von Anke Cadoni
Jonas hat den Wunsch geäußert, noch ein Bilderbuch mit mir zu erstellen.
Dies hat mir bestätigt, dass Jonas unsere letzte gemeinsame Arbeit viel Spaß und Freude bereitet hat. Wir hatten das „Bilderbuch von den Perchten“ hergestellt.
Mehr über Jonas:
Jonas, 4;2
Jonas faltet doch Papierflieger
Bilderbuch zu den Perchten
Fußball und Zeitung
Wie kann ich erreichen, dass Jonas nun neue Erfahrungen machen kann? Ich möchte ihm noch andere Möglichkeiten zur Buchgestaltung näher bringen und schlage ihm vor, das Papier für ein Bilderbuch mal selber herzustellen.
Da wir zur gleichen Zeit in der Gruppe das Projektthema: „Bücher wachsen nicht auf Bäumen, oder?“ beginnen wollen, wäre dies auch eine Aktion, die gut ins Rahmenprogramm passt. Trotzdem könnte Jonas noch mal gesonderten Freiraum dafür bekommt, auch seinen Bedürfnissen nachzugehen und tiefer in das Thema einzudringen.
Ich hatte mir gewünscht, dass Jonas diesmal mit einem anderen Kind zusammen arbeiten möchte. Doch dies wehrt er wieder ab, mit der Begründung, „die anderen stören mich und machen Unsinn“.
Anmerkung der Kursleitung:
Es wäre so wichtig, dass er hier noch lernt zu differenzieren: Ja, die meisten stören bei meinen Projekten, aber es gibt doch auch die Eine oder den Anderen, mit denen es gut geht – und es für mich auch schön und bereichernd ist.
Ich habe es zunächst einmal so hingenommen und habe mich wieder regelmäßig mit Jonas alleine getroffen, was er auch wieder sehr genossen hat.
Anmerkung der Kursleitung:
Ja, das halten wir in diesem Stadium für eine gute Entscheidung.
Wie genau dann anschließend die Verarbeitung des selbst hergestellten Papiers sein wird, lasse ich offen. Hier kann Jonas dann seinen guten Ideen und Vorstellungen freien Lauf lassen.
kurz gefasst…
Der fünfjährige Jonas hat bereits ein Bilderbuch selbst gestaltet und möchte jetzt noch ein anderes machen. Seine Erzieherin unterstützt ihn dabei und ermöglicht es ihm, sein Projekt in seinem eigenen schnellen Arbeits- und Lerntempo und mit seiner großen Konzentration und Ausdauer durchzuführen.
Jonas darf alleine arbeiten, muss sich nicht an die anderen Kinder anpassen und erhält die notwendige Anleitung, um zu einem guten Ergebnis zu kommen.
Trotzdem gelingt es der Erzieherin, dieses Einzelprojekt für die Gruppe nutzbar zu machen.
Mir ist es allerdings ganz wichtig, dass Jonas lernt, sich auch wieder ein Stück mehr den anderen Kindern zu öffnen und er zumindest den anderen Kindern seine Vorhaben und Tätigkeiten, zum Beispiel im Stuhlkreis, erklärt und vorführt.
Aktuelle Kindbeschreibung
Jonas ist jetzt 5;3 Jahre alt. Sein größtes Interesse liegt immer noch beim Malen und Zeichnen und mittlerweile auch beim Schreiben und Geschichten erzählen.
Jonas kommt morgens in den Kindergarten und spielt zunächst einmal mit seinen Freunden. Zur Zeit spielt er wieder häufig mit seinem Freund David. Ich beobachte sie häufig, wie sie auf der zweiten Ebene gemeinsam bauen. Hierbei geht es oft immer noch darum, dass Fallen für die Perchten gebaut werden. Während dieser Zeit verstehen sie sich auch meistens ganz gut.
Sein Freund Mick war leider wieder oft krank und hat deshalb häufig und lange den Kindergarten nicht besucht. Ich habe aber mitbekommen, dass Jonas Mick ein paar Mal zu Hause besucht hat.
Was ich immer wieder feststelle ist, dass Jonas sich irgendwann im Freispiel von David löst und sich an den Basteltisch zurück zieht. Als Mick den Kindergarten regelmäßig besucht hat, ist er meistens zusammen mit Mick an den Maltisch gekommen. Jetzt kommt er häufig alleine, aber da unser Maltisch eigentlich immer gut besucht ist, sitzt er in den seltensten Fällen dort einsam.
Dort malt er dann in aller Seelenruhe sein Bild, mit unheimlich viel Ausdauer, Konzentration und Genauigkeit. Manchmal erzählt er Geschichten zu den einzelnen Bildern, die ich dann notieren soll, oder er bittet mich, für ihn bestimmte Wörter vorzuschreiben, sodass er sie nachschreiben kann.
Das Schreiben fasziniert ihn jetzt immer mehr. Er interessiert sich für viele Buchstaben und fragt, wie sie ausgesprochen oder geschrieben werden.
Seine Ausführungen werden immer genauer und er wird mit sich auch immer kritischer. Hat er sich vermalt oder auch nur ein Strich ist mal nicht da, wo er hin sollte, wirft er das Bild sofort weg.
Oft bekomme ich auch mit, wie er anderen Kindern erklärt, wie sie zum Beispiel ein Auto malen können. Oder er mischt sich in Gespräche ein und versucht Dinge zu erklären oder richtig zu stellen. Dies macht er aber immer auf eine sehr nette Art und Weise, manchmal holt er sich dann noch Rückendeckung von mir und sagt: „Frau Cadoni, eine Spinne hat doch acht Beine, das stimmt doch?“
Einige Kinder bitten jetzt Jonas auch schon mal öfter um Hilfe und ich glaube, das ist auch ein Grund dafür, dass Jonas gerne mit mir alleine und in einem separaten Raum arbeitet. Dort kann er ungestört das machen, was er sich vorgenommen hat. Wenn er sich entscheidet sich zurück zu ziehen, dann möchte er auch in Ruhe gelassen werden. Er will dann geistig aktiv werden und anspruchsvoll arbeiten.
Anmerkung der Kursleitung:
Gut, dass Du das so klar erkennst und dafür so viel Verständnis zeigen kannst.
Vorüberlegungen und Ziele
Was will ich tun?
Ich möchte auf jeden Fall die Wünsche von Jonas aufgreifen. Das bedeutet, wir werden wieder ein Bilderbuch erstellen und zunächst einmal alleine arbeiten.
Gleichzeitig möchte ich Jonas aber noch mal vermitteln, dass es auch Spaß machen kann, mit einem anderen Kind zusammen zu arbeiten. Zu einem späteren Zeitpunkt hoffe ich, dass Jonas sich dann öffnet und dann vielleicht Jil mitarbeiten lässt. Sie ist ein Jahr älter als Jonas, interessiert sich auch sehr fürs Malen, Bilderbücher und ist immer offen für neue Sachen. Sie arbeitet auch immer sehr konzentriert und engagiert.
Ich werde Jonas diese Option immer wieder unterbreiten und ihm versuchen schmackhaft zu machen.
Auf der anderen Seite finde ich es wichtig, ihm auch weiterhin immer wieder Rückzug aus dem Alltagsgeschehen zu gewähren. Er darf auch mal alleine sein, denn so lernt er auch mit Außenseiterpositionen klar zu kommen, womit er in seinem weiteren Leben wohl durchaus noch häufiger zu tun haben wird.
Ein weiterer wichtiger Schritt, finde ich, ist die Öffnung zum Rest der Gruppe.
Die anderen Kinder merken ja auch, dass Jonas öfter alleine mit mir arbeitet und sind häufig neugierig und interessiert. Deshalb finde ich es wichtig, dass Jonas den anderen Kindern zeigt, was er für Ideen hat und was er mit mir erstellt oder erarbeitet hat.
Hier werden seine Ideen von Kindern bewertet. Positive Rückmeldungen stärken sein Selbstbewusstsein, er erlebt Erfolge und bekommt Vertrauen in seine Fähigkeiten. Andererseits wird er vielleicht auch kritisiert und kann lernen, mit solchen Situationen umzugehen: Misserfolge sollen seine Motivation nicht hemmen. Auch hat er Ängste zu überwinden: „Was werden die anderen wohl sagen?“
Wichtig finde ich auch, dass Jonas noch weitere Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie man Bücher gestalten kann. Bis jetzt nutzt Jonas immer Papier, das im Kindergarten stets zur Verfügung steht. Nun soll er die Möglichkeit haben, seinen Blickwinkel zu verändern. Dazu will ich ihm Denkanstöße geben:
-
- Ist es selbstverständlich, immer Papier im Haus zu haben?
- Wie entsteht es eigentlich?
- Kann man Papier auch selber herstellen? Wie geht das?
Warum will ich das tun?
Jonas soll noch mehr darin gestärkt werden, sich eigene Ziele zu setzen.
Dies macht er eigentlich schon ganz gut. Doch es scheitert dann häufig noch an der Planung und Durchführung. Er nimmt wahr, dass seine Freunde oft andere Interessen haben und vernachlässigt dann häufig seine eigenen Vorhaben. Dies ist sehr schade, und ich möchte daran mit Jonas gerne noch arbeiten.
Ich möchte gerne erreichen, dass er so hinter seinen Ideen steht, dass er andere Kinder davon begeistern und mitziehen kann. So findet er dann auch andere Kontakte, was ja auch nicht zwingend heißt, dass er seine alten Kontakte aufgeben muss.
Dies setzt natürlich auch ein gutes Organisationsgeschick voraus, aber hierbei, denke ich, können Erzieherinnen und Eltern ihn gut unterstützen.
Anmerkung der Kursleitung:
Ja, seine Ideen für andere Kinder interessant und fassbar zu machen und die Zusammenarbeit zu organisieren, das ist eine sehr hohe Anforderung und von ihm sicher noch nicht allein zu leisten. Dazu braucht er noch Anleitung.
Wir finden gut, dass Du gleichzeitig seine Freiräume schützen willst und nicht von ihm erwartest, dass er alle seine Vorhaben teilen muss.
Was will ich erreichen?
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- Jonas soll die Möglichkeit bekommen, ein weiteres Bilderbuch zu erstellen.
- Er soll zum Denken und Tun angeregt werden.
- Er soll erleben, dass Zusammenarbeit genau so schön und effektiv sein kann wie Einzelarbeit.
- Ihm sollen weitere Möglichkeiten eröffnet werden, seine Fähigkeiten und Ideen umzusetzen und zu erleben, dass Rückzug aus der Gruppe nicht seine einzige Möglichkeit ist.
- Er soll einmal selbst Papier hergestellt haben und sich überlegen und erfahren, was man damit tun und wie man es verwenden kann.
- Seine Tätigkeiten und Erfahrungen soll er der gesamten Gruppe mitteilen.
Wie will ich die Ideen praktisch umsetzen?
Zunächst werde ich mit Jonas wieder alleine arbeiten. Ich möchte mit der für Jonas bekannten Arbeitsweise beginnen. Die ist ihm vertraut und hierauf freut er sich auch. Ich werde Jonas zu verstehen geben, dass ich seinen Wunsch, ein weiteres Bilderbuch zu erstellen, gut finde und auch unterstützen werde.
Ich will mit ihm diskutieren, dass es ja ganz unterschiedliche Bilderbücher gibt und wir jetzt versuchen könnten, wieder etwas Neues zu entdecken und andere Techniken auszuprobieren. Ich will ihm meine Idee vorstellen, selbst Papier für ein Bilderbuch zu erstellen. Ich hoffe, dass Jonas von dieser Idee auch angetan sein wird oder selbser noch andere tolle Ideen entwickelt.
Ich hoffe einfach, dass Jonas dann wieder merkt, dass ich Zeit für ihn und seine Bedürfnisse habe und er somit auch irgendwann zulässt, dass Jil an einigen der Aktionen teilnimmt.
So wie ich Jonas kenne wird er auch wieder all seinen Mut zusammen nehmen und den anderen Kindern sein Vorhaben präsentieren.
Meine Planungen gestalte ich auch sehr offen, sodass immer genügend Freiraum für Jonas‘ Ideen und Vorhaben bleibt. Es kann also auch passieren, dass die geplanten Angebote eine ganz andere Richtung einschlagen und die Ziele sich etwas verändern.
Durchführung
Das erste Treffen mit Jonas findet wie gewohnt im Nebenraum des Gruppenraumes statt. Als ich mich nach Jonas‘ Wünschen für die nächste Aktivität erkundige, äußert er sofort: „Ich möchte noch ein Bilderbuch machen, vielleicht über Ostern oder Frühling!“
Ich gebe ihm zu verstehen, dass ich die Idee gut finde, aber gerne möchte, dass wir diesmal ein anderes Bilderbuch mit anderen Materialien und mit anderen Methoden herstellen.
Ich bitte ihn zu überlegen, was für Bilderbücher er kennt und wie man ein Bilderbuch noch gestalten könnte.
Plötzlich sagt Jonas: „Frau Cadoni, weißt du noch, letztes Jahr haben die Kinder aus der anderen Gruppe so Faltgeschichten gemacht, das können wir doch auch machen, oder?“
Anmerkung der Kursleitung:
Das hatte er also registriert und vermutlich damals schon interessant gefunden, es aber nicht geäußert.
Ich bin total überrascht, dass sich Jonas daran noch erinnern kann, denn hiervon hatte ich gar nichts mitbekommen, da musste ich erst mal meine Kolleginnen fragen.
Die Idee finde ich auf jeden Fall schon mal richtig gut. Gerade weil Jonas auch so gerne faltet.
Siehe: Jonas faltet doch Papierflieger
Dann sprechen wir über die Herstellung von Papier.
„Wie soll das denn gehen, Frau Cadoni? Dafür braucht man doch bestimmt Maschinen, ich hab das mal im Fernsehen gesehen!“
„Da hast du schon recht, aber um ein paar Blatt Papier herzustellen, reichen auch schon wenige einfache Hilfsmittel aus. Schließlich gibt es Papier schon ganz lange und früher hatten die Menschen auch noch nicht solche Maschinen wie heute.“
Jonas: „Was brauchen wir denn?“
„Ich habe es auch noch nie selber gemacht“, erkläre ich Jonas, „habe aber davon gehört, dass es wirklich geht, am besten gehen wir morgen mal ins Internet und recherchieren dort mal, okay?“
Dieses kurze Gespräch hat ausgereicht, um Jonas wieder für eine neue Sache zu motivieren!
Anmerkung der Kursleitung:
Er hat eben schon des öfteren die Erfahrung gemacht, dass das Arbeiten mit Dir zu interessanten Prozessen und Ergebnissen führt. Nun ist er zuversichtlich gespannt.
Am nächsten Morgen kommt er in den Kindergarten und will sofort mit mir ins Internet gehen. Ich versuche ihm zu erklären, dass die Jil sich momentan ein wenig langweilt und sehr gerne mit uns zusammenarbeiten würde. Doch hiervon ist Jonas nicht begeistert:
„Ich möchte das aber mit dir alleine machen, vielleicht ein anderes Mal!“
Ich erkläre ihm noch, dass Jil sehr interessiert ist und meistens auch sehr konzentriert und engagiert arbeitet, doch Jonas bleibt bei seinem Entschluss.
Anmerkung der Kursleitung:
Er will die Sache nicht gefährden und kein Risiko eingehen. Gut, dass Du seinen Entschluss akzeptieren kannst.
Also machen wir Beide das Internet unsicher. Ziemlich schnell werden wir bei „LABBÉ“ fündig. Dort finden wir eine ganz tolle Beschreibung mit vielen Bildern. Die drucken wir aus und besprechen sie anschließend. Die Bilder sind fast selbsterklärend, sodass Jonas die Vorgehensweise des Papierschöpfens gut nachvollziehen kann.
Jonas steckt die ausgedruckten Papiere in Folien, sodass ein kleines Anleitungsheft entsteht. Das hängen wir im Nebenraum auf, so können wir dort jeder Zeit hineinschauen.
Nun überlegen wir, was uns noch fehlt: die Schöpfrahmen und Cellulose (notfalls kann man stattdessen auch Zeitungspapier verwenden).
Die Schöpfrahmen bestelle ich zusammen mit Jonas im Internet.
Nun wartete Jonas jeden Tag auf die Post, in der Hoffnung es wären die Schöpfrahmen dabei.
Es dauert einige Tage, doch dann kommt der Tag X und es ist ein Paket für Jonas dabei. Schnell packt er die Schöpfrahmen aus!
In der Zwischenzeit habe ich über einen Bekannten, der in einer Papierfabrik arbeitet, Cellulose besorgen lassen.
Ich verspreche Jonas, dass ich am nächsten Tag für ihn Zeit haben werde und wir dann mit dem Schöpfen beginnen können. „Es wäre schön, wenn dann morgen auch Jil mitarbeiten könnte – kannst du dir ja mal überlegen!“
Jonas sagt zunächst nur kurz, etwas enttäuscht: „Ja, okay“, und verschwindet im Nebenraum.
Anmerkung der Kursleitung:
Nachdem Du zunächst flexibel auf seinen Entschluss (alleine zu arbeiten) eingegangen bist, bleibst Du aber doch – was die Erfahrung der Zusammenarbeit mit Jil angeht, „am Ball“. Das finden wir gut.
Es dauert gar nicht lange, da kommt Jonas auf mich zugestürmt und sagt: „Ich habe mir gerade noch mal die Anleitung angeschaut. Das Zeitungspapier müssen wir doch im heißen Wasser einweichen und du hast doch gesagt, dass das dann eine ganze Nacht stehen muss, bis wir es weiterverarbeiten können, oder?“
„Du hat vollkommen recht, das habe ich ja fast vergessen! Da hast du aber richtig gut aufgepasst.“ Ich lobe Jonas hierfür richtig doll, denn ich fand es einfach klasse, dass er so gut mitgedacht hat.
Anmerkung der Kursleitung:
Diese Umsicht ist wirklich beachtlich. Das zeigt, dass es wirklich schon sein Projekt ist.
Ich erkläre ihm dann, dass ich Cellulose besorgt habe und wir diese einweichen können. Natürlich erfährt er von mir auch, dass Cellulose Fasern aus Pflanzen sind, aus denen man Papier gewinnen kann.
Wir reißen die Cellulose in kleine Stücke, was gar nicht so einfach ist, da sie sehr hart ist. Dann übergießen wir sie mit kochendem Wasser. Auf 100 Gramm Cellulose kommen 4 Liter Wasser.
Jonas hilft die Cellulose zu wiegen und das Wasser im Litermaß abzumessen. Es macht ihm sichtlich viel Spaß. Ach, übrigens zum Thema „Jil“ äußert er: „Wir können das Schöpfen dann ja auch noch mit Zeitungspapier ausprobieren, und dann darf auch Jil mitmachen!“
Anmerkung der Kursleitung:
Alte Erfahrung: Wer selbst etwas hat oder bekommt, kann auch großzügig sein. Wer selber darbt, muss knausern und kann schwer abgeben. Dies gilt im kognitiven Bereich auch für hoch begabte Kinder, je nachdem ob sie selber gute Förderung erfahren oder aber nicht.
Am nächsten Tag ziehen Jonas und ich uns in den Nebenraum zurück, wo ich schon am Morgen schon alle Materialien und Geräte, die wir benötigen, zurechtgestellt habe, da ich die sonst entstehende Unruhe in der Gruppe vermeiden wollte. Hätten die Kinder mitbekommen, was wir vorhaben, hätten sie uns vor lauter Neugier nicht in Ruhe arbeiten lassen und Jonas wäre vermutlich sehr sauer geworden.
Jonas und ich machen nun alles so, wie es in der Anleitung steht. Ein bisschen hatte ich geglaubt, dass das Ganze nicht funktioniert. Umso erstaunter und überraschter bin ich über das Gelingen unseres ersten eigenen Papiers. Jonas‘ Augen werden richtig groß und auch er kann es kaum fassen, dass wir selber Papier gemacht haben.
Die anderen Kinder machen zu dieser Zeit gerade Stuhlkreis. Jonas sagt jetzt voller Stolz: „Ich möchte den anderen Kindern jetzt zeigen, was wir gemacht haben, geht das?“
Ich bin super froh, dass er das sagt, so brauchte ich keine Überzeugungsarbeit zu leisten. Denn die anderen Kinder haben natürlich mitbekommen, dass ich mit Jonas etwas im Nebenraum gemacht habe und sind ganz neugierig geworden.
Jonas und ich stellen alle Materialien in die Mitte des Kreises. Jonas erzählt den Kindern, dass wir selber Papier herstellt haben und zeigt ihnen anschließend, wie dies funktioniert. Alle Kinder sind total aufmerksam und gespannt. Selbst die Kinder, die sonst oft stören, hören gut zu und passen auf.
Jonas wächst in dieser Situation über sich hinaus, und ich glaube, er ist am Ende ziemlich erleichtert, dass er es den Kindern gezeigt hat. Er hat ja auch nun erfahren, dass alle Kinder total begeistert waren.
Anmerkung der Kursleitung:
Hier kann man wirklich ohne Übertreibung sagen: Er hat etwas Wichtiges fürs Leben gelernt.
Ein paar Tage später wiederholen wir das Schöpfen noch mal mit Zeitungspapier – und hierbei lässt Jonas Jil und auch noch ein paar andere Kinder mitmachen.
Zusammen mit Jil macht es Jonas auch viel Spaß. Die Beiden können sich schnell darüber einigen, wer welche Aufgaben übernimmt. Jil nimmt auch gerne Ratschläge und Tipps von Jonas an.
Die geschöpften Papiere hängen wir an eine Wäscheleine, damit sie dort besser trocknen können.
Am nächsten Morgen ist Jonas gespannt, wie sich die Papiere im trockenen Zustand anfühlen. Leider muss er feststellen, dass das Trocknen an der Wäscheleine nicht so eine gute Idee war, weil die Papiere nun alle sehr gewellt sind. Jonas macht den Vorschlag, die Papiere in einem dicken Katalog zu pressen, damit sie richtig eben werden und wir sie für unser Bilderbuch verwenden können. Das setzen wir sofort in die Tat um.
Anmerkung der Kursleitung:
Offenbar war er gar nicht groß frustriert, sondern im „Problemlöse-Modus“.
Nun geht es aber los mit dem Bilderbuch!
In der folgenden Woche will Jonas nun endlich mit dem neuen Bilderbuch starten. Ich habe mich in der Zwischenzeit bei meinen Kolleginnen über das Faltbilderbuch informiert. Sie gaben mir ein Beispielexemplar mit, das ich Jonas präsentieren und vorlesen kann.
Jonas: „Ja, genau das meinte ich – aber ich will meine eigene Geschichte erfinden! Ich kann ja schon ein super Flugzeug, ein Boot und eine Blume falten, diese Dinge kann ich schon in meiner Geschichte nutzen!“
Bevor sich Jonas jetzt eine eigene Geschichte überlegt, zeige ich ihm noch ein Origami-Buch, in dem er sehen kann, was für Faltmöglichkeiten es noch gibt.
Er sucht sich verschiedene Faltfiguren und Gegenstände aus und versucht anschließend hierzu eine Geschichte zu erzählen.
Ich notiere zunächst alles, was er sagt. Zwischendurch gebe ich ihm schon mal ein paar Tipps. Nach vielen Überlegungen will er dann endlich tätig werden und die ersten Dinge falten.
Schnell stellt er fest, dass das Falten gar nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick ausgesehen hat. Er zeigt jedoch sehr viel Geduld und Motivation und lässt sich von Misserfolgen nicht entmutigen.
Er kann auch erleben, dass ich manchmal gut überlegen muss und hier und da auch Probleme habe. Ich glaube, das ist für ihn wichtig, sonst würde er wieder sehr schnell an sich zweifeln und würde unsicher werden.
Nachdem wir dann gemeinsam einige Figuren gefaltet haben, stehen wir vor einem neuen Problem!
Jonas: „Frau Cadoni, schau mal, die Faltfiguren sind für unsere selbst hergestellten Papiere viel zu groß – oder unsere Papiere sind zu klein.“
Ich hatte leider nur Schöpfrahmen für DIN A5-Papier bekommen, und die sind für solch ein Faltbuch wirklich zu klein. Das hat Jonas gut erkannt.
Nun müssen wir uns, zusätzlich zum Bilderbuch, noch etwas Gutes überlegen, wozu wir das sehr schöne selbst geschöpfte Papier nutzen können.
Als ich zu Hause über das Projekt nachdenke, erinnere ich mich plötzlich noch an einen Wunsch von Jonas, den er vor längerer Zeit schon geäußert hat. Jonas wollte gerne an eine schon länger erkrankte Erzieherin eine Karte schreiben. Dies ist bei uns auch eigentlich so Brauch, doch wir haben es bis jetzt noch nicht geschafft.
Am nächsten Tag unterbreite ich Jonas meinen Einfall. Ich helfe ihm ein wenig dabei, aus zwei Papieren eine Karte zu erstellen. Mit Klebeband verbinden wir die beiden Papiere. Jonas knickt ein normales Papierblatt so, dass es als Einlage in die Karte passt. Auf die eine Seite malt er ein schönes Frühlingsbild. Dann will er, dass ich ihm „Gute Besserung und Frohe Ostern!“ auf einem Zettel vorschreibe, und er schreibt es dann in die Karte hinein.
Anmerkung der Kursleitung:
Ja, Du reagierst wirklich flexibel. Ich denke auch, dass es wichtig ist, dass er sein „schönes“ Papier jetzt einer guten Verwendung zuführen kann.
Jonas arbeitet diesmal am Basteltisch, und einige neugierige Kinder kommen hinzu. Sie wollen von Jonas wissen, was er macht. Jonas erzählt ihnen von seinem Vorhaben und sofort wollen einige Kinder mithelfen. Jonas sagt: „Wir können noch was vorne auf die Seite machen.“
Da wir in der letzten Woche Tulpen gefaltet haben, kommt Jan auf die Idee, zwei Tulpen für die Vorderseite zu basteln.
Damit die anderen Kinder nicht enttäuscht sind, erkläre ich ihnen, dass später jeder einen Fingerabdruck in die Karte drucken darf und sie daraus einen Schmetterling malen können. Den Schmetterling versehen wir dann mit euren Namen, sodass die Frau N. dann sehen kann, wer alles an sie gedacht hat.
Hiermit ist Jonas auch ohne Frage einverstanden, weil wir das immer so machen, wenn wir an Jemanden schreiben.
Die Karte wird am Ende eine richtig tolle Gemeinschaftsarbeit, an der viele Kinder Spaß hatten.
Anmerkung der Kursleitung:
Schön, und Jonas war mittendrin und gleichzeitig auch vorneweg, wie es seinem Einsatz und seiner Begabung entspricht.
Am Ende schlage ich den Kindern vor, dass wir nach den Osterferien auch noch eine schöne Abschiedskarte für Frau G. machen können, da sie in Rente geht, schließlich haben wir ja noch ein paar tolle Papiere.
Die Idee finden alle beteiligten Kinder gut!
Die Arbeit an Jonas‘ Bilderbuch wird dann erst mal durch eine Woche Osterferien unterbrochen, doch danach geht es weiter. Gleichzeitig stellt Jonas zusammen mit Jil und Mick eine Abschiedskarte für Frau G. her. Jonas und Jil wissen jetzt ja schon Bescheid, wie man so etwas gut hinbekommt, doch Mick war länger nicht im Kindergarten und kennt sich mit der Kartenerstellung noch nicht so richtig aus.
Man merkt Jonas deutlich an, wie froh er darüber ist, dass Mick endlich wieder da ist. Jonas klärt mit Mick ganz in Ruhe, wie sie die Karte gestalten möchten. Jil gibt zwischendurch auch immer ein paar gute Tipps. Sie teilen die Arbeit gerecht auf, sodass jeder etwas an der Karte arbeiten kann.
Für mich ist es sehr schön anzusehen, wie sozial sie miteinander umgehen.
Anmerkung der Kursleitung:
Gute Teamplayer! Es ist kaum auszudenken, was aus so einem Kind wie Jonas werden würde, wenn er sich total frustriert von den anderen Kindern zurück zieht und dann nicht so pädagogisch gekonnt an positive Zusammenarbeitserfahrungen herangeführt wird. Er wäre dann ein Kandidat für die Aussage: kognitiv sehr weit, aber im Sozialverhalten unterentwickelt.
An Frau G.s Abschiedstag packt sie die Karte vor der gesamten Kindergartenschar aus. Sie freut sich riesig über die Karte und lobt die Künstler. Diese Erfahrung, so vermute ich, stärkt Jonas noch mal gut, und er kann feststellen, dass seine Werke hohe Anerkennung bekommen. Er hat auf diese Weise nicht nur sich, sondern auch noch Mick und Jil glücklich gemacht, denn diese sind genau so stolz.
Anmerkung der Kursleitung:
Ich finde es sehr bemerkenswert, wie Du das formuliert hast: Er, Jonas, hat auch die anderen beiden Kinder glücklich gemacht. Mit seinem Elan und seiner Begabung hat er sie mitgezogen. Auch das ist gemeint, wenn wir sagen, von der Hochbegabtenförderung profitieren nicht nur die hoch begabten Kinder.
Jonas und ich arbeiten täglich an dem Faltbilderbuch. Dies will er aber auch wieder ausdrücklich alleine machen. An einem der Tage erlaubt er Jil, mal mit in den Nebenraum zu kommen, wo Jonas und ich immer gemeinsam arbeiten. Für Jil ist es zu diesem Zeitpunkt natürlich schwierig, in die Materie einzusteigen, weil sie die gesamte Geschichte von Jonas nicht kennt. Jonas ist aber auch nicht bereit, ihr diese vollständig zu berichten, da er ja in seiner Arbeit weiterkommen und die nächsten Seiten fertig stellen will.
Anmerkung der Kursleitung:
Hier zeigt sich wieder ein gutes Verständnis für Jonas von Deiner Seite.
Die gesamte Situation ist somit für Jil ziemlich unbefriedigend. Sie verliert die Lust und zieht sich in die Leseecke zurück. Ich versuche, sie noch zu motivieren und ihr Aufgaben zu übertragen, jedoch ohne Erfolg.
Von nun an arbeiten wir Beide wieder alleine, meistens während die anderen Kinder Stuhlkreis machen oder auf dem Außengelände spielen, so haben wir auch immer genügend Ruhe und werden nur selten bis gar nicht gestört.
Jonas geht wieder sehr planvoll vor. Zuerst wird die Geschichte überlegt und aufgeschrieben, dann alle Figuren und Motive gefaltet und anschließend wird jede einzelne Seite des Bilderbuches gestaltet. Hierzu soll ich ihm die Geschichte immer wieder vorlesen, damit auch später der Text mit den Bildern überein stimmt.
Jonas klebt die Faltfiguren auf die Seiten und ergänzt sie mit Malereien.
Jonas will den Text aber nicht handgeschrieben haben, so wie es in dem Beispielfaltheft ist, sondern er bittet mich, den Text mit dem Computer zu schreiben. Das mache ich natürlich gerne für ihn. Im Anschluss daran fügen wir die Texte dann in die Seiten ein.
Jonas ist täglich mit sehr viel Elan und Ausdauer bei der Sache. Er arbeitet fast immer eine halbe bis eine Stunde intensiv. Hierbei ist es ihm auch völlig egal, ob die anderen Kinder draußen oder im Stuhlkreis spielen. Er hat keine Sorge, etwas zu verpassen. Eigentlich hat er nur ein Ziel: auch dieses Bilderbuch mit viel Konzentration fertig zu stellen, um es dann den Kindern und seiner Familie zu präsentieren.
(Hier sehen Sie das Deckblatt; das komplette Bilderbuch finden Sie am Ende des Beitrags.)
Präsentation
Als dann endlich der Tag kommt, an dem das Faltbilderbuch fertig ist, wirkt Jonas wieder mächtig stolz auf sein Werk. Er kann auch tatsächlich stolz darauf sein. Das Buch ist wieder richtig schön und vor allem für ein Kind in diesem Alter sehr aussagekräftig geworden.
Am Mittag stellt Jonas den anderen Kindern unserer Gruppe sein Bilderbuch im Stuhlkreis vor. Ich lese den langen Einführungstext vor (siehe am Ende des Beitrags), den restlichen Text erzählt Jonas frei. Die Kinder hören wieder mit viel Aufmerksamkeit und Interesse zu. Einige Kinder äußern später, dass sie auch gerne so ein Buch machen möchten.
Leider gibt es von einigen Neidern auch wieder ein paar unschöne Reaktionen auf das Buch, wie zum Beispiel: “Das ist ja voll langweilig!“ Dies hat Jonas mitbekommen und er erzählt es mir später etwas bedrückt. Ich erkläre ihm, dass es manchmal Leute gibt, die auf eine gute Leistung neidisch sind, wenn sie so etwas selber nur schwer hinbekommen würden. Deshalb urteilen sie dann manchmal sehr negativ, obwohl sie das Buch eigentlich schön finden.
„Solche Situationen werden dir im Leben noch öfter begegnen. Du musst einfach lernen, an deine Fähigkeiten zu glauben. Durch die vielen positiven Reaktionen der anderen Kinder kannst du Kraft tanken und Selbstvertrauen aufbauen. Jonas, ich glaube, du bist da auf einem guten Weg!“
Anmerkung der Kursleitung:
Das hast Du sehr schön für ihn formuliert – wieder hat er was fürs Leben gelernt!
Sofort kann ich wieder ein Lächeln auf seinem Gesicht erkennen, worüber ich sehr froh bin.
Seine Mutter ist auch glücklich über die gelungene Arbeit und lobt Jonas sehr.
Refelexion
Einfluss auf unser aktuelles Gruppenprojekt
Insgesamt denke ich, dass Jonas´ Interesse an Bilderbüchern, Sprache und Schrift mit dazu beigetragen hat, dass das Interesse vieler Kinder unserer Gruppe jetzt stärker dahin zielt. Das Projekt „Bücher wachsen nicht auf Bäumen, oder?“ hat sich auf über sechs Wochen ausgedehnt.
Dabei haben die jüngeren Kinder kleine Malbücher erstellt, die Leseecke wurde erweitert und neu gestaltet und es wurde den Kindern eine Schreibmaschine zur Verfügung gestellt. Stempel- und Magnetbuchstaben forderten die Kinder zu ersten Schreibversuchen auf. Durch dieses Projekt ist es uns auch gelungen, dass fast alle Kinder nun ihren Namen schreiben können. Wir haben gemeinsam einen Gruppenbriefkasten hergestellt und von da an wurden Briefe gemalt, geschrieben, in Umschläge gesteckt und mit einer Briefmarke versehen.
Zusätzlich haben wir erreicht, dass wir jetzt einen intensiven Kontakt zur örtlichen Bücherei haben und diese nun alle drei Wochen besuchen, um neue Bücher auszuleihen.
Jonas und ich haben zwar viel in Einzelarbeit gearbeitet, aber sein Interesse hat sich auf die anderen Kinder übertragen und sie neugierig darauf gemacht.
Habe ich meine Ziele erreicht?
Ich habe erreicht, dass Jonas ein zweites Bilderbuch erstellt hat und bin somit auch seinen Wünschen gerecht geworden. Hierdurch ist er auch wieder zum kognitiven Denken und Tun angeregt worden. Er hat sich wieder selbst eine Geschichte ausgedacht, in der viel Logik und Einfühlungsvermögen stecken. In den Geschichten zeigt er immer eine sehr soziale Ader.
Freunde sind ihm wichtig!
Man merkt auch immer wieder, dass er über den Tellerrand hinaus schaut. So hat er in dem Faltbuch ein Windrad gesehen und überlegt, wie er es in die Geschichte einfügen kann. Seine Idee, hiermit Strom zu erzeugen, fand ich sehr gut und sie zeigte mir, wie verknüpft Jonas schon denkt.
An seinem eigentlichen Projekt möchte Jonas am liebsten immer alleine arbeiten. Hier will er sein eigenes Lern- und Arbeitstempo nicht anderen Kindern anpassen, obwohl er im Grunde sehr sozial ist. Arbeiten, die von seinem eigenen Projekt etwas abweichen, wie zum Beispiel die Gestaltung der Karten, teilt er gerne mit anderen Kindern und zeigt sich hier auch immer sehr hilfsbereit und kooperativ. Diese Arbeit führt er dann auch gerne in der Gruppe aus und nutzt keinen Rückzug.
Allerdings merkt Jonas schon, dass er mit seinem Interesse auch das Interesse anderer Kinder geweckt hat. Viele Aktionen zum Thema Bücher und Papier fanden auch im gesamten Gruppenverband statt. So erinnere ich mich zum Beispiel noch an den Stuhlkreis, bei dem ich den Kindern die unterschiedlichsten Papiersorten gezeigt habe. Die Kinder sollten die Papiere mit den richtigen Namen bezeichnen, sie sollten sie ertasten und hören, wie unterschiedlich sie rascheln.
Daraus habe ich dann ein Spiel entwickelt: Einem Kind habe ich die Augen verbunden und ihm ein Papier zum Raten in die Hand gegeben. Dieses Spiel hat den Kindern viel Freude bereitet. Jonas war dabei sehr gut, er kannte fast alle Papiere und konnte sie ertasten. Hierbei hatten jedoch viele Kinder Erfolg, da ich den Schwierigkeitsgrad gut beeinflussen konnte. Somit waren trotz unterschiedlicher Entwicklungsstände alle Kinder stark gefordert, und es war eine gelungene Gemeinschaftsaktion, ohne dass ein Kind besonders heraus fiel.
Die Herstellung des Papiers war für Jonas noch einmal etwas ganz besonderes. Etwas zu machen, was vorher noch niemand aus dem Kindergarten gemacht hatte, worin selbst ich sehr unerfahren war. Es hat ihm Spaß gemacht, im Internet nach Anleitungen zu suchen. Er hat alle wichtigen Schritte von Anfang bis Ende miterlebt und vor allem selbst durchgeführt.
Ich glaube, hierdurch hat er ein gutes Stück an Selbstvertrauen hinzu gewonnen. Am schönsten war für ihn meiner Ansicht nach die Situation im Stuhlkreis, als er den Kindern seinen gelungenen Schöpfversuch gezeigt hat. Die Kinder zeigten sich total verblüfft und erstaunt, dass es wirklich funktioniert.
Er hat seine Werke, sowohl das geschöpfte Papier als auch das Bilderbuch, den anderen Kindern aus eigenem Antrieb vorgestellt. Das zeigt mir, dass er hierbei positive Erfahrungen gesammelt hat und mit negativen Reaktionen umzugehen lernt.
Er merkt, dass er die anderen Kinder mitreißen und begeistern kann!
Die Rolle, die Jonas jetzt in der Gruppe eingenommen hat, ist eine angemessene und glückliche für ein hoch begabtes Kind:
sein Bestehen auf seinen eigenen Projekten, seine Bereitschaft, bei für ihn nicht so zentralen Dingen mit anderen zusammen zu wirken, seine Arbeit vorzustellen und damit anderen Kindern Anregung im besten Sinne zu geben.
Gleichzeitig hat er selbst viel Neues erfahren und ausprobieren können; auch konnte er einige Probleme lösen, was sicher seine recht zufriedene und entspannte Stimmung begründet hat.
Weitere Ideen
Ich glaube, das Thema „Lesen, Schreiben, Bilderbücher gestalten“ ist nun ziemlich ausgereizt. Die Kinder sind mit diesem Thema nun vertraut, haben vieles an die Hand bekommen, sodass es nun zu einem Selbstläufer geworden ist.
Jonas ist noch immer oft am Maltisch zu finden. Zur Zeit schreibt er alles nach, was er so findet, wie zum Beispiel Überschriften aus Zeitungen oder Notizen auf Papieren.
Sein Hauptthema ist zur Zeit Fußball. Er spielt oft mit anderen Kindern im Flur, dabei sind ihm die Fußballregeln sehr wichtig.
Ich muss nun mal schauen, wie es weiter geht.
Im Sommer wechsele ich in eine andere Kita. Ich weiß nicht, ob ich noch vor den Ferien ein Projekt mit Jonas zu Stande bekomme, weil während dieser Zeit bekanntlich noch jede Menge andere Tätigkeiten anstehen.
Es hat dann doch noch geklappt.
Siehe: Fußball und Zeitung.
Und hier ist das komplette Bilderbuch:
Datum der Veröffentlichung: Januar 2017
Copyright© Hanna Vock