteuer Technik“!
Die Entdeckung des Magnetismus bringt uns zum Experimentieren mit Magneten. Wir besorgen uns das Buch „Was ist was? Magnetismus“ und schmökern viel darin. Außerdem passt das Thema zu dem Plakat über die Routen der Zugvögel, das im Flur hängt. Ein alt bekanntes Magnet-Konstruktionsspiel bekommt eine ganz neue Bedeutung!
Siehe auch: Experimente mit Magneten
Klare Regeln für die Sicherheit
Viele Regeln, die für die Sicherheit bei der Geräte-Demontage erforderlich sind, ergeben sich „wie von selbst“ und werden von den Kindern rasch gelernt.
Hier die wichtigsten:
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- Entfernte Stecker niemals in die Steckdose stecken! (Ich entsorge sie sofort.)
- Mit Werkzeugen immer vom Körper weg arbeiten – Verletzungsgefahr!
- Wir wechseln uns ab – aber jeder Mechaniker darf seine Sache in Ruhe zu Ende bringen!
- Wir versuchen, so wenig Gewalt wie möglich anzuwenden. Durch Drehen des Objekts finden wir bestimmt neue Möglichkeiten der Demontage.
- Die meisten Kabelenden haben am Ende einen Stecker. Wir schneiden nur im Notfall Kabel durch. Expertin bei uns ist die „Computerfachfrau“ Mariana (5 Jahre alt). Sie können wir fragen – sie findet jeden Stecker!
- Kleinteile, die auf den Boden fallen, müssen sofort aufgehoben werden – Babyalarm!
Das Demontage-Projekt hat sich bewährt
Mittlerweile hat sich das Demontieren von Elektrogeräten zu einem festen Bestandteil des Freispiels entwickelt.
Wir haben noch einige Geräte „auf Lager“. Außerdem hat Amar (5 Jahre alt) vorgeschlagen, ein Computermännchen aus den Schrottteilen zu bauen – eine tolle Idee!
Alena zeigt großes Interesse an dem Projekt. Sie arbeitet jedoch nie lange allein an den Geräten. Sie mag es besonders, im Team zu agieren.
Datum der Veröffentlichung: April 2018
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum