von Ayla Altın
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Pablo, 3;4 Jahre alt
Projekt: Messen und Werken
Pablo (4;5) interessiert sich auch schon fürs Lesen
Bobby-Car-Waschanlage
Pablo hatte in letzter Zeit eine Phase, in der er sich motorisch und emotional neu ausprobierte. Er spielte nur noch selten Spiele am Tisch. Stattdessen baute er viel mit Bauklötzen oder spielte mit Lego und erweiterte dabei seine technischen Fähigkeiten. Während er sich so beschäftigte, brauchte er offensichtlich keine weitere Hilfe von Erwachsenen. Die Materialien, die in der Gruppe vorhanden sind, waren ausreichend. Seine bevorzugten Spielpartner waren wie immer Lars und Iker, mit denen er oft sein Freispiel gestaltet. Iker ist Pablo von seiner Entwicklung sehr ähnlich und die beiden ergänzen sich sehr gut. Lars ist ein normal begabtes Kind, das mit seiner Art Pablo sehr ans Herz gewachsen ist.
Die drei Jungs sind im Moment unzertrennlich und es ist schön, die Drei im Spiel zu beobachten.
Pablos Eltern berichten, dass die mathematischen Interessen zu Hause immer noch im Vordergrund stehen. Alles was er macht und tut, hat mit Rechnen zu tun.
Dann bekam Pablo von einem Verwandten das Spiel „Zifix“ geschenkt, bei dem logisches und mathematisches Denken gefragt ist. Er brachte das Spiel in die Kita und spielte zunächst mit seinen besten Freunden. Dabei war Pablo immer der Gewinner.
Er forderte mich dann ganz stolz auf, gegen ihn zu spielen. Ich war wieder einmal erstaunt, wie schnell sein Auffassungsvermögen ist und wie schnell er rechnen kann.
Im Gespräch mit Pablo erfuhr ich, dass er in der Kita selber ein Spiel herstellen wollte, das ihn mathematisch fordert. Obwohl wir einige einschlägige Spiele haben, brauchte er etwas Neues.
Pablo erfindet ein Spiel mit Zahlen und stellt es her
Er hatte auch schon eine Idee: Zunächst wollte er Gegenstände in unterschiedlichen Mengen fotografieren. Dafür bekam er einen Fotoapparat. Er lief damit durchs ganze Haus und fotografierte unterschiedliche Materialien in unterschiedlichen Mengen. Besonders wichtig war für ihn, dass die Gegenstände, die er fotografierte, beim Zusammenzählen nicht die Zahl 30 überschreiten durften.
Er hatte sich einen genauen Handlungsplan ausgedacht, den er strikt einhielt. Wir druckten die Bilder gemeinsam aus und laminierten sie.
Dabei fiel ihm ein, dass er gerne noch Zahlen dazu hätte und nicht nur Bilder mit unterschiedlich vielen Dingen.
Das Ausdrucken am Computer gefiel ihm gut; deshalb wollte er die Zahlen am Computer schreiben. Ich glaube, das war nicht der einzige Grund. Wie in den anderen Berichten (siehe oben) beschrieben, ist Pablo zwar kognitiv sehr weit, doch seine Feinmotorik ist noch nicht so weit entwickelt; er malt (noch nicht?) gerne und schreibt auch nicht gerne Buchstaben oder Zahlen.
Nachdem er alle Zahlen von 1 bis 30 auf dem Computer getippt und ausgedruckt hatte, wollte er sofort anfangen zu spielen. Ich war sein erster Spielpartner. Er hatte sehr viel Freude am Spiel.
Dann holte seinen Freund dazu und erklärte ihm stolz die Regel, die er für das Spiel erfunden hatte:
Die Bilder werden wie beim Memory verdeckt auf den Tisch gelegt. Dann deckt der erste Spieler zwei Kärtchen auf und alle Spieler müssen die Gegenstände auf den Kärtchen ganz schnell zusammenrechnen. Wenn man das Ergebnis raus hat, muss man es als Zahl dahinter legen. Wer am schnellsten gerechnet hat, darf beide Karten behalten.
Pablo backt und entdeckt das Wiegen
Aus meinen Beobachtungen in der Kita und aus den Erzählungen der Mutter wusste ich, dass Pablo sehr gerne backt. Also schlug ich ihm vor, Kekse zu backen. Beim Backen werden viele verschiedene Entwicklungsbereiche gefördert und gestärkt. Pablo kann dabei seine motorischen Fähigkeiten erweitern und sich auch kognitiv weiter entwickeln.
Pablo nahm es sehr genau mit dem Abmessen. Er wirkte sehr entspannt und unterhielt sich währenddessen angeregt mit mir: „Zu Hause habe ich auch Kekse gebacken, mit meinem Papa“.
Beim Umschütten, Ausstechen usw. wurde seine Feinmotorik geschult, er musste einen genauen Handlungsplan entwickeln und eine genaue Reihenfolge der Arbeiten einhalten. Gleichzeitig wurde seine Wahrnehmung geschult: Wie sehen die einzelnen Zutaten aus, wie fühlen sie sich an und wie sieht und fühlt sich ein fertiger Teig an?
Er hatte während der Aktion sehr viel Spaß, er setzte seine motorischen Fähigkeiten geschickt ein und übte zugleich spielerisch, ohne es als Arbeit zu empfinden. Er unterhielt sich entspannt mit seinen Freunden und war sehr ausgeglichen.
Er zeigte großes Interesse an der Waage. Er wog die einzelnen Zutaten sehr genau ab und versuchte die Zahlen (die im 200er Bereich waren) zu erkennen, die die Waage anzeigte.
Unklar war ihm die Einheit, er sprach immer wieder von Zentimetern, war dabei aber selber unsicher und fragte: „Ayla, wie heißt das?“ Ich erklärte ihm, dass es beim Wiegen nicht Zentimeter heißt sondern Kilogramm oder Gramm. An diesem Tag nahm er meine Erklärung einfach an und fragte nicht weiter nach.
Ein paar Tage später sah ich, wie er in der Gruppe mit einer Balancewaage spielte. Auf dieser Waage sind keine Zahlen vorhanden, man legt unterschiedliche Gegenstände auf die Waagschalen und kann feststellen, was schwerer und was leichter ist.
Pablo probierte es mit den unterschiedlichsten Materialien aus. Neben den kleinen Gewichten, die zur Waage gehören, hatte er auch Knöpfe, kleine Steine und Glassteine zur Verfügung. Er experimentierte selbstständig.
Ich ging zu ihm und fragte ihn, was er da macht. Er sagte: „Siehst du das nicht? Ich wiege.“ Ich fragte: „Und was wiegst du?“ Pablo: „Die Sachen, aber ich weiß nicht, wie viel Meter das ist.“ Ich versuchte ihm noch mal zu erklären, dass es sich beim Wiegen um Gramm handelt und beim Abmessen mit einem Lineal Zentimeter oder Meter heißt. Er sagte nur: „Ja, aber hier sind keine Gramm zu sehen.“
Pablo probiert unterschiedliche Waagen aus und rechnet
Ich schlug Pablo vor mal nachzusehen, was für unterschiedliche Waagen wir in der Kita finden könnten. Er sollte verschiedene Waagen kennen lernen und den Unterschied zwischen Gramm und Zentimeter erfassen.
Wir machten uns auf den Weg und suchten sämtliche Waagen im Haus zusammen. Jetzt hatten wir neben der Balancewaage eine Digitalwaage und eine Waage mit einem Schieberegler.
Zuerst nahm Pablo einen Apfel und wog ihn auf der Digitalwaage ab, der Apfel wog genau 216 Gramm. Diesmal sagte er von sich aus Gramm. Zahlen über 100 kann Pablo noch nicht erkennen und benennen, deswegen nannte er nacheinander die Ziffern, zum Beispiel 2 – 1 – 6.
Den selben Apfel wog er auf der Waage mit dem Regler. Er musste eine ganze Weile daran herum drehen, bis die Waage das Gleichgewicht erreicht hatte. Das fand Pablo viel zu umständlich. Er sagte: „Die digitale Waage ist viel besser.“
Um den Apfel auf der Balancewaage zu wiegen, brauchte er ein Gegenstück. Dafür nahm er einen kleinen Topf aus der Puppenecke. Beim Abwiegen sah er, dass der Topf schwerer war als der Apfel. Frustriert sagte er: „Auf der Waage sehe ich nicht, wie schwer der Topf ist.“
Wie man unschwer feststellen konnte, hatte es ihm die Digitalwaage angetan, da er dort direkt die Zahlen ablesen konnte und sofort Ergebnisse hatte.
Er probierte Einiges aus, wog noch einmal den Apfel, dann den Topf, dann Beides zusammen. Während er abwog, sagte er immer „Gramm“, er hatte sich den Unterschied zwischen Gramm und Meter gemerkt. Er suchte sich immer mehr Alltagsmaterialien in der Gruppe, die er abwiegen konnte, und versuchte schon vorab aus zu rechen, welche Zahl heraus kommen könnte.
Er fragte sich: Wenn eine Batterie alleine 23 Gramm und ein kleiner Magnet 9 Gramm wiegt – wie viel wiegen die beiden Gegenstände zusammen? Er rechnete die Zahlen zusammen und überprüfte seine Ergebnisse anschließend durch das Wiegen.
Das ist doch super schlau!
Noch wichtiger, als den Unterschied zwischen Gramm und Zentimeter zu verstehen, war es für Pablo, spielerisch herauszufinden, was schwerer und was leichter ist. Wie verändere ich das Gewicht, indem ich etwas dazu tue oder weg nehme. Durch das Experimentieren lernte er eigenständig mit den Waagen umzugehen.
Durch Ausprobieren und Experimentieren werden die Neugier und die Lernfreude bei den Kindern erhalten. Sie lernen, weil sie ihre Umwelt begreifen möchten. Das Ganze geschieht ganz von innen und ohne Zwang. Bei Pablo konnte ich das besonders gut beobachten.
Hier sei auch auf die wunderschönen Hör CDs verwiesen:
„Kasimir backt“ und „Kasimir tischlert“ siehe in
Bilderbücher, Sachbücher und Geschichten
Datum der Veröffentlichung: August 2015
Copyright © Ayla Altın, siehe Impressum