von Birgit Krabiell

 

In meiner Gruppe sind zur Zeit viele jüngere Kinder, davon sind zwei Kinder besonders fit, und zwar Aaron (4;2) und Ricardo (3;2). Beide sind sprachlich weit entwickelt, neugierig und vielseitig interessiert. Informationen saugen sie auf wie ein Schwamm und sie zeigen auch eine besondere Merkfähigkeit.

Sie bewegen sich beide gerne auf dem Außengelände und entdecken ständig Regenwürmer, Ameisen und andere Insekten. Diese Funde werden ausgiebig beobachtet. Besonders Ricardo arbeitet gerne draußen, er fegt und schleppt die Gießkannen zu den Blumenkübeln und beobachtet genau, was passiert (zum Beispiel: das Wasser fließt über oder unten wieder heraus).

 

… kurz gefasst …

Mit jüngeren Kindergartenkindern legt die Autorin in der Kita ein Gartenbeet neu an. Selbst begeisterte Gärtnerin, ermöglicht sie den Stadtkindern ihrer Gruppe, das Leben der Pflanzen und kleiner Tiere zu beobachten. Durch Experimente begreifen die Kinder natürliche Zusammenhänge und erweitern ihr Wissen.

Sie lädt zu diesem nachhaltigen Projekt Kinder ein, die besonders gerne draußen und besonders wissensdurstig sind. Am Ende öffnet sich das Projekt für alle Kinder der Kita.

Auch bei anderen Kindern meiner Gruppe beobachtete ich ein reges Interesse an unserer Umwelt. Dabei fiel mir auf, dass einige Kinder sehr viel über Pflanzen und Tiere wissen und einige erschreckend wenig, da sie zumeist mit ihren Familien in der städtischen Mehrfamilienbebauung wohnen und meistens nur auf den angelegten Spielplätzen spielen.
Die biologische Vielfalt eines Gartens kennen sie oft nicht mehr. Manche der Kinder sind erstaunt darüber, dass Äpfel, Pflaumen und Nüsse auf unseren Kita-Bäumen wachsen.

Mir war es wichtig, ein dauerhaftes Projekt mit den Kindern zu starten, das den Kindern das Entdecken und Erleben von Pflanzen und Tieren ermöglicht. Da ich selber begeisterte Gärtnerin bin und mich für ökologische Gartengestaltung interessiere, wollte ich einen Bereich des Außengeländes umgestalten, um die Vielfalt zu erhöhen. Des Weiteren sollten die Kinder die Möglichkeit haben, biologische und ökologische Zusammenhänge zu erfahren und zu erleben und einen zusätzlichen „Entdeckerraum“ für sich zu gewinnen.
Also startete ich das „Gartenprojekt: Wir legen ein Staudenbeet an“.

Es fand sich eine Gruppe interessierter Kinder, die Lust hatten mitzuarbeiten.
Aaron ( 4;2)
Ricardo (3;2)
Jan (4;8)
Lale (4;6)
Deniz (3;5)

Im Frühling starteten wir mit der Aussaat von Pflanzen. Wir betrachteten die verschieden Samen (Größe, Form, Farbe) und beobachteten die Keimung der Samen und dann das Wachstum der Pflanzen. Dazu experimentierten wir, um die Wachstumsbedingungen der Pflanzen zu erkennen.
Wir pflanzten Samen in Töpfe und beobachteten, was passiert, wenn wir einen Topf gießen, einen nicht gießen, einen zu viel gießen.
Wir ließen Bohnen auf Watte keimen, um die Entwicklung des Triebes zu beobachten.
Wir bauten einen Karton, der nur ein kleines Loch für den Lichteinfall hatte, mit verschiedenen Querstreben zu einem Labyrinth um. Nun konnten wir beobachten, wie die Bohne zum Licht wandert.
Beim Umpflanzen der kleinen Pflanzen beobachteten wir den Aufbau der Pflanzen: Wurzel, Stiel, Blatt, Knospe, Blüte.
Aaron bemerkte, dass fast alle Pflanzen zwei erste Blätter haben, die gleich aussehen, während die folgenden Blätter sich davon unterscheiden. So lernten die Kinder den Begriff „Keimblätter“ kennen.

Die Kinder waren sehr aktiv bei der Sache. Sie beobachteten jeden Tag ihre Töpfe und kümmerten sich um die Pflege. Sie hatten viel über den Aufbau, das Wachstum und die notwendigen Wachstumsbedingungen gelernt und konnten ihr Wissen an die anderen Kinder weitergeben, so dass die ganze Gruppe sich an der Pflege beteiligte.

Nachdem unsere Pflanzen groß genug waren, suchten wir einen passenden Platz auf dem Außengelände. Die Kinder überlegten mit, welchen Platz wir wählen könnten.
Jan wies darauf hin, dass wir einen Platz mit Sonne brauchten.
Aaron meinte, das Beet sollte an der Seite sein, damit nicht alle drauftreten.

Wir fanden einen Platz, der genug Sonne bietet und ein Stück weit von der Rutsche entfernt ist. Er liegt in einem ruhigeren Bereich des Außengeländes, der nicht als Verkehrsbereich genutzt wird und wohin die Kinder im Sommer gerne mit einer Decke auf die Wiese ziehen. Und Lale war wichtig: „Man kann ihn von unserer Gruppe aus sehen.“

Aarons Vater erledigte das mühsame Abstechen der Grassoden und das anschließende Umgraben. Die Kinder entfernten die Wurzelreste und die großen Steine. Diese schichteten wir auf einen Haufen, um zu beobachten, ob sich kleine Insekten oder andere kleine Tiere (zum Beispiel Schnecken) darunter verstecken.

Dabei bemerkte Aaron, dass die Erde ganz hart war, Deniz bemerkte, dass die Erde ganz hell aussah, und Jan sagte: „Es gibt da keine Regenwürmer, mein Opa hat ganz viele.“
Und wir hatten die nächste spannende Frage: Woraus besteht Erde eigentlich?

In einer Gesprächsrunde sammelten wir, was die Kinder über Erde wussten.
– Pflanzen und Bäume wachsen in der Erde,
– Tiere leben in der Erde,
– Steine sind in der Erde,
– Blätter werden zu Erde.

Da wir festgestellt hatten, dass die Erde bei uns im Kindergarten ganz hell aussieht, haben wir uns auf die Suche nach Erdproben gemacht.
Wir holten uns Gurkengläser aus der Küche, schnappten uns kleine Schippen und machten uns auf den Weg in den Wald. An einer Stelle mit vielen Hainbuchen entnahmen wir die erste Probe. Aaron stellte fest, dass die Erde ganz leicht auszugraben war, Jan bemerkte, dass die Erde ganz schwarz war: „Guck mal, wie dreckig meine Hände sind“.

Deniz rief: „Hier sind ganz viele Tiere!“ Wir entdeckten Regenwürmer, Spinnen, Tausendfüßler, Ringelwürmer und „Killerasseln.“
Dann wanderten wir bis zum Bach, um uns die Erde am Bachufer anzuschauen. Die Kinder entdeckten, dass die Erde hier oben ganz locker ist, in der Mitte dicke Steine liegen und darunter die Erde ganz glatt ist (Lehm). Auch hier kamen die Gurkengläser zum Einsatz. Die Fundorte wurden mit Edding auf den Gläsern vermerkt, damit wir in der Kita noch wussten, woher die Erde kam.

In der Kita nahmen wir dann noch eine Probe von unserem Staudenbeet und füllten unsere Probengläser mit Wasser. Deckel drauf und gut durchschütteln. Dann ließen wir die Gläser bis zum nächsten Tag stehen.

Wir verglichen die verschiedenen Erdproben.
Deniz stellte fest, dass von der Walderde ganz viel oben schwamm.
Jan stellte fest, dass die Steine ganz unten lagen.
Aaron entdeckte ein halbes Blatt und ein paar Wurzeln.
Die Staudenbeeterde hatte sich unten im Glas abgesetzt und es schwamm nichts an der Oberfläche.

Wir sammelten unsere Entdeckungen und stellten fest :
– Erde ist verschieden.
– Erde besteht aus verschiedenen Bestandteilen (Steinen, Lehm, Humus).
– Erde entsteht durch verrottende Pflanzen neu.
– Steine können zu Erde werden. (Jan hatte einen Lehmstein gefunden, der ganz bröselig war und den er zu Erde zerrieben hat.)

Dadurch angeregt, machten wir ein Experiment zum Thema Erosion. Im Gespräch stellten wir fest, dass Wind, Regen und Frost Auswirkungen auf die Erde haben. Die fruchtbare Erde, die leicht ist, kann weg geschwemmt oder weg geblasen werden.
Aaron erinnerte sich an die Erdprobe aus dem Wald und sagte: „Ja, die kann auch schwimmen.“
Jan meinte, das sei schlecht, weil dann ja nichts mehr wachsen kann. Ricardo meinte, die Bäume halten alles fest.

Nun wollten wir einmal ausprobieren, welchen Einfluss Wind und Wasser auf verschiedene Materialien haben.

Experiment: Luft
Wir bauten draußen 30 cm hohe Berge aus
– Gartenerde
– Kieselsteinen
– trockenem Sand
– Steinen
– Rasenstücken

Danach bastelten sich die Kinder einen Fächer und produzierten Wind.
Unsere Beobachtungen waren:
Die Berge hatten sich nur wenig verändert. Vom trockenen Sand war am meisten weg geweht und vom Kies nur ein paar ganz kleine Steine.
Jan hatte kräftig „Wind“ auf das Rasenstück gewedelt und stellte fest:“Meins bleibt gleich.“

Im 2. Schritt wollten wir die Wirkung von Wasser ausprobieren. Wir füllten die Gartengießkannen und beregneten die Haufen.
Oha! Hier war der Effekt stärker. Der Sandhaufen hatte sich am meisten verformt. Auf der Gartenerde gab es deutliche Laufspuren des Wassers. Steine und Wiese waren gleich geblieben.

Im 3. Schritt mischten wir die fünf Materialien zu einem großen Haufen und ließen es ordentlich regnen. Dabei beobachteten die Kinder, dass die kleinen leichten Teilchen zwischen den großen Steinen abflossen, die Graswurzeln aber die meiste Erde festhielten.

Nach diesen Experimenten fassten wir zusammen, dass Wurzeln die Erde festhalten können und die fruchtbare Erde auch brauchen, um wachsen zu können.

Und wir stellten fest, dass wir den Boden für unser Staudenbeet verbessern müssen, damit die zarten feinen Wurzel unserer Minipflanzen wachsen können.

 

Jan wusste, dass sein Opa Kompost selber macht und wollte ihn fragen ob er uns welchen zu Verfügung stellt.
Die Kinder hatten viel gelernt und großen Spaß an den Erdproben, so dass sie die Experimente selbstständig weiter führten. Und zwar so intensiv, dass ich den Buddelbereich begrenzen musste, sonst wäre das halbe Außengelände mit Löchern versehen worden.
Wir bekamen die Komposterde und arbeiteten sie in unser Staudenbeet ein, um dann unsere Züchtungen einzupflanzen. Die Mutter eines Kindes hatte bei unserem großen Gartenfachmarkt um eine Spende gebeten, und so konnten wir neben unseren einjährigen Blumen noch mehrjährige dazu kaufen. Ich entschied mich für Schafgarbe und Sonnen. Das sind Stauden, die von Insekten gemocht werden und robust wachsen.

Das Beet wurde voll und die Kinder kümmerten sich um die Pflege und schleppten die Wasserkannen.

Aaron entdeckte viele Regenwürmer in der Komposterde. Die Kinder interessierten sich für die Regenwürmer und hatten viele Fragen.
Was essen Regenwürmer?
Wie sieht Regenwurmkot aus?
Können Regenwürmer sehen?
Und schon waren wir beim nächsten Thema.

Wir setzten uns zusammen und sammelten, was wir schon über Regenwürmer wussten:
– Regenwürmer sind wichtig für den Boden.
– Sie lockern ihn auf und graben ihn um.
– Sie essen Blätter und Pflanzenreste.

Um das zu beweisen, planten wir ein Experiment. Da wir mit Lebewesen arbeiten wollten, war es mir wichtig, den Kindern die Verantwortung für die Lebewesen zu übertragen: Nach unserem Experiment sollten die Regenwürmer wieder gesund in die Erde im Garten zurückgebracht werden.
In der Praxismappe „Kleine und große Wunder der Natur“ (Quellenangabe am Ende des Beitrags) fanden wir ein Experiment, welches wir probieren wollten, und das entsprechende „Expertenwissen“:
Regenwürmer leben in der Erde im Dunkeln, meist an feuchten Plätzen. Sie gehören zur Familie der Ringelwürmer. Sie sind männlich und weiblich zugleich. Sie legen Eier in Kapseln ab. Sie atmen durch die Haut. Regnet es stark, muss der Regenwurm die Erde verlassen. Er braucht Sauerstoff aus der Luft. Unsere Regenwürmer werden 2 bis 30 cm lang.

Für unsere Experiment brauchten wir für jedes Kind:
1 Einmachglas,
2-3 Regenwürmer,
Erde, Sand, Lehm, Kompost,
Blätter und Apfelschalen
und zusätzlich 1 Sprühflasche und 1 Lupe.

Die Kinder schichteten vorsichtig Erde, Sand, Lehm und einige Blätter übereinander. Dann gaben sie etwas Kompost und ein paar Apfelschalen darüber. Mit einer Sprühflasche befeuchteten sie den Glasinhalt. (Aber nicht überschwemmen!)

Nach ausgiebiger Betrachtung des Glasinhalts mit einer Lupe kommen die Regenwürmer in die Gläser.
Dann brachten wir die Gläser an einen ruhigen dunklen Ort (in unseren Keller) und dann hieß es abwarten.
Täglich wurde kontrolliert, ob schon etwas passiert ist und ob die Erde noch feucht ist. Die Ergebnisse wurden auf einem Kontrollblatt abgehakt.
Die Kinder stellten fest, dass die Regenwürmer ziemlich schnell in der Erde verschwunden sind und nicht mehr obenauf liegen.

Nach einer Woche konnten wir sehen, dass die Schichten schon nicht mehr ordentlich übereinander lagen, sondern schon verwühlt aussahen. Deniz entdeckte einen Regenwurm an der Glaswand, der sich aber schnell wieder in die Mitte des Glases verzog, als es hell wurde. Aaron meinte: „Der will die Sonne nicht sehen“. Also können Regenwürmer zumindest Hell und Dunkel sehen.
Ricardo entdeckte Erdwürste „wie aus der Zahnpastatube“ (Regenwurmkot).
Jan bemerkte, dass die Blätter eingegraben und die Apfelschalen auch nach unten gezogen worden waren.

So waren die meisten Fragen geklärt und wir setzten die Regenwürmer ins Staudenbeet, damit sie da weiter arbeiten können.

So hatte das Projekt „Staudenbeet“ noch Nebenprojekte geschaffen, die den Kindern viel Spaß gemacht und viel Neues geboten hatten. Mir hat es ebenfalls große Freude gemacht zu erleben, mit wie viel Eifer und Ausdauer die Kinder bei der Sache geblieben sind.
Ihren Wissenszuwachs kann man gut beobachten, wenn sie ihre Erkenntnisse an andere Kinder weiter geben.

Das Staudenbeet beschäftigt uns immer wieder. Im September hatten wir unseren Gartentag mit Eltern und Kindern. Wir haben Ordnung geschaffen und eine weitere Pflanzung am Zaun angelegt. Wir haben die Erde gelockert und gesehen, dass unsere Regenwürmer noch da sind. Wir lassen abgestorbene Pflanzenteile liegen, damit sie was zu essen haben und der Boden besser wird.

Wir haben zwei dicke Gartenkreuzspinnen gefunden und überlegen, wie wir für die Insekten ein Winterquartier bauen können. Es gibt also Ideen für weiterführende Projekte. Schön war auch, dass die Eltern sich beteiligt und uns unterstützt haben. Die schöne Gestaltung sorgt auch für eine gute Außenansicht der Kita.

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Quellenangabe:
Praxismappe Kleine und große Wunder der Natur, Band 1: Wasser und Erde
Kiga-Fachverlag Gmbh, www.kiga-fachverlag.de
ISBN: 978-3-937964-77-5

 

Datum der Veröffentlichung: Januar 2015
Copyright © Hanna Vock, siehe Impressum